"Naturfreund" schrieb vor einem Jahr:
"Jetzt wäre noch ein Vergleich des Kite Lynx mit dem Nikon EII schön. Könnte mir vorstellen, dass Herr Merlitz als Weitwinkelfan das mal anpeilt."
Ich besitze beide Ferngläser, das Nikon seit ca. 5-6 Jahren, in München bei Dostal und Rudolf praktisch neu ("refurbished", wahrscheinlich eine Kundenretoure nach 2 Wochen) für 400€ gekauft, das Kite habe ich in diesem Frühling in Belgien gebraucht gekauft für ca. 250€.
Für die Ersparnis von ca. hundert Gramm (die man, zumindest ich, nach einem Tag Hochgebirgswanderung schon spürt) muss man einige Abstriche machen: der Kontrast, die Klarheit und "Durchsichtigkeit" des Nikons werden vom Kite nicht ganz erreicht, das sehe ich schon mit meinen schlechten Augen (grauer Star, 68 Jahre), meiner Freundin (55), die bessre Augen hat, ist der Unterschied sofort aufgefallen. Sie sagt aber, der Unterschied sei minimal. Als langjährige, erfahrene Astronomin ist sie allerdings sehr kritisch.
Aber es ist wohl unfair, ein immer noch "modernes" Porro mit einem "billigen" (dies Wort völlig wertfrei verwendet) DK zu vergleichen. Auch bei gleich guter Konstruktion wird das Dachkantfernglas immer den Kürzeren ziehen. Das Nikon hat auch 3-4 Meter mehr Sehfeld bei 1km, nämlich 154, das Lynx 151, gemessen 150. Die wahre Vergrößerung des Lynx beträgt übrigens 8,1, so dass die 150 m eigentlich 152 bei 8x entsprechen, das sind nur 2m weniger, als Nikon, dessen wahre V. ich aber nicht kenne.
Tja, und die mechanischen Werte? Schwer zu sagen nach nur einem halben Jahr. Noch wackelt nichts, beim Nikon sind die Okulare konstruktionsbedingt von Anfang an zwar nicht wackelig, jedoch recht "beweglich", wie das bei den allermeisten Porros der Fall ist - sprich: mit etwas Druck auf einem Okular bringt man dieses locker um 1mm tiefer, das stört aber wenig, denn ohne Druck kommt es wieder in die richtige Position.
Haptisch gefällt mir das Nikon besser, weil ich relativ große Hände habe, meine Freundin findet das Kite besser (trifft sich gut ...), sie ist mit 1,75m auch 10cm kleiner, mit Handschuhgröße 8 sind ihre Hände auch eine Größe kleiner.
Das Nikon ist nicht wasserdicht, das hat mich nie gestört, nur ein Fussel hat seinen Weg in Feldblendenebene gefunden, ob von aussen kommend oder von innen (Lacksplitter?) vermag ich nicht zu sagen.
Trotzdem habe ich den Eindruck, als ob das Nikon solider gebaut worden ist, immerhin betrug der Neupreis damals 650€, das Kite kostet in Frankreich 468€. Würde das Nikon heute entworfen und gebaut werden, wäre sein Preis bestimmt vierstellig.
Das Einblickverhalten beider Ferngläser ist natürlich bei diesen Extremdaten nicht 100%ig perfekt, da ist fast jedes 8x40/42 in großem Vorteil, und sogar die meisten 8x32 der ersten und zweiten Liga (allerdings in viel höhren Preislagen) haben einen leichten, wenn auch sichtbaren Vorteil. In diesem Bereich (AP zwischen 2,5 und 4,5mm) spielt, ceteris paribus, jedes Zehntel Millimeter eine fühlbare Rolle.
Fazit: wer ein gutes, leichtes Fernglas unter 500 Gramm und zum Preis von maximal 1€/Gramm sucht, kommt am Kite Lynx nicht vorbei, muss aber in Belgien oder in Frankreich bestellen.
Marc Champollion
