Hallo Herr van den Berg,
ja, die traditionellen Porro-Gläser sind in der Regel nicht wasserdicht. Von aktuelleren Ausnahmen, wie z.B. der Swarovski Habicht Serie mit dem 8x30, dem 7x42(welches Sie ja gut kennen) und dem 10x40 abgesehen. Dort werden Dichtungen nicht nur in den Fassungen der Linsen und an anderen Schnittstellen, sondern vor allem auch zwischen den beweglichen Teilen verwendet. Daher kommt wohl auch die relativ schwere Gängigkeit des Fokussiertriebes der wunderbaren Habichte.
Das Problem mit der Wasserdichtigkeit bei den Porros liegt hauptsächlich in der Art der Fokussierung begründet. Die Innenfokussierung, wie wir sie von unseren modernen Dachkantenferngläsern kennen, löst diese Problem auf elegante Weise bzw. umgeht die Ursache des Problems im Bezug auf die Erreichung der Wasserdichtigkeit, da die Okulare zum Fokussieren nicht verschoben werden müssen. Darin besteht der Knackpunkt bei den älteren und meisten aktuellen Porros. Der Hub der Okulare, der durch das Fokussierrad über die Okularbrücke erzeugt wird, führt zu einer relativ schnellen und dabei nicht zu vernachlässigenden Volumenänderung des Fernglaskörpers und damit ändert sich der Druck der darin enthaltenen Luft. Entweder muß Luft entweichen, wenn man auf unendlich fokussiert und dabei i.d.R. per Drehung am Fokussierrad im Uhrzeigersinn die Okulare ins Fernglas 'eintauchen', oder die Volumensvergrößerung im Fernglas bei Linksdrehung des Fokussierrades für die Einstellung des Nahbereichs führt zu einer Druckverringerung im Fernglaskörper und Luft wird angesaugt. Viele Bemühen bei der Erklärung das Beispiel der Luftpumpe.
Gerade am Problem mit der 'Luftpumpenwirkung' wurde wohl damals bei den Octarem und späteren Nobilem angesetzt. Zwischem dem Okularstutzen am Prismengehäuse und dem beweglichen Okular bzw. am Anschluß des Okulars zur Okularbrücke wurde, wenn ich es richtig verstanden habe, eine umlaufende Gummidichtung, ähnlich einer Membran oder eines Balgens - eine sog. Rolldichtung - eingegesetzt, die bei einer Relativbewegung der beiden Baugruppen, also beim Fokussieren, dem Ein- oder Ausströmen von Luft, die ja auch Feuchtigkeit beinhaltet, als direkte Wirkung des Gebrauchs entgegenwirkt. Diese Dichtung dichtet natürlich auch in gewissen Grenzen gegen das Eindringen von Regen-, Kondens- oder stehendem Wasser. Ein Bild vom konstruktiven Aufbau finden Sie hier auf der Seite von Holger:
http ://www.holgermerlitz.de/octarem/octarem.jpg
Wenn Sie die Schnittdarstellung des Okulars vergrößern erkennen Sie die Dichtung. Das ist zumindest meine Interpretation des Bauteils. Es war damals wohl nicht so einfach, diese Gummidichtung in der Produktion zu handhaben und erfolgreich zu montieren, ohne sie zu beschädigen, da es dafür ja noch keine Erfahrungsbasis gab.
Desweiteren verfügen die Octarem und Nobilem über ein einteiliges Gehäuse. Im Gegenteil zu den meisten älteren Porros, bei denen der Objekttivtubus ins Prismengehäuse montiert ist. Damit entfällt eine weitere potentielle Schwachstelle.
Trotzdem denke ich, obwohl das Octarem schon recht robust ausgeführt und wirksam gegen schnelles Eindringen von Feuchtigkeit geschützt ist, sollten Sie es nicht lange Zeit bei strömendem Regen benutzen oder in Wasser eintauchen. Es ist eben nicht druckwasserdicht, es gibt offenen Stelle im System. Ich verwende es schon bei Nebel oder leichtem Nieselregen und lasse es danach langsam an Luft abtrocknen. Bisher ohne Probleme.
Also ich würde mir nicht soviel Sorgen um die Nehmerqualitäten des Octarem machen, aber für den Notfall immer eine wasserdichte Plastiktüte oder ähnliches dabeihaben.
Grüße aus der verschneiten Trockenwasserwüste der deutschen Hauptstadt
Jan Münzer