In den guten Jahren des Wirtschaftswunders, bis Anfang der 1970er Jahre, haben sich in Deutschland ganz wunderbare Preiskartelle ausgebildet. Der sogenannte "Fachhandel" hatte mit seinen Lieferanten sogenannte UVP = unveränderliche Preise (von Flensburg bis Garmisch) ausgemacht. Zudem hatte das Rabattgesetz aus brauner Zeit die Entnazifizierung erstaunlich gut überstanden. In diesem Biotop wachten also die Fachhändler mit Argusaugen darüber, dass kein Konkurrent den Preisbrecher gab. So wurden die braven Kunden über Jahrzehnte ausgenommen. Das Kartellamt machte derweil Dienst nach Vorschrift, weil Vater Staat mit der jeweiligen Mehrwertsteuer am Deal beteiligt war.
Der aufstrebende Versandhandel versuchte zunächst die etablierten Marken preiswerten unters Volk zu bringen. Damit brach er das Preiskartell, was die Fachhandelsverbände auf den Plan rief. Diese setzten die Hersteller betroffener Produkte massiv unter Druck: entweder keine Belieferung des Versandhandels mehr, oder wir listen eure Ware komplett. Also kaufte der Versandhandel in Japan oder der Ostzone und brachte deren Optik als Eigenmarke unters Volk - massiv billiger. Das Volk war auch damit zufrieden.
Die Mär zu hoher deutscher Herstellungspreise war immer eine leicht durchschaubare Lüge - die deutsche Qualitätsoptik wurde schon damals im Ausland billiger verkauft als im Inland. Trotz Zoll und Co.
Einige der ehemaligen Qualitätshersteller versuchten den beginnenden Abschwung ihrer Verkaufszahlen zu kontern, indem sie selbst wirklich billig gefertigte Produkte in Japan einkauften und labelten. Das ging zu Recht ganz böse nach hinten los. Ich habe noch ein Hertel&Reuss Glas aus dieser Zeit - Kernschrott.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.11.13 21:01.