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Ausführlicher Erfahrungsbericht über ein Vixen GP 102M Teleskop

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Franz Kraft
29. April 2002 14:07
Ich habe ein Teleskop der Marke Vixen GP 102M.
Da nicht jeder dieses Produkt kennt, hier meine Beschreibung.
Die Fernrohroptik besteht aus einem Fraunhoferobjektiv mit 102 mm Objektivöffung.
Das Objektiv ist auf allen Flächen vergütet, daß erkennt man, wenn man mit einer kleinen Leuchte von vorne auf die Linsen leuchtet und die Reflexe betrachtet. Die Reflexe sind mattgrün, wie im Lehrbuch.
Das Objektiv als Ganzes wird durch eine stabile Fassung gehalten. Die Fassung ist mit dem Tubusrohr verschraubt. Gegen Taubeschlag schützt eine Taukappe, daß ist ein kurzes Rohrstück vor dem Objektiv. Der Zweck einer Taukappe ist es, das unnötige Auskühlen des Objektives in den kalten Weltraum hinein soweit wie möglich zu reduzieren. Kühlt nämlich das Objektivglas zu stark aus, ist Taubefall unvermeidlich, ungefähr so, wie ein beschlagener Spiegel im Bad. An besonders extremen Tagen kann dieser Taubefall sogar zu Eis gefrieren. Die Taukappe erfüllt die ihr zugedachte Aufgabe sehr gut. Trotzdem ist es in Extremfällen vorgekommen, daß nach einer langen Nacht in den Stunden nach Mitternacht die Beobachtungen unterbrochen werden mußten. Ich habe daher zusätzlich eine kleine Taukappenheizung entworfen und an die Außenseite des Taukappentubus geklebt. Seitdem ist keinerlei Taubefall aufgetreten, entweder hat der Tau jetzt Angst, oder meine Methode arbeitet nach Wunsch.

Hat man das Objektiv herausgeschraubt, kann man das Innere des Tubus mit einer kleinen Handleuchte inspizieren. Man entdeckt zwei
Blenden, das sind kreisrunde Scheiben im Rohr mit einem zentralen Loch. Die Aufgabe dieser Blenden ist, seitlich einfallendes
Streulicht zu verhindern. Stellt man sich das vom Objektiv hereinfallende Licht als einen Strahlenkegel vor, so wird sofort
klar, daß diese Blendenlöcher mit zunehmendem Abstand vom Objektiv immer kleiner sein müssen. Wer die saubere Verarbeitung dieses
Tubus sieht, wird darauf verzichten, Lage und Dimension der angebrachten Blenden zu kontrollieren, zumal man dies auch anders
überprüfen kann.
Tubusrohr und Blendensystem sind mit einem rauhen schwarzen Farbüberzug versehen, der die Aufgabe hat, Lichtreflexe zu verschlucken.
Am anderen Ende des Tubus ist der Okularauszug befestigt. Dieser läßt sich ebenfalls recht einfach entfernen. Man erkennt einige Zentimeter vor dem Okularauszug eine weitere Blende. Der Okularauszug ist aus Leichtmetallguß. Von außen ist er mit grünem Hammerschlaglack beschichtet. Man kann den Okularauszug zerlegen, es gibt aber normalerweise keinen Grund dazu. Ich habe dies aber trotzdem gemacht um Präzision, Leichtgängigkeit und eingebaute Lebensdauer zu überprüfen. Über eine Zahnstange wird mittels Zahntrieb das Innenrohr des Okularauszuges hin- und her geschoben. Diese Bewegegung erfolgt gleichmäßig und mit geringem Kraftaufwand. Bei Bedarf kann man das mechanische Spiel zwischen Innenrohr und Auszugskörper mittels kleiner Schräubchen einjustieren. Bei meinem Exemplar ist dies auch nach vielen Jahren nicht notwendig gewesen. Sollte es einmal notwendig sein, soll besser ein Fachmann zu Rate gezogen werden.
Durch eine Klemmschraube kann die Position des Auszuges fixiert werden. Am äußeren Ende des Innenrohres ist ein Innengewinde angebracht. Dort wird ein Ring angeschraubt, der zylindrisches Zubehör mit einem Außendurchmesser von 31,8 mm aufnehmen kann. Normalerweise wird man dort Okulare, Zenitprismen, Barlowlinsen oder Kameraadapter befestigen.
Zubehör bis zu einem Gewicht von 1500 Gramm kann auf diese Weise dort befestigt werden, ohne die Leichtgängigkeit des Okularauszuges zu beeinflussen. Massivere Zubehörteile überfordern diesen Okularauszug, die Verschiebung des Innenrohres beginnt zu rupfen.
Ich hatte bisher keine Veranlassung, größere Lasten dort zu montieren. Denkbar wären aber Probleme mit bestücktem Okularrevolver oder einer alten Tiefkühlkamera.
Der Okularauszug ist auf Zubehör mit 31,8mm beschränkt. Dies ist sicher nicht ganz zeitgemäß, man könnte sicher Argumente für einen Durchmesser von 50,8 oder sogar noch mehr finden. So wird man auf den Einsatz großer 2" Okulare verzichten müssen. Ich komme zu dem Ergebnis, daß dies bei diesem Instrument mit N=1/10 durchaus vertretbar ist.

