Ein Schmierfett ist im Grunde nichts anderes als eine sehr zähe Flüssigkeit, daher kann es auch verdampfen - wenn auch sehr langsam. Entscheidend ist der sogenannte Dampfdruck, der den Anteil der Fettmoleküle in der Gasphase beschreibt. Dieser nimmt mit der Temperatur zu, hängt aber auch stark von dem Molekulargewicht ab. Nun ist ein Schmiermittel eine Mischung aus unterschiedlich langen Molekülen und die kürzesten davon dampfen am leichtesten aus. Befinden sie sich einmal in der Gasphase, können sie sich auch auf Oberflächen niederschlagen, und das ist genau das Problem.
Die Optikhersteller sind hier selbst etwas hilflos, weil sie die Schmierstoffe ja irgendwo beziehen müssen und deren Eigenschaften nur bedingt austesten können. Auch kann sich das Herstellungsverfahren oder die Rezeptur des Schmiermittels über die Jahre ändern und dann auf einmal Probleme machen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Fernglashersteller frustriert seinen Anbieter wechselt, weil sich die Reklamationen aufgrund beschlagener Optiken häufen - Jahre nach Einführung eines neuen Schmierstoffs.
Wie gesagt hängt es vom Molekulargewicht ab, welchen Dampfdruck ein bestimmtes Fett aufweist. Hier kann der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre wichtig werden: Sauerstoff ist ein aggressives, chemisch reaktives Element, in dessen Gegenwart die langkettigen Moleküle an beliebigen Stellen aufbrechen können. Die entstehenden Fragmente sind leichter und verdampfen daher umso schneller. Eine Sauerstoffatmosphäre kann daher den Prozess der Belagbildung beschleunigen, weshalb ein Füllen des Fernglases mit dem reaktionsträgen Stickstoff von Nutzen sein kann.
Es gibt auch Alternativen für herkömmliche Schmierstoffe, silikonbasiert oder mit Fullerenen, ich bin aber nicht im Bilde, wo hier die Vor- und Nachteile liegen könnten.
Leica hatte beim Ultravid ja ganz auf Schmiermittel verzichtet, aber die Anwender waren von der etwas rauen Eigenschaft der Fokussierung nicht so begeistert.
Viele Grüße,
Holger