Hallo Gunnar,
neben der ganz persönlichen und individuellen Farbbewertung eines Fernglasbildes gibt es wohl doch ein paar generelle Maßstäbe.
Also wenn ich das richtig verstanden habe, was ich hier und woanders lesen konnte, dann hat Leica bisher nicht so viele Schnitte bei den Jägern machen können und es bis vor kurzem, als sie in den Zielfernrohrmarkt einstiegen, anscheinend auch nicht wirklich ernsthaft versucht, obwohl die Entfernungsmesser ja schon länger am Markt sind. Sie waren wohl eher bei den Ornis u.a. stark. Das mag durch eine historisch gewachsene Nachfrage der Jäger bzw. deren Markenbindung bedingt sein. Die Jäger kaufen meist Zeiss, weil ein Zeiss-Fernglas einerseits die höchste Gesamttransmission hat(früher noch sehr viel stärker durch die Abbe-König-Prismen bedingt) und weil die maximale Transmission im Bereich kürzerer Wellenlängen, also um das untere Ende des Bereichs maximaler Empfindlichkeit des menschlichen Auges ausgeprägt ist. Für das Nachtsehen bei skotopischer Anpassung liegt die größte Helligkeitsempfindlichkeit des menschlichen Auges bei ca. 505 bis 510 nm, also nach dem Ende des blaugrünen und am Beginn des grünen Bereichs. Der Blaustich als Ihr Ergebnis des Schönschen Papiertests an Ihren FL zeigt wohl, daß irgendwo dort im Bereich zwischen Blau und Grün die maximale Transmission vorliegt bzw. durch die Wahl der Vergütung(Reflexion) oder die Glasauswahl(Absorption) Licht der größeren Wellenlängen mit der Farbe Gelb 'verloren' geht, also die entsprechende Transmission geringer ist. Ein perfektes Nacht- und Dämmerungsglas also, so ein Zeiss, wobei die 'kühlere' Abstimmung allerdings zulasten des 'satteren' Farbeindrucks am Tage geht, den uns ein Leica bietet, dessen Bild oft einen leichten Grün-, Gelb- oder Orangestich(Achtung: ich bin rot-grün-schwach!) im Schönschen Papiertest zeigen kann, weil zulasten der kürzeren Wellenlängen oder bewußt das Spektrum von Farben entsprechend größerer Wellenlängen am oberen Ende des Bereichs maximaler Empfindlichkeit für das Tagsehen bei photopischer Anpassung um und nach 555 nm dominiert wird, die dort maximal durchgelassen bzw. deren Komplementärfarben stärker reflektiert oder absorbiert werden. So knallt einem am Tage ein buntes und kontrastreiches Bild im Leica die Augen raus, die sich nachts am hellen und kontraststarken Zeissbild erfreuen. Nacht oder Tag? Lautet so die Frage, die wir uns beim Fernglaskauf stellen müssen?
Schöne Grüße nach(noch Indien oder schon Irland?)
Jan Münzer