MP schrieb:
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> Die 75fache Vergrößerung bei Spektiven ist ja so
> neu nicht. Nikons Fieldscope ED 82 konnte man ja
> schon vor Jahren mit solchen Okularen ausstatten,
> und zwar mit einem (Tunnelblick-) Zoom 25...75 und
> sogar mit einem 75fachen Okular mit fester
> Brennweite. Den weltweiten Erfolg/Misserfolg
> dieser Ausstattung vermag ich nicht zu beurteilen,
> in Deutschland dürfte der Erfolg nach dem, was ich
> draußen gesehen habe, minimal gewesen sein, obwohl
> das ED 82 sich locker mit dem Leica APO 77 oder
> dem alten Diascope 85 messen konnte, und in den
> letzten Jahren war das Fieldscope auch zu einem
> Schnäppchenpreis zu bekommen.
Der Erfolg der Nikon-Spektive in Deutschland war in der Tat auch nach meinem Eindruck minimal, was sicher auch damit zu tun hatte, dass Nikon die Fieldscopes in Deutschland nie aggressiv beworben hat. Dabei war schon das originale Fieldscope ED, zunächst nur mit den Festbrennweiten 20x und 40x zu erhalten, besser als z.B. das damals noch weitverbreitete Optolyth 30x75. Ein paar Leute benutzten das Kowa TS 1 oder TS 2, einige das Zeiss Jena Asiola, dann gab es noch ein paar Zeiss 40x60, ansonsten war das Optolyth 30x75 mit seinen diversen Varianten (unter anderem mit einem grottenschlechten Zoomokular) für die meisten Beobachter das Spektiv der Wahl. Dann kamen die Fluorit-Kowas (TSN 3 und TSN 4) mit dem erstklassigen 30x WW-Okular, dann irgendwann das Swarovski und das Leica Televid bzw. Apo-Televid. Nikon hat jedenfalls in Deutschland nie ein Bein an den Boden bekommen, zumal das ED 78 und das ED 82 etwas spät auf den Markt kamen. Zu dem Zeitpunkt waren die anderen Hersteller schon mit ihren "großen" Spektiven da. Die Sache mit dem Hasen und dem Igel.
Aber ich schweife ab. Jedenfalls habe ich in all den Jahren, so zwischen 1980 und 2000, in Deutschland vielleicht eine Handvoll Nikon Fieldscopes gesehen, und ich war oft in Gebieten, in denen viele Beobachter unterwegs waren.
Das Nikon 25-75x war übrigens das zweite Zoom von Nikon, das erste hatte einen kleineren Zoombereich und war schwächer. Es hat in der Tat einen "Tunnelblick", allerdings nur bei den niedrigen Vergrößerungen (40 Grad subjektiv), bei den höheren liegt es zwischen 50 und 60 Grad subjektiv. Nicht brillant, aber eben auch kein wirklicher Tunnelblick mehr. Im Grunde wie das originale Leica Vario zum Apo-Televid 77, allerdings mit geringerem Austrittspupillenabstand. Optisch ist es keineswegs schwächer als das Leica, aber das hat Nikon auch nichts genützt.
> Damals hieß es dann (vor allem im
> deutschsprachigen Europa?) oft, es sei kaum
> sinnvoll, über 60fach hinauszugehen, das Wetter
> erlaube sowieso kaum jemals gewinnbringende
> Beobachtungen mit mehr als 60facher Vergrößerung
> usw. Und einige Zoom-Okulare der sonst besten
> Hersteller drehte man auch lieber auf 50 oder
> 55fach zurück, weil die Abbildungsleistung bei
> 60fach nicht überzeugte. Die weitwinkligen
> Zoom-Okulare von Leica und Swarovski gehen erst
> gar nicht über 50fach hinaus. Diese Firmen haben
> damit offenbar andere Anwender im Blick als
> traurig an ihren unzureichenden Zoom-Okularen
> herumfummelnde Vogelbeobachter, die oft genug vor
> den großen Beobachtungsentfernungen an der Küste
> kapitulieren müssen.
Tja, und für mich wäre die Begrenzung auf 50x ein hinreichender Grund, KEIN Leica oder Swarovski zu kaufen.
Selbstverständlich sind die Bedingungen, unter denen man höhere Vergrößerungen als 50x verwenden kann, nicht häufig, aber selbst im Hochsommer gibt es oft ein Zeitfenster am frühen Morgen und am späten Nachmittag, in dem die Luftunruhe höhere Vergrößerungen zulässt. Selbstverständlich benötigt man ein wirklich stabiles Stativ mit einem ebenso stabilen Neiger, um solche Vergrößerungen sinnvoll nutzen zu können. Und selbstverständlich muss auch das Spektiv selber so korrigiert sein, dass das Bild bei 60x oder 75x nicht zerfällt.
Und gerade da liegt oft genug der Hase im Pfeffer, da die Fertigungsschwankungen selbst der renommierten Hersteller bei nicht wenigen Spektiven keine hohen Vergrößerungen zulassen. Wobei das Problem nicht bei den Zooms liegt, es gibt genügend Erfahrungsberichte mit erstklassigen astronomischen Refraktoren, an denen die Zooms großartige Ergebnisse liefern. Das Problem liegt in der allzusehr schwankenden Fertigungsqualität der Spektivkörper. Vielleicht ist es - aus Sicht mancher Hersteller - ja sogar weise, den Vergrößerungsbereich der eigenen Zooms gleich zu beschränken ...
Aber das ist dann doch gar zu zynisch.
Hans