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Astronomie mit dem 114M von Vixen

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Kurt Schneider
18. Dezember 2000 13:20

Ich nutze die Gelegenheit, eine Lanze für kleinere Teleskope zu brechen.
1995 haben wir unserem Herrn Sohn zur Konfirmation seinen Wunsch nach einem Fernrohr, genauer nach einem Spiegelteleskop
erfüllt. Hierbei handelte es sich um das Vixen GP-E 114M, ergänzt um einiges Zubehör sowie Sternatlas und weiterführende Literatur.
Ich hatte mich gründlich beraten lassen und war sicher, eine solide Sache erworben zu haben. Immerhin hatten wir gut 2000 DM
investiert.

Nach einer guten Woche stellte mir mein Sohn dann aber einen gleichaltrigen Schulkollegen, einen Fachmann vor, der dieses
Teleskop schlicht unmöglich fand, "Unter 200 mm Öffnung kann man das vergessen" lautete sein fachmännisches Urteil. Er bot mir dann einen Tausch an, er habe eine Quelle mit den tollsten Dobson-Teleskopen, hier wäre gerade ein neuwertiges Unikat frei, natürlich mit 10 Zoll, perfekter Rockerbox, Telrad usw. Damals für mich völlig fremde Begriffe.
Er wäre bereit, den kleinen Vixen mit 1000 DM in Zahlung zu nehmen. Damit wäre ich gut bedient. Der Aufpreis sollte nur weitere 1500 DM kosten, das Zubehör könnte man gegen richtiges Zubehör tauschen. Er sprach von Oberflächengüte, Peak to valley, RMS, Obstruktion und weiteren Begriffen, die ich bis dahin noch nie gehört hatte. Sehr zum Ärger unseres Filius erbat ich Bedenkzeit und ging dann in den nächsten Tagen zurück zum Händler um diesen mit meinen aktuellen Erkenntnissen zu konfrontieren.
Nach diesem Termin schlug ich meinem Herrn Sohn folgende Lösung vor. Ich behalte sein unzureichendes Fernrohr und gebe Ihm dafür 1000 DM sofort und weitere 1000 DM in einem Jahr. Ich bestand darauf, daß vor dem Kauf des gebrauchten Dobson ein Fachmann zugezogen wird. Damit zerschlug sich dann leider diese tolle Occasion.

Nun war ich etwas unfreiwillig Besitzer eines 114 mm Newtons. In der Kanzlei ermunterte mich dann ein jüngerer Kollege, doch selber einmal das Ding zu benutzen, quasi einen Ortstermin abzuhalten. Wir verabredeten uns daher zum nächsten klaren Abend und schafften es binnen einer halben Stunde, mit diesem Teleskop den Mond zu betrachten.
Ich beschloß, das Teleskop zu behalten, wir hatten ja noch einen jüngeren Sohn.
Dann ergab sich anläßlich eines Klassentreffens die Gelegenheit, mit ehemaligen Klassenkameradem einen interessanten
Meinungsaustausch über das Thema heranwachsende Söhne und ihre Ansprüche zu führen.

Es muß weit nach Mitternacht gewesen sein, als ich mit dem festen Entschluß einschlief, meinem Sohn zu beweisen, was mit diesem Gerät möglich ist.

Ich telefonierte mehrmals mit Herrn Jülich, man konnte durch das Telefon sein Grinsen erkennen, und erwarb dann auf seinen Rat hin
noch einige Literatur.