Am Okularauszugskörper ist ein Steckschuh zur Aufnahme eines kleinen Sucherfernrohres vorgesehen. Diese Lösung ist durchdacht und erlaubt eine präzise Montage. Der Sucher selber ist mit 8 x 30 knapp ausreichend dimensioniert und optisch zufriedenstellend. Trotzdem gibt es Anlaß zur Kritik. Die Fokussierung erfolgt auf eine zu umständliche Weise. Der Suchertubus und das Sucherobjektiv sind durch ein Gewinde miteinander verschraubt. Zum Scharfstellen wird nun dieses Gewinde so weit hinein oder hinausgedreht, bis das Bild dann scharf ist. Diese Methode ist vertretbar, wenn immer nur der selbe Beobachter den Sucher benutzen will. Aber wenn ein zweiter Beobachter andere Augen hat, müßte eigentlich jedesmal auf die beschrieben umständliche Art scharfgestellt werden. Nach absehbarer Zeit wird sich das Gewinde gegen diese Behandlung wehren und blockieren. Ich weiß natürlich, daß andere Hersteller hier genauso vorgehen, aber schön ist dies nicht.

Der Tubus wird mit zwei Rohrschellen und einem diese verbindenden Mittelstück an eine Prismenklemmung der Montierung befestigt. Die
Rohrschellen können relativ zum Tubus bewegt werden, das ist wichtig, um den Tubus in Abhängigkeit vom Zubehörgewicht auszubalanzieren.
Die Befestigung in der Prismenklemmung ist stabil und reproduzierbar. Geklemmt wird sekundenschnell mit einer Schraube, zusätzlich existiert eine kleine Sicherungsschraube.
Ich habe die GP-Montierung teilzerlegt. Der Montierungskörper besteht aus Leichtmetallguß, die Achskörper sind ebenfalls aus Leichtmetall. Die Schnecken sind aus Messing, hier wäre Bronze schöner. Die Schneckenräder aus weichem Leichtmetall sind von der Lebensdauer unkritisch, man erwartet aber etwas mehr Elastizität und einen schlechteren Ablauf, als bei einem härteren und festeren Material. Von diesen Anmerkungen einmal abgesehen, sind Konstruktion und Ausführung gelungen.
Zur Ausrichtung der Montierung auf den Himmelspol wird ein Polsucherfernrohr mitgeliefert. Soviel ich weiß, hat Vixen diese schöne Lösung zuerst in Serie angeboten. Bei meiner Montierung war dieses Polsucherfernrohr sehr genau justiert, ich benutze es regelmäßig und bin damit sehr zufrieden. Leider ist die
Aufsetzbeleuchtung zu primitiv ausgefallen. Es gibt daher immer wieder Schwierigkeiten mit der unzuverlässigen Polsucherbeleuchtung. Ob man da nicht noch einmal nachbessern kann.
Die Teilkreise sind nicht gut abzulesen. Der Durchmesser ist zu gering, die ganze Ausführung ist zu einfach.
Die Polhöheneinstellung ist etwas fummelig. Man wird dadurch getröstet, daß diese Einstellung nur selten benutzt wird.
Der Schwachpunkt dieser Montierung sind die Stativbeine und die Ablageplatte.
