Hans schrieb:
>
> Einverstanden. Die "early adopters" sind im
> Zweifel die Gekniffenen und müssen dann die eine
> oder andere Reparaturzeit hinnehmen. Allerdings
> habe ich mehr und mehr den Eindruck, als würden
> mehr und mehr Produkte to "banana ware" - reift
> beim Kunden. Da haben sich die Hersteller etwas
> bei den Softwareherstellern abgeguckt. Und selbst
> wenn die Hersteller in der Regel die nötigen
> Reparaturen problemlos ausführen, nervt es
> gewaltig, die Gläser zurückschicken zu müssen.
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Der Maschinenbau konzipiert Geräte bereits konstruktiv entsprechend zerlegungsfreundlich, wenn sie wiederholte bis regelmässige Zerlegung benötigen, z.B. zur Reinigung bei der Lebensmittelverarbeitung. Fernoptische Instrumente können bestimmt nicht in diese Kategorie gehören.
Braucht es denn eigenhändigen handwerklichen Umgang damit, um zu realisieren, dass die dort notwendige Bauweise eine völlig beschädigungsfreie Zerlegung auch für den Fachmann verunmöglicht?
Madenschrauben M1,4 ohne Kopf, Linsenhalteringe mit Feingewinde und feinsten Schlitzen für Werkzeugeingriff,... dies alles noch mit Schraubensicherung verklebt, als Dichtung oder gegen lockern, lässt sich kaum beschädigungsfrei demontieren. Die Kleinteile mögen bei Garantiearbeiten jeweils ersetzt werden, falls noch verfügbar. Den Rest, insbesondere das Gehäuse bekommt der Kunde, da intern kaum sichtbar, mehr oder weniger beschädigt, auf jeden Fall nach Garantiearbeiten nicht mehr völlig neuwertig zurück.
>
> ................................ Denn prinzipiell
> sind Ferngläser ein mechanisch "einfaches"
> Produkt, bei dem nur eine Sache funktionieren
> muss: Irgendeine Linsengruppe wird synchron
> verschoben, um das Glas zu fokussieren, und man
> muss mittels des Dioptrienausgleichs innerhalb
> bestimmter Grenzen Unterschiede zwischen den Augen
> am Glas ausgleichen können. Genau dieser einfache
> Prozess ist jedoch in den letzten Jahren
> anfälliger geworden, sei es, dass beide Tuben
> nicht synchron fokussiert werden, die heute
> zumeist integrierte Dioptrieneinstellung sich
> verschiebt, wenn das Glas fokussiert wird, die
> Fokussierung nicht spielfrei läuft oder auch ganz
> versagt.
>
> Dafür gibt es mehrere Gründe:
>
> 1. Der Fokussierweg ist immer größer geworden, da
> viele Anwender (zumindest nach Ansicht der
> Hersteller) offenbar eine sehr kurze
> Naheinstellung "benötigen". Alternativ müssen die
> zu verschiebenden Linsenelemente eine hohe
> Brechkraft aufweisen, weswegen die
> Fokussiermechanik extrem präzise ausgeführt sein
> muss.
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Aus angeblich ergonomischen Gründen wurde noch nicht so lange bei der Knickbrücke der achsenfreie Durchgriff als zumindest visuell wirksame Neuheit eingeführt. Nur, damit wurde auch der Raum für eine bisher problemlos funktionierende Gewindespindel (zur Fokussierung oft mit der Zusatzfunktion Geradführung) eliminiert. Deren Ersatzkonstruktion für die Fokussierung wurde offenbar so kompakt, dass die Flächenpressung der Eingriffsflächen beim Uebertragungsmechanismus so hoch werden, dass sie nun zu früher unbekannten Funktionsstörungen, oft schon nach kurzem Gebrauch führen.
Mit der altbewährten Gewindespindel war Drehwinkel am Rad und Fokussierweg der Optik zwangsläufig linear gekoppelt. Mit einer andersartigen Fokussiermechanik hätte eine progressive Koppelung, eine distanzabhängige Fokussiergenauigkeit verbunden mit einer Reduktion der Fokussierradumdrehungen ermöglicht. Gibt es das schon?
> 2. In den Mitteltrieb integrierte
> Dioptrieneinstellungen, heute offenbar ein "Muss",
> machen die Fokussierung komplizierter und damit
> fehleranfälliger. Die deutlich weniger anfällige
> Dioptrieneinstellung am rechten Okular ist ja
> nicht mehr en vogue.
>
> 3. Brillenträgerokulare, herausschraubbare
> Augenmuscheln und größere Gesichtsfelder führen zu
> einem höheren Gewicht, so müssen für größere
> Gesichtsfelder die Prismen größer sein, und Glas
> wiegt. Dieses Gewicht muss an anderer Stelle
> eingespart werden, da sonst die Gläser für viele
> Anwender zu schwer werden. Beim Gehäuse kann man
> Gewicht einsparen (Magnesium, Wandstärke),
> natürlich auch bei der Armierung (die dann oft
> nicht so verschleißfest ist wie die früher
> üblichen dicken Gummiarmierungen), aber eben auch
> beim Fokussierer, sei es durch entsprechende
> Materialwahl (Messing wiegt mehr als als ein
> Polymer, Titan ist teuer), sei es durch eine
> gewichtsparende Dimensionierung der Bauteile.
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Zusätzlich steigt das Gewicht auch durch zusätzliche Linsen, nötig zur Korrektur von Abbildungsfehlern entstanden durch kürzere Bauweise, und somit Brennweite des Objektivs.
Das Zeiss Classic Dialyt 8x56 etwa ist zwar länger als das modernere 8x56 Design Collection, wiegt aber spürbar mehr. Allerdings bei weitwinkligerem Okular:
>
> Dafür, dass all dies zu Problemen führen
>
kann, gibt es genügend Beispiele aus den
> letzten zehn Jahren - Swarovski hat solche
> Probleme gehabt, Zeiss ebenso, Nikon auch.
> Lediglich bei Leica scheint es derartige Probleme
> nicht zu geben und nicht gegeben zu haben.
Da es wie bekannt bei Fernoptik rein optisch kaum noch etwas relevant zu verbessern gibt, wird nun munter an der Mechanik verändert (aber nicht notwendigerweise verbessert), was, da leicht sichtbar, sich besser werbewirksam verwerten lässt als versteckte innere Werte.
Fazit: Eine Entwicklung ganz analog zum Begriff "Fortschritt" . Dort ist ja nur ein "weg" aber kein "wohin" enthalten.
HW