Erfahrungsbericht nach einem Jahr Swarovski SLC 8x42 HD (alte Version)
Im Mai 2014 habe ich das Glas in Hamburg auf der Hansebird erworben. Benutzt wird es fast nur zur Vogelbeobachtung. Es ist ständiger Begleiter bei Spaziergängen, Radtouren, Wanderungen und gezielten Vogelbeobachtungstouren.
Ausgangsposition vor dem Kauf war die Suche nach einem Allrounder, der mein Hensoldt Ferro D16 ablösen sollte. Mit dessen zentraler Schärfe war und bin ich absolut zufrieden, aber die Einzelokularfokussierung nervte mich zusehends und die Einsatzfähigkeit bei schlechten Lichtverhältnissen ist dürftig. Hatte ich die Einzelokularfokussierung zunächst einige Jahre geschätzt, so hatte ich zuletzt doch fast immer jedes Okular auf den Punkt scharf gestellt, anstatt die Tiefenschärfe auszunutzen. Vielleicht lässt die Leistungsfähigkeit meiner Augen nach.
Eigentlich hatte ich ein Glas unter 1000 Euro gesucht, aber dort wurde ich nicht fündig. Entweder war mir der Leistungsabstand zum Hensoldt zu gering oder irgendetwas hatte mir nicht gepasst. Das SLC war für mich der optimale Kompromiss.
Die Haptik gefällt nach wie vor. Es liegt gut in der Hand und die Armierung fühlt sich gut an. Das Gewicht mit rund 800 Gramm, sowie die Größe sind deutlich präsent, aber noch im Rahmen.
Der Einblick ist bequem und unproblematisch. Als Brillenbeobachter kann ich trotzdem das gesamte Sehfeld überblicken, wenn der Augenmuschelabstand optimal eingestellt ist. Dieser verstellt sich normalerweise nicht und die Schwergängigkeit des Verstellens ist für den Normalfall gut gelöst. Trotzdem wäre die Möglichkeit, den Abstand arretieren zu können ein praktisches Feature. Vielleicht bastel ich mir hier irgendwann mal etwas. Rastpunkte gibt es nicht. Halt, beim Nachschauen fällt mir auf, dass es doch einen gibt. Dass ich das nicht präsent habe, verdeutlicht den praktischen Wert dieses einen Rastpunktes für mich.
Die optische Leistung macht nach wie vor Spaß. Die Hauptschuld dafür trägt meines Erachtens der Kontrast. Der beeindruckt mich bei manchen Beobachtungssituationen auch nach über einem Jahr noch. Das macht einfach nur Freude! Das Bild wirkt brilliant, ohne künstlich zu leuchten. Die Farben kommen natürlich, deutlich, aber nicht übersättigt.
Die Schärfe ist gut, aber nicht besser als beim Hensoldt in der Mitte. Mir fehlt der Vergleich, aber möglicherweise gibt es hier Gläser, die noch mehr bieten? Die Randschärfe will ich nicht mit Prozentzahlen einkreisen, ist m. E. jedoch wirklich gut. Da brauchen wir über das Hensoldt und sicherlich manch anderes Glas nicht zu reden. Geht mehr? Vielleicht - wünsch ich mehr? Nein.
Auf das größere Sehfeld war ich anfangs gar nicht erpicht, aber mittlerweile schätze ich es und würde noch mehr auch nicht schlecht finden. Bei Vögeln im Flug oder agilen Singvögeln im Baum kann es im Grunde nicht genug geben.
Die geringe Nahgrenze muss mit viel Kurbeln erarbeitet werden, was ich jedoch gerne in Kauf nehme. Das Beobachten von Schmetterlingen ist ein Genuss.
Nach Dominiques Entsetzen über Leicas Pinselei und Staub im Fernglasinneren, wollte ich den Frevel begehen und auch mal mit Taschenlampe das Innere des Swaros durchleuchten, musste dann aber feststellen, dass dies nur Sinn macht, wenn das Glas von außen penibel sauber gehalten wird. Hier war ich nachlässig geworden, habe mir Besserung geschworen und außerdem gedacht, dass es keinen Sinn macht, sich schlecht zu fühlen wegen mangelhafter innerer Qualitäten, wenn diese mangels äußerer Reinigung letztlich gar keine Rolle spielen; bzw. wie sauber ist das Glas auch nach regelmäßiger Reinigung nach dem Einsatz im Feld, wo Staub u. A. von außen ruckzuck mehr vernebeln als innere Fehler (was die Hersteller zumindest in diesen Preisklassen keinesfalls aus der Pflicht nehmen kann).
Farbsäume gibt es schon mal in anspruchsvollen Situationen, treten aber selten auf und können durch optimale Einstellung von Augenabstand und zentralem Einblick minimiert werden. Letztlich reicht es nicht zum Meckern.
Gegenlicht. Ich beobachte regelmäßig an der Küste und bei allen Sonnenständen in alle Richtungen. Auch hier gibt es m. E. nichts zum Klagen. Bei sehr schwierigen Situationen lässt der Kontrast nach, ist aber immer noch gut. Es kann auch schon mal vorkommen, dass am unteren Bildrand nebelartige Sicheln auftreten, die bei Abschirmen des Okulars verschwinden. Oft ist mir das nicht passiert und der Kontrast in der Mitte war immer noch gut genug zur befriedigenden Beobachtung. Sonnenblenden können hier bestimmt helfen, allerdings sehe ich hier nicht wirklich Handlungsbedarf.
