Sie haben vollkommen recht, ich habe mich geirrt, weil ich die Richtungen von Bildversatz und Tubusversatz gleichgesetzt habe. Aber ein Bildversatz nach innen bedeutet natürlich einen Tubusversatz nach außen (und umgekehrt). Weil dies schon im Fernbereich nur unter Anstrengung durch Einwärtsschielen kompensiert werden kann, erfordert es im Nahbereich noch weiter verstärktes Einwärtsschielen. Es wirkt sich dort also erschwerend aus und nicht vorteilhaft, wie ich leichthin im Nebensatz geschrieben hatte.
Positiv am Tubusauswärtsschielen könnte man höchstens finden, daß sich das Sehfeld hoizontal nach außen vergrößert, allerdings nur jenseits der binokular wahrgenommenen mittleren Zone. Erweitertes querovalisiertes Sehfeld, E.Q.S. - vielleicht wäre das was fürs Marketing, da hat man schon ganz andere Schwächen zur Innovation erhoben.
Was die Disparation angeht (ungleiche Bildgrößen im linken und rechten Auge) möchte ich anmerken, daß unter medizinischen Gesichtspunkten bereits ab einer Lins/Rechts Visusdifferenz von 2 Dioptrien an aufwärts Kontaktlinsen medizinisch verordnet oder stark empfohlen werden - solche Fälle sind weder extrem, noch selten. Begründung: bei Korrektur mit Brille läßt sich die Disparation ab einer Differenz dieser Größenordnung nicht mehr gut ausgleichen, das Brillenglas sitzt zu weit vor dem Auge, sodaß seine bildgrößenverändernde Wirkung im Vergleich zur Kontaktlinse zu stark ist.
Mich würde an dieser Stelle interessieren, um wieviel kleiner das brillenkorrigierte Netzhautbild eines deutlich Kurzsichtigen (4, 6, 8, 10 Dioptrien oder mehr) im Vergleich zum Normalsichtigen ist, welchen Auflösungsverlust er also in Kauf nehmen muß, wenn er mit Brille statt ohne durch ein Fernglas schaut. (Von den anderen Nachteilen wie chromatischer Aberration bei hochbrechenden Gläsern, Bildfeldwölbung, Verzeichnung, Randunschärfe etc. nicht zu reden.)
Vielleicht beeinflusst auch die Lage des fokussierenden Linsensystems im Fernglas die Netzhautbildgröße je nach Fehlsichtigkeit verschieden deutlich, je nachdem ob Objektive, Okulare oder Innenlinsen verschoben werden, weil diese korrigierenden Glieder mal mehr, mal weniger Weit vom optischen Apparat des Auges entfernt sind.
Zum Schluß muß ich gestehen, daß ich Ihre Spekulation nicht verstanden habe, inwiefern die Änderung der Vergenz oder der Vergenz-Akkommodations-Kopplung die Disparartion beeinfussen könnte. Vielleicht kann man sich vorstellen, daß die Augen durch (rasche) Vergenzänderungen beim Wahrnehmungsprozeß sozusagen im jeweiligen Bild des anderen Auges umhertasten, und die Bildgroessendifferenz dadurch ausgleichen, dass die Bildverarbeitung intermittierend die für einen Moment abweichenden Details unterdrückt, die momentan deckungsgleichen Bilddetails aber zwischenspeichert und so eine Passung konstuiert - ein quasi kubistisches Vorgehen. Aber wer weiss.
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 10.02.08 07:28.