wizard schrieb:
-------------------------------------------------------
> Es ist wie mit neuen Automodellen. Der erfahrene
> Käufer kauft so ein neues Modell erst nach
> frühestens ein oder zwei Jahren, dann sind
> normalerweise die Anfangsprobleme behoben (nicht
> zuletzt durch so manche Konstruktionsänderung, die
> ohne erwähnt zu werden in die Serie einfließt), zu
> denen es bei jeder industriellen Serienfertigung
> kommen kann und in der Regel auch kommt. Kein noch
> so gutes und umfangreiches Testen von Prototypen
> kann solche erst in der Serienfertigung
> auftretenden Probleme vermeiden.
Einverstanden. Die "early adopters" sind im Zweifel die Gekniffenen und müssen dann die eine oder andere Reparaturzeit hinnehmen. Allerdings habe ich mehr und mehr den Eindruck, als würden mehr und mehr Produkte to "banana ware" - reift beim Kunden. Da haben sich die Hersteller etwas bei den Softwareherstellern abgeguckt. Und selbst wenn die Hersteller in der Regel die nötigen Reparaturen problemlos ausführen, nervt es gewaltig, die Gläser zurückschicken zu müssen. Ich persönlich würde mittlerweile übrigens bei einer mehrtägigen Birdingtour mittlerweile ein neukonstruiertes Glas nicht mehr als einziges Glas mitnehmen, das wäre mir zu riskant.
Allerdings ist das nicht alles. Denn prinzipiell sind Ferngläser ein mechanisch "einfaches" Produkt, bei dem nur eine Sache funktionieren muss: Irgendeine Linsengruppe wird synchron verschoben, um das Glas zu fokussieren, und man muss mittels des Dioptrienausgleichs innerhalb bestimmter Grenzen Unterschiede zwischen den Augen am Glas ausgleichen können. Genau dieser einfache Prozess ist jedoch in den letzten Jahren anfälliger geworden, sei es, dass beide Tuben nicht synchron fokussiert werden, die heute zumeist integrierte Dioptrieneinstellung sich verschiebt, wenn das Glas fokussiert wird, die Fokussierung nicht spielfrei läuft oder auch ganz versagt.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Der Fokussierweg ist immer größer geworden, da viele Anwender (zumindest nach Ansicht der Hersteller) offenbar eine sehr kurze Naheinstellung "benötigen". Alternativ müssen die zu verschiebenden Linsenelemente eine hohe Brechkraft aufweisen, weswegen die Fokussiermechanik extrem präzise ausgeführt sein muss.
2. In den Mitteltrieb integrierte Dioptrieneinstellungen, heute offenbar ein "Muss", machen die Fokussierung komplizierter und damit fehleranfälliger. Die deutlich weniger anfällige Dioptrieneinstellung am rechten Okular ist ja nicht mehr en vogue.
3. Brillenträgerokulare, herausschraubbare Augenmuscheln und größere Gesichtsfelder führen zu einem höheren Gewicht, so müssen für größere Gesichtsfelder die Prismen größer sein, und Glas wiegt. Dieses Gewicht muss an anderer Stelle eingespart werden, da sonst die Gläser für viele Anwender zu schwer werden. Beim Gehäuse kann man Gewicht einsparen (Magnesium, Wandstärke), natürlich auch bei der Armierung (die dann oft nicht so verschleißfest ist wie die früher üblichen dicken Gummiarmierungen), aber eben auch beim Fokussierer, sei es durch entsprechende Materialwahl (Messing wiegt mehr als als ein Polymer, Titan ist teuer), sei es durch eine gewichtsparende Dimensionierung der Bauteile.
Dafür, dass all dies zu Problemen führen
kann, gibt es genügend Beispiele aus den letzten zehn Jahren - Swarovski hat solche Probleme gehabt, Zeiss ebenso, Nikon auch. Lediglich bei Leica scheint es derartige Probleme nicht zu geben und nicht gegeben zu haben.