Beobachtungssituationen, bei denen mir Leistung fehlt: Vogelbeobachtung gegen den hellen Himmel befriedigt mich immer noch nicht. Etwas mehr Farbe statt nur dunkler Silhouette würde ich mir einfach wünschen. Ob andere Gläser das besser können weiß ich nicht, würde mich aber brennend interessieren.
Erfahrungen am Nachthimmel kann ich leider nicht beisteuern, mir fehlt einfach das astronomische Faible.
Fokussierung: Das Glas hat eine lange Übersetzung. Etwas schneller wäre mir lieber, aber ein Problem ist es auch nicht. Der Mitteltrieb dreht sich in eine Richtung leichter als in die andere. Ob das von Anfang an so war, weiß ich nicht. Es ist mir erst nach einiger Zeit aufgefallen. Es befremdet mich etwas, stört mich andererseits aber nicht. Sehr leichtgängig ist die Fokussierung nicht. Ich benutze daher meist beide Zeigefinger im Zusammenspiel. Eine leichtere Fokussierung, die ich nur mit einem Finger bedienen würde, wäre wohl schneller zu händeln. Aber auch das ist nichts, was ich als Problem empfinde. Es fällt mir allerdings auf, dass ich stets fokussiere. Dies nicht, weil ich den Schärfepunkt nicht finden würde, sondern eher, um ihn immer optimal zu halten. Da erinnere ich mich an einen Beitrag hier im Forum, in dem jemand sein Habicht so gepriesen hat, weil er so wenig Drang zum Fokussieren hatte. Aber vielleicht hat der schwergängige Mitteltrieb dort eher zum Fokussieren der Augen angeregt.
Zubehör: Top und Flop. Der Trageriemen ist schlichtweg fantastisch! Er kompensiert das Gewicht enorm im Vergleich zu schlechteren Riemen. Die Verstellung ist perfekt gelöst und während des Tragens sogar mit einer Hand möglich. Ob das noch besser geht? Ich glaube nicht.
Die Objektivdeckel nutze ich, weil ich bei dem hochpreisigen Glas das Risiko eines Schadens minimieren möchte. In der Praxis stören sie natürlich mitunter, weil sie z. b. Im Wind flattern oder sich, ohne dass ich es mitbekommen habe, beim Radfahren, wenn das Objektiv nicht verschlossen sein sollte, festgedrückt oder im umgekehrten Fall auch schon mal losgelöst haben. Sie lassen sich gut abnehmen und schwer wieder dranmachen. Zweimal hatte sich bisher einer unbemerkt gelöst, verloren und Gott sei Dank wieder gefunden. Sie halten geschlossen relativ gut. Insgesamt eine gute Lösung.
Die Okulardeckel sind eine Katastrophe. Klemmt man sie locker, so lösen sie sich schnell ungewollt und klemmt man sie fest, so verstellt sich die Augenmuschel. Trägt man das Glas vor der Brust, was dank des guten Trageriemens auch über längere Strecken machbar ist, tritt das Phänomen weniger auf. Trägt man es, wie ich es meist tue, ähnlich wie Frauen ihre Handtasche von einer Schulter quer über Brust, bzw. Rücken zur anderen Seite, so ist der Okulardeckel im Grunde nicht brauchbar. Hier bin ich noch auf der Suche nach einer besseren Lösung. Die simple Lösung beim Hensoldt funktioniert z. B. tadellos.
Die Tasche wirkt solide und hochwertig. Ich benutze sie allerdings nicht, da sie ein Riesenmonstrum ist. Selbst um das Glas im Rucksack zu transportieren ist sie zu groß ( obwohl möglich). Bin ich ohne Rucksack unterwegs, brauche ich in der Regel keine Tasche, da das Fernglas wasserdicht ist und Deckel für alle 4 Glasflächen hat. Nehme ich einen Rucksack mit, kann ich es auch ohne weitere Tasche dort verstauen. Eine kleine passgenaue Tasche für den Transport auf Reisen würde ich trotzdem gut finden.
Die Halterung zum Digiskopieren fand ich eine gute Idee. Dann habe ich versucht sie zu benutzen und beschlossen es wieder zu lassen. M. E. ist sie unbrauchbar. Die Klemmung an der Kamera gibt nicht ausreichend Halt und die Sache wird zu fummelig. Mittlerweile benutze ich eine Nikon 1V1, die ich einfach gegen die Augenmuschel halte und damit überraschend gute Ergebnisse erziele. Da die Kamera einen Sucher hat, kann man sie gegen das Auge drücken und so die Stabilität erhöhen. Das Standardzoomokular passt prima an die Augenmuschel. Siehe Anlage.
Fazit: Ich habe viel Geld ausgegeben, das sich angesichts der häufigen Nutzung und der Freude, die ich mit dem SLC bereits hatte und voraussichtlich noch haben werde, gelohnt hat. Wäre das auch billiger möglich gewesen? Vielleicht, aber wer hat schon die Möglichkeit alle in Frage kommenden Gläser ausführlich auszutesten, um dann mit Sicherheit das beste Preis-/Leistungsverhältnis zu finden.
Würde ich es wieder kaufen? Da bin ich unsicher, da ich mittlerweile auch überlege, ob nicht 7x42 oder ein sehr helles 8x32 eine Alternative wären. Wahrscheinlich ist es gleichgültig, da immer wieder Situationen auftreten werden, bei denen das mitgeführte Glas nicht optimal ist (Sehfeld, Austrittspupille, Vergrößerung, Gewicht...). Wenn ich weiterhin so viel Zeit mit der Vogelbeobachtung zubringe, kommt vielleicht mit der Zeit noch das ein oder andere Glas dazu. Ein prima Allrounder ist das SLC allemal!
Sehr Zufriedene Grüße
R. K.