Dann begann ich systematisch zu beobachten. Zu meinem eigenen Erstaunen vergaß ich rasch den Gedanken, den Wert des Teleskopes zu beweisen, es machte Spaß und war eine schöne Abwechslung. Nach einem weiteren, längeren Gespräch mit Herrn Jülich habe ich dann eine kleine Fläche am westlichen Ende unseres Grundstückes ebnen und mit Platten belegen lassen. Dort habe ich eine ungestörte Sicht in alle Himmelsrichtungen bis auf den Osten, dort steht unser Haus. Nach einer sehr gründlichen Einnordung habe ich die Standorte der Stativbeine mit weißer Farbe markiert. So kann ich innerhalb weniger Minuten das Teleskop ausrichten. Berufsbedingt besitze ich ein Diktiergerät, das jetzt auch bei meinen Beobachtungen zum Einsatz kommt. Anläßlich einer Reise nach München habe ich die Teleskopausstellung im Deutschen Museum besucht. Ein Mitarbeiter des Museums ordnete auf meinen Wunsch hin die Leistung des modernen 114 mm Teleskop den ausgestellten alten Teleskopen zu. Die damaligen Forscher wären glücklich gewesen, mit den heutigen Massenprodukten zu arbeiten. Wir diskutierten eine ganze Weile und er gab mir den Tip, einmal Nebelaufnahmen mit 1 Minute Belichtungszeit zu machen. Das sollte bei einem 400 ASA Film etwa dem entsprechen, was wir mit dem Auge sehen.

Ich habe bisher mit dieser Methode etwa 90 Messierobjekte aufgenommen. So sollte sie damals auch Charles Messier in Paris
Meudon gesehen haben. Zum Vergleich habe ich dann die gleichen Objekte mit 5 Minuten belichtet. Nachgeführt habe ich durch Drehen der Stundenachse von Hand.

Hier ist ein Auszug der Ergebnisse:

M1, im Taurus
1 min, ein längliches konturenloses Nebelchen.
5 min, man erkennt bereits eine unterschiedliche Helligkeit.
Nicht sehr ergibig.

M2, im Wassermann
1 min, ein blasser, kompakter Kugelsternhaufen.
5 min, ein kleiner, heller, nicht aufgelöster Kugelsternhaufen,
Trotz längerer Belichtungszeit wird er nicht größer.

M3, in den Jagdhunden
1 min, ein Kugelsternhaufen ähnlich M2
5 min, jetzt werden die Randsterne aufgelöst, sichtbar, sehr schön
Ein deutlicher Unterschied zu M2, sehr interessant, was mit Handnachfühung möglich ist.

M4, im Skorpion
1 min, ein großer Kugelsternhaufen, sicher doppelt so groß wie die Vorgänger.
5 min, die Belichtungszeit reicht aus, um etwa bis zur Hälfte in Einzelsterne aufzulösen, die homogen helle Mitte ist unsymmetrisch.
Ein sehr schönes Objekt

M5, in der Schlange, nahe Himmelsäquator
1 min, ein großer heller Kugelsternhaufen, zeigt schon Struktur
5 min, man löst fast komplett auf.
Längere Belichtungszeit führt schon zu Verschmierungen im Zentrum

M6, im Skorpion
1 min, ein länglicher offener Sternhaufen, bereits vollständig sichtbar.
5 min, bei besser ausbelichtetem Fim erkennt man, warum M6 Schmetterlingshaufen heißt.
Bereits im kleinen Fernglas gut zu sehen.

M7, im Skorpion
1 min, ein heller großformatiger offener Sternhaufen, bereits gut sichtbar.
5 min, eine unbedeutende Steigerung, eigentlich ein Fotoobjekt für ein kleines Teleobjektiv.

Allein im Schützen gibt es mehr als 10 attraktive Objekte, angefangen vom Lagunennebel, über den Trifidnebel bis hin zum
Omeganebel.