Zur Beobachtung mit einem Refraktor müssen die Stativbeine weit ausgezogen werden. In diesem Beobachtungszustand verursachen bereits geringe Krafteinwirkungen wie Fokussieren oder Okularwechsel Ausweichbewegungen des Statives. Man kann einige Schwachpunkte ausmachen, die sicher auch dem Konstrukteur aufgefallen sein müssen. Die geteilten, oberen Holme werden am unteren Ende nicht kräftig genug fixiert. Auftretende Kräfte führen daher zu einer Verschiebung dieser Holme mit dem Ergebnis, daß der innengeführte Verlängerungsholm nur schwach fixiert wird und aus dieser Führung auszutreten versucht. Im völlig ausgezogenen Zustand ist die Überlappung zwischen dem Verlängerungsholm und der Führung zu kurz und zu schwach. Um sich dies zu verdeutlichen, habe ich einige Pappstreifen an die Außenseiten der Holme so fixiert, daß Verdrehungen durch diese - Fahnen - sichtbar wurden. Man erkennt dann, das bereits leichte Kräfte die ursprüngliche Ausrichtung der Holme zueinander verändern.
Die aus weißem Kunststoff gefertigten Stativspitzen sollten besser aus Metall sein.
Durch einige Veränderungen habe ich dem Stativ seine Unarten teilweise abgewöhnt. Hier ist aber der Hersteller und nicht der Kunde gefordert, unverständlich, daß hier keine Modellpflege erfolgt.
Ein gute Maßnahme wäre, anstelle des AL- Modells das steifere HAL auszuliefern.

Zum Serienzubehör gehört ein Zenitprisma mittlerer Qualität - Kunststoffgehäuse - und ein hochwertiges LV Okular mit 20 mm Brennweite. Hinzugekauft habe ich mir dann je ein LV Okular mit 5 mm und mit 6 mm und eine Barlowlinse 2x. Auf den Rat von Herrn Jülich hin, habe ich dann
noch ein 30 mm Ultima Okular von Celestron gekauft.
Zur Nachführung habe ich dann noch einen Antrieb für die Stundenachse und die Deklinationsachse gekauft.

Nach meinen Eingriffen am Vixen AL-Stativ bin ich mit diesem Instrument zufrieden. Ich bemerke bei sehr hohen, übertriebenen Vergrößerungen 5 mm LV + 2 x Barlow einen starken Farbfehler, der sich als Farbaufhellung um Venus oder Sirius bemerkbar macht. Der Hintergrund wirkt dann nicht schwarz sondern blauviolett. Bei realistischeren 200 fach ist der Farbfehler mäßig, bei 166 fach ist der Farbfehler unbedeutend. Für mich ist dieser Fehler also akzeptabel, was ein anderer Beobachter dazu sagt, will ich nicht beurteilen. Ich stelle das Teleskop meistens an unserem Gartengerätehaus auf, wo es auch gelagert wird. Die Objekte entnehme ich dem Himmelsjahr, weitere Anregungen entnehme ich dem Karkochka, zum Nachlesen steht eine kleine Bibliotek zur Verfügung. Ich verzichte darauf, Grenzgröße und Seeing festzustellen, manchmal versuche ich mich aber an günstig stehenden Doppelsternen.
Bei meinen Kleinbildaufnahmen ist fast keine Vignettierung zu erkennen, hier reicht der Durchlaß des 36,4 mm Kameraadapters aus.

