Erster Eindruck: Canon 8x20 IS
Wenn ich im Zusammenhang mit Fernoptik “8x20” höre, denke ich an Taschengeräte wie z.B. Trinovid 8x20, Ultravid 8x20 oder auch Monovid 8x20.
Es wurde und wird viel diskutiert über den Nutzen solcher Taschengläser. Sind sie «richtige» Ferngläser, oder nur Hilfsgeräte für den Fall, dass man nichts Gescheiteres dabei hat? Ich neige persönlich zur zweiten Auffassung (wobei ich finde, dass ein Hilfsgerät immer besser ist als gar kein Gerät). Die kleine Austrittspupille von 2.5mm und das geringe Gewicht setzen der Brauchbarkeit jedenfalls Grenzen, sei es bezüglich Bildhelligkeit in der Dämmerung oder bezüglich der Möglichkeit, das Glas trotz Muskelzittern ruhig zu halten. Dafür haben Taschengläser aber Vorteile: sie haben Platz in jeder Jackentasche und sind so leicht, dass man sie problemlos tagelang um den Hals tragen kann.
Und dann kommt Canon und baut ein 8x20 Glas mit den Nachteilen der kleinen Austrittspupille, aber ohne den Vorteil der geringen Grösse. Ich war sehr skeptisch, als ich mir das neue 8x20 IS zur Ansicht kommen liess. Hier sind meine ersten Eindrücke.
Specs:
Vergrösserung: 8x
Objektivdurchmesser (effektiv): 20mm
Austrittspupille: 2.5mm
Realer Sehwinkel: 6.6 Grad (= 115m/1000m)
Scheinbarer Sehwinkel: 49.5 Grad
Dioptrienkorrektur: > +/- 5
Nahfokus: 2m
Gewicht (mit Riemen): 459g
Das Canon 8x20 IS ist so gross wie ein durchschnittliches 8x30 Fernglas, allerdings sehr leicht für die Grösse. Anders als andere Canon Gläser ist das Äussere des Fernglaskörpers aus schlichtem grauem Kunststoff, ohne den bisher üblichen leicht «klebrigen» Überzug. Die Augenmuscheln sind nach dem Vorbild der neuen x32 Canons aus recht weichem Gummi «tassenförmig» gefertigt, allerdings weisen sie einen deutlich geringeren Durchmesser auf und ermöglichen daher auch bei engem lateralem Augenabstand einen guten Einblick (das ist immer wieder ein Kritikpunkt bei den x32 ern). Von der Form her gleicht das 8x20 den grösseren 10x32 / 12x32 / 14x32 Geschwistern. Anders als diese braucht es nicht mehr zwei AAA Batterien, sondern eine CR2.
Die Fokussierung geht weich, mittelschnell und gleichmässig; fokussiert wird durch Verschieben des Objektivblocks, allerdings fehlt eine Abdeckung durch eine vordere Glasplatte, wie sie die x32er haben (wodurch das Glas spritzgeschützt wird). Der Mechanismus ist jedoch dennoch anders als bei den älteren 10x30 und 12x36 Modellen, wo manchmal Staub etc. beim Fokussieren «eingesogen» werden konnte, Canon scheint hier eine neue Lösung gefunden zu haben, die zwar sicher nicht wasserdicht ist, aber möglicherweise eine relativ gute Staubdichtigkeit erlaubt (??). Abzuklären.
Die Erschütterungserkennung erfolgt mittels «Gyrosensor», stabilisiert wird wie bei allen neueren Canon Gläsern durch «Lensshift». Beim Druck auf den Knopf stabilisiert sich das Bild verzögerungsfrei und ohne «Bildhopser». Die Bildstabilität scheint mir auf den ersten Blick ausgezeichnet, das Bild behält seine Schärfe ohne die «Artefakte», wie sie bei den älteren Canons zu beobachten waren.
Auch die Bildqualität ist Canon-typisch hoch: sehr gute Mittenschärfe, gute Randschärfe, wenig CA, nur begrenzt Reflektionen an oder um helle Lichtquellen herum. Mehr Sehfeld wäre natürlich schön, aber das Gebotene ist recht anständig.
Das Einblickverhalten ohne Brille ist einwandfrei, aber auch mit Brille kann ich bei umgestülpter Augenmuschel das Sehfeld ganz überblicken.
Kurzer Vergleich mit anderen 8x20ern: Gegenüber dem Leica Trinovid 8x20 erscheint mir das Bild des Canon 8x20 (ohne Einschalten des IS) klar als heller und kontrastreicher. Im Vergleich mit dem Ultravid 8x20 ist die Sache weniger klar, da schien mir das Ultravid im trüben Novemberwetter etwa gleich hell und scharf. Der Einblick beim Canon ist jedoch einfacher, und wenn die Stabilisierung eingeschaltet wird, «gewinnt» das Canon ohnehin bei der Detailerkennbarkeit.
Kurzer Vergleich mit kleineren Stabis anderer Marken:
Das kann ich es kurz machen. Von den mir zur Verfügung stehenden Modellen – Fujinon Techno-Stabi 12x28, Vixen Atera H 12x30, Kenko 10x30 IS – kann keines dem Canon das Wasser auch nur annähernd reichen, weder bezüglich Bildqualität noch bezüglich Stabilisierung, auch wenn sie alle viel teurer sind. Direkt vergleichen wäre zwar ohnehin nicht gegangen, da die anderen Modelle alle 10x oder 12x vergrössern, aber ein Vergleich erübrigt sich ohnehin, die Bilder aller (!) ausser dem Canon erscheinen mir dunkel, unscharf und kontrastarm, im Ergebnis unbefriedigend bis unbrauchbar, und ich finde auch die beim Einschalten, Ausschalten oder bei beiden Vorgängen an der Stablisierung auftretenden starken «Bildhopser» als mühsam. Zudem kommt die IS-Funktion nur beim Canon wirklich mit meinem Muskelzittern zurecht, bei den anderen wackelt das Bild erheblich.
Neu kommt derzeit ein Stabi von Kite Optics auf den Markt, das vielleicht besser ist als Fuji, Vixen und Kenko ((es kann eigentlich nur besser sein als diese ;-) ))
Doch zuerst steht als Nächstes der «Field Test» des Canon auf dem Programm. Da wird auch zu prüfen sein, ob ein 8x20 Fernglas wirklich Sinn macht, wenn es kein Taschengerät ist, sondern die Grösse eines 8x30 oder gar 8x40 hat. Insgesamt hat mich das Canon bis jetzt sehr positiv beeindruckt.
fwiw Pinac