Hier breche ich ab.
Ich bin mittlerweile zu dem Ergebnis gekommen, daß für die allermeisten Gartenbeobachter dieser kleine Newton ausreichend sein sollte. Ich habe wunderschöne Aufnahmen der Galaxienansammlung im Comahaufen, gute Aufnahmen des Orionnebels,
der Plejaden, Hyaden, sogar der riesengroßen M31-Galaxie. Hier hatten wir einmal 1999 eine Novembernacht mit einer Transparenz,
wie ich sie weder vorher noch danach wahrgenommen habe. Damals habe ich insgesamt 4 Aufnahmen gemacht. Bereits bei 8 Minuten reicht Andromeda über das Kleinbildformat hinaus. Mit meinem 90 mm Elmarit 1:2,8 habe ich dann aufgesattelt eine Galaxie von deutlich mehr als 1,5° aufgenommen.
Ich war damals noch ungeübt im Bewerten der Grenzgröße aber es war leicht möglich, den Stern 5,6er Größe nahe Gamma Cas zu sehen. Unter normalen Bedingungen liegt die Grenzgröße bei maximal 5,2mag.
Natürlich habe ich mittlerweile einen elektrischen Antrieb für die Stundenachse.

Man kann mit dem Teleskop natürlich auch Planeten beobachten. Hier habe ich aber entschieden, auf Aufnahmen zu verzichten, weil der Tubus bei der Projektionsmethode erheblichen Biegekräften ausgesetzt wird. Deshalb habe ich lediglich ein 5 mm LV-Okular
gekauft. Dann hat man ein ordentliches, helles Bild. Ich benutze aber weder eine Barlowlinse noch Farbfilter.
Bei der Saturnbeobachtung erkennt man an ruhigen Abenden ein Stück weit die Cassiniteilung. Ich habe aber bisher keine Gelegenheit gehabt, beispielsweise den C-Ring zweifelsfrei zu identifizieren.
Mars in Opposition war 1998 sehr gut sichtbar. Dann reichen 114 mm aus, einfachste Strukturen und die Größenveränderungen der
Polkappe zu erkennen.
Der Spiegel reicht auch aus, um auf Jupiter die wandernden Mondschatten zu erkennen. Der GRF ist zwar nicht rot, aber man
erkennt ihn als Ausbuchtung. Mit diesem "Zeiger" kann man dann auch in einer Nacht die schnelle Rotation des Planeten abschätzen.

Mittlerweile habe ich Erfahrung und kenne auch weitere Instrumente. Was mir sehr geholfen hat ist die klare und
ausführliche Dokumentation. Hier habe ich bei anderen Teleskoplieferanten teilweise haarsträubende Dinge gefunden.
Sehr geholfen hat mir auch die Beratung durch die Mitarbeiter der Firma Jülich, die geduldig und kompetent alle Fragen beantwortet
haben.

Natürlich gibt es auch genügend Anlaß zur Kritik.
Die Höhenverstellung der Holzbeine sollte man verbessern, ich habe eine bessere Lösung bei einem Nivelliergerät gesehen. Die
Schrauben am Stativ sollten ohne Werkzeug betätigt werden können. Die Befestigung des Verstärkungsbleches ist ungeschickt gelöst. Ich habe jetzt das zerstörte Gewinde aufbohren lassen und trage das Dreibein immer fest montiert. Nur ist das keine Lösung für Autofahrer. Die weißen Spitzen aus Kunststoff sind ungeeignet. Einer der Gründe für unsere Gartenplatten war, daß die Spitzen
sich immer weiter in den Gartenboden eindrückten. Hier müßte nach wenigen Zentimetern eine Fläche ausgebildet werden, die die
Flächenpressung reduziert.

Ich kann dieses kleine Instrument empfehlen. Die Montierung ist leichtgängig und sehr präzise. Das Zubehör ist reichhaltig, hier
sollte man sich beraten lassen. Vor der selten genug notwenigen Justage des Spiegels sollte man keine Angst haben. Vorsichtig
getragen, kann man die Optik viele Male einsetzen, bevor eine Neujustage notwenig ist. Das hat man dann in einer halben Stunde
erledigt. Man sollte auch keine Angst vor der fremden Fachliteratur haben. Man kommt mit sehr wenig Physik und
Mathematik aus, wenn man will. Viel schöner ist es aber, den Dingen genauer auf den Grund zu gehen.

Kurt Schneider

Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Astronomie mit dem 114M von Vixen

Kurt Schneider 3328 18. Dezember 2000 13:20



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