Hallo Sep,
Spikes sind die Folge einer Interferenz, die in Dachkantgläsern ohne P-Belag auftritt. Siehe dazu den angehängten Bericht von Weyrauch und Dörband, insbesondere Abb. 7. Diese Spikes sind vor allem an hellen, punktförmigen Lichtquellen in der Nacht erkennbar, etwa an einer entfernten Straßenlaterne. Ferngläser ohne P-Belag erzeugen oft sogar dicke Lichtbalken am Vollmond. Am Tage sind diese Phänomene zwar nicht direkt sichtbar, aber natürlich nicht ganz harmlos. Man denke etwa an einen scharfen Übergang zwischen Licht und Schatten: Jeder Bildpunkt im hellen Bereich des Bildes streut, aufgrund dieser Spikes, einen Teil dieses Lichts in die Umgebung, erzeugt dabei einen leichten, diffusen Schleier, der die Kontraste zwischen hell und dunkel verringert. Man muss natürlich immer unterscheiden zwischen einer Testsituation und dem realen Leben: Nicht jeder Spike, der an einem hellen Flutlicht in der Nacht sichtbar ist, hat auch wirklich sichtbare Folgen für die Tagesbeobachtung. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Ferngläsern ist also auch hier hilfreich, damit man als Tester ein Gefühl dafür hat, was noch "normal" und tolerabel sein dürfte, und wo ein Fernglas möglicherweise negativ aus der Reihe tanzt.
Zurück zur P-Korrektur: Ein P-Belag dient also dazu, diese Interferenzerscheinungen zu beseitigen und somit die Bildgüte zu verbessern. Ich ging davon aus, dass zumindest die Tophersteller hinreichend gute P-Beläge haben mussten, um diese Spikes beseitigen zu können. Dennoch habe ich sie in vielen Tests beobachten können, und die Erklärung dafür war, dass es ja noch die Dachkante gibt, an der eine Beugung stattfinden muss, und dass diese Spikes dann eben noch eine (von der Phasenverschiebung völlig unabhängige) Beugungserscheinung sein müssen. Jetzt scheint es mir plausibel, dass nicht die Beugung, sondern eine unvollständige P-Korrektur die Hauptursache dieser Spikes sein dürfte.
Die Hersteller schweigen sich übrigens aus, was diesen gesamten Themenkomplex anbetrifft. Ich habe nie irgendwelche quantitativen Daten erhalten können, bzgl: Wie gut sind denn diese P-Korrekturen - korrigieren sie 95% der Phasenverschiebung, oder 90%, oder 80%? Wie groß sind typischerweise die Schwankungen, zwischen einem Beschichtungsvorgang und dem nächsten?
Na gut, wer ein Porro-Fernglas hat, der muss sich mit all diesen Problemen nicht auseinandersetzen :-)
Viele Grüße,
Holger