Ich beobachte ausschließlich in Richtung Süden und Südosten, da die anderen Beobachtungswinkel durch Bäume und Häuser versperrt sind. Auf diese Weise ist es z.B. nicht möglich, Merkur zu beobachten.
Mit 102 mm Öffnung sind bei ausreichender Höhe sehr gute Planetenbeobachtungen möglich. Ich habe diverse Farbfilter ausprobiert, überzeugt hat mich nur grün an Mars. Bei der Saturnbeobachtung mit 166 fach ist der Ring sehr deutlich geteilt. Je nach Winkelstellung des Ringes kann diese Teilung bis in die Mitte beobachtet werden. Manche Beobachtungen sind unsicher und enstammen vielleicht unserer Phantasie, aber mehrmals glaube ich, im Ring Inhommogenitäten in Form von Helligkeitswechseln wahrgenommen zu haben.
Die attraktivsten Beobachtungsmöglichkeiten bietet Jupiter. Mit 102 mm, dem klassischen Vierzöller, sieht man immer die beiden Äquatorbänder, manchmal auch zwei weitere dünne Streifen. Jupiter zeigt in den beiden Äquatorbändern einige Buchten und Fransen, sowie den GRF. Immer sieht man die Jupitermondfinsternisse, meistens, aber nicht immer einen Mondkörper vor der Jupiterscheibe.
Mit 33facher Vergrößerung sieht man Andromeda mit Begleiter M32 . Alle Objekte des Karkochka bis südlich 25° sind erreichbar. Viele Objekte entnehme ich zusätzlich dem Falkauer Atlas oder dem alten Burnham. Auf irgendwelche komplizierten Aufzeichnungen mit Diktiergerät oder Computer verzichte ich bewußt, ich notiere lediglich sehr seltene Besonderheiten wie Bolide oder auffällige Polarlichter.
Mit etwas Humor kann man feststellen, daß Teleskope im Gebrauch besser und besser werden. Humorlos aber treffender ist die Feststellung, daß es bei mir eine leistungssteigernde Beobachtungserfahrung gibt, die immer noch anhält. So werde ich mir dann und nur dann ein leistungsfähigeres Teleskop kaufen, wenn dieser Beobachtungsfortschritt mit diesem Instrument abgeschlossen ist. Erfahrenere Beobachter neigen dazu, die größere Empfindlichkeit ihrer Augen zu unterschätzen. Hat man dann aber einem unerfahrenen Gast ein schwaches Objekt eingestellt hat und bezweifelt dieser dessen Existenz, fällt auf, wieviel Training zur erfolgreichen Beobachtung erforderlich ist.

Bei der Fotografie mit chemischem Medium muß man den Faktor Belichtungszeit beachten. Bei der Planetenfotografie negativ, weil die Luftunruhe den visuellen Eindruck nicht bis zum Negativ durchdringen läßt, bei der Nebelfotografie positiv, weil langbelichtete Aufnahmen viel weiter hinausreichen als ein noch so trainiertes Auge. Nach einigen Versuchen kann ich den Kodak E200 empfehlen. Für Emissionsnebel mit überwiegendem Rotanteil habe ich dann Agfa-Material im Gebrauch. Auch bei der Fotografie gilt, Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Dies gilt auch für die Vorbereitung des Aufnahmegerätes. Meine Canon EOS kränkelte so lange an Batterieversagen, bis ich eine externe Energiequelle eingerichtet hatte. Seitdem sind langbelichtete Aufnahmen selbst bei Minustemperaturen möglich.

Trotz der beschriebenen Schwächen kann man dieses Teleskop wirklich empfehlen, besonders die ausgezeichnete Verarbeitung und die
Langzeitqualität überzeugen mich. Dem Neukäufer würde ich aber zu einer Stabilisierungsmaßnahme des Stativs raten.
Wer sich die unbedingt notwendige Verstärkung des Originalstatives (AL-Modell) nicht zutraut, sollte lieber den Mehrpreis für das steifere
HAL-Modell einkalkulieren.

Franz Kraft
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Ausführlicher Erfahrungsbericht über ein Vixen GP 102M Teleskop

Franz Kraft 4097 29. April 2002 14:07



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