Zitat: „der Adapter hat ja eine "Blende" 12!“
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Diese Aussage ist nicht korrekt, denn nicht der Adapter hat Blende 12, sondern das Gesamtsystem aus Spektiv mit dem Fotoadapter anstelle eines Okulars hat ein Öffnungsverhältnis, das Blende 8 entspricht.
Die Blendenzahl eines Objektivs ist der Quotient aus (effektiver) Brennweite und (effektivem) Eintrittspupillendurchmesser. Das große Zeiss-Spektiv „Diascope 85 T* FL“ hat ein Objektiv von 502 mm Brennweite und einen Eintrittspupillendurchmesser von 85 mm. Das ergäbe eine Blende
k = 502 : 85 = 5,9
Aber da das vom Objektiv erzeugte reelle Bild innen im Spektivgehäuse entsteht, muß es mit Hilfe des „Fotoadapters“ (Projektivs) herausgeholt werden. Dabei wird es ziemlich genau um den Faktor 2 vergrößert, und zwar nicht deshalb, weil man eine noch größere Telewirkung erzielen will, sondern vor allem deshalb, weil der Durchmesser des Bildes zu klein für ein voll ausgeleuchtetes Kleinbildfoto ist. Wenn man sich ein Zeiss-Spektivokular auf der Bajonettseite anschaut, sieht man, daß die erste Linse, HINTER der das Bild des Objektivs entsteht, einen viel kleineres Durchmesser hat als der für ein Kleinbildfoto erforderliche Bildkreis (43,2 mm Ø). Also MUSS der Fotoadapter eine Nachvergrößerung bewirken, damit die Bildecken nicht dunkel bleiben! Bei dem hier benutzten Faktor von ca. 2 ergibt sich dann für das Gesamtsystem gemäß Zeiss-Angabe eine effektive Brennweite von ca. 1000 mm. Und damit ändert sich der wirksame geometrische Blendenwert
k = 1000 : 85 = 11,8 = ca. 12
Leider ist das nur der geometrische Wert. Wegen des Lichtverlustes durch Reflexion an den Glas-Luft-Flächen der vielen Linsen und des Umkehrprismensystems sowie durch Absorption im langen Glasweg dürfte sich eine effektive Blende (die man auch T-Blende wegen T = Transmission nennt) von nur ca. 13 ergeben. Das bedeutet, daß man erstens auf ein stabiles Stativ und einen stabilen Neiger nicht verzichten kann und auch die ISO-Zahl höher als sonst einstellen sollte, also z.B. auf 400, um ausreichend kurze Belichtungszeiten zu ermöglichen.
Das alles trägt dazu bei, daß man beim Fotografieren mit einer SLR-Kamera und Fotoadapter im Vergleich zum Fotografieren mit einer guten Digital-Kompaktkamera keinen so großen Qualitätsvorsprung hat, wie man zunächst aufgrund des viel größeren Kamerasensors und des Wegfalls des Kameraobjektivs erwartet. Ich rate daher jedem, der „Spektigrafieren“ will, es erst mal auf die viel bequemere und billigere Weise mit einer Digital-Kompaktkamera „afokal“ zu versuchen und zu prüfen, ob die Ergebnisse nicht doch gut genug sind. Sehr viel besser werden sie mit der SLR-Kamera plus Fotoadapter nämlich meistens nicht.
Walter E. Schön