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27. September 2010 01:57
Seit Mitte Juni habe ich mein neues Swarovski SLC 10x42 HD. Warum ich nicht das Swarovision gekauft habe? Keine Ahnung, hab' das EL nicht einmal probiert. Ich wollte ein sehr kompaktes und möglichst leichtes 10x42 als Ergänzung zum 8x32 FL und 10x56 FL von Zeiss. Das SLC 10x42 HD ist nur 144 (153) mm hoch (9 mm Auszug ist der Augenmuscheln) und 121 mm breit (bei 65 mm Augenabstand). Die Knickbrücke ist äußerst massiv und nur ca. 35 mm lang, was – auch ohne Durchgriff – jede Menge Platz für die Finger lässt. Der Überstand der Tuben an der Frontlinse ist größer als beim 32er oder 56er Zeiss und beträgt immerhin 12 bis 13 mm, obwohl eine ausziehbare Gegenlichtblende... geschenkt, hatten wir mehrfach... kommt eh nicht. Das gesamte optische System von der Eintrittslinse am Objektiv bis zur Austrittslinse am Okular baut nicht einmal 130 mm. Der Versatz der Objektivmittelachsen zu den Okularmittelachsen ist ca. 3 mm, d.h. bei auf 65 mm Augenabstand eingestellten Fernglas misst man vorn an den Objektivtuben ungefähr 68 Abstand der Mittelachsen.

Beim Leichtbau scheint man an Grenzen gestoßen zu sein, wenn man bei Metallgehäusen (Magnesium) bleiben möchte und dat Ding auch noch stabil und wasserdicht sein soll. Zeiss hat es ja mit den Victories versucht; Kunststoff wird mehrheitlich von Kunden für ein Premium-Fernglas als minderwertig empfunden und wird (wie Herr Weigand neulich hier mehr oder weniger eingeräumt hat) spätestens mit der nächsten Victory-Generation ad acta gelegt werden. Eine hochwertige Gummierung, besondere Glassorten (HD, ED, FL), eine kurze aber dafür massive Knickbrücke (SLC HD, Nikon EDG), ein ergonomischer Durchgriff (längere Bauform, geteilte Knickbrücke) oder ein aufwendiger Mitteltrieb mit integriertem Dioptrienausgleich, tun ihr übriges, um zu verhindern, die Masse unter ein bestimmtes Maß – sagen wir 750 g für ein 42er Glas – zu bringen. Ob das sehr leichte Minox 10x43 APO HG in allen genannten konstruktiven Punkten gleichwertig ist, kann ich nicht beurteilen. Falls ja... Respekt. Jedenfalls hauen einen beim vorliegenden SLC 10x42 HD die 790 Gramm Vitrienengewicht auf der Küchenwaage nicht gerade vom Hocker; gebrauchsfertig mit Lift-Trageriemen und Okularschutz sind es 894 g, mit Objektivdeckeln (die ich nicht verwende) sind es 926 g. Immerhin sind die neuen SLC 42er HD Modelle deutlich leichter geworden als ihre Vorgänger.

Das Design finde ich ausgesprochen gelungen, wenngleich mir ein schwarzes Fokussierrad noch besser gefallen würde – die jetzige grün-schwarze Ausführung hat etwas von Laufstall oder Rollrad im Hamsterkäfig. Durch die schmale Knickbrücke wirkt das Glas trotz seiner kurzen Bauform luftig, wohl proportioniert und nicht pummelig. Das neue SLC liegt sicher und auf den Punkt ausbalanciert in meinen (mittelgroßen) Händen. Auch einhändiges Greifen ist kein Problem. Die im Uhrzeigersinn nach Unendlich drehende Fokussierung ist ausreichend leichtgängig und sehr genau. Ein Rest Rauigkeit (oder mangelnde Geschmeidigkeit; das richtige Wort dafür fehlt mir) bleibt für meinen Geschmack jedoch bei allen Ultravid-, FL-, EL- oder SLC-Gläsern mit ihren möglichst fettfreien, auf die Gefrierschrankversuche der Tester und Grönlandurlauber ausgerichteten Antrieben. Die Fokussiergeschwindigkeit nimmt vom Nahbereich zu mittleren und großen Distanzen zu: ungefähr eine der zwei Umdrehungen braucht es von der kürzesten Entfernungseinstellung 1,9 m bis etwa 5 m, danach etwa 0,75 Umdrehungen bis Unendlich, gefolgt vom Bereich für den grob geschätzt 6 bis 7 Dioptrien großen Überhub. Zum Dioptrienausgleich wird das Fokussierrad herausgezogen und kann leicht und exakt in 0,25er Raststufen um etwa +/- 4,5 Dioptrien (die Skala zeigt +/- 4 dpt) verstellt werden. Ich finde diese Lösung ziemlich perfekt, denn man kann ohne Hinzusehen das Glas von der 0-Einstellung durch Zählen der Raststufen auf seinen Wert einstellen, wobei die Einstellung fein genug und vor allem reproduzierbar ist, weil sich nichts verstellt, wenn man das Fokussierrad wieder einschiebt.

Die Verarbeitung des SLC 10x42 HD ist hervorragend, was man für den geforderten Listenpreis von rund 2000 Euro auch erwarten darf. Fehlerfrei ist aber auch Swarovski nicht: bei meinem Exemplar musste die Gummierung an einer Stelle vorne am Tubus, wo die grüne und die schwarze Armierung verbunden sind, nachgeklebt werden. Über Swarovski Deutschland und Absam wurde die Garantiereparatur rasch abgewickelt.

Das Einblickverhalten ist tadellos und erinnert an das „alte“ EL 8,5x42. Für Kurzsichtige wie mich (ca. 3,5/4,5 dpt) kann es jedoch Probleme geben. Es scheint zum guten Ton (im Marketing?) bei neuen Modellreihen der Edelmarken zu gehören, die AP-Längsabstände auf Werte satt oberhalb von 15 mm zu steigern. Bei den Konstruktionen mit Bildfeldebnung (Field Flattener Linsen) sind es zum Teil 20 oder mehr Millimeter AP-Abstand. Um Abschattungen - mit Brille - zu vermeiden heißt es dann: Augenmuscheln leicht herausdrehen und hoffen, dass das Sehfeld noch komplett zu überblicken ist. Damit sich die Muscheln nicht versehentlich im Gebrauch verstellen, müsste der Auszug straff genug laufen, oder zum Beispiel auf den ersten 4-5 mm Weg pro 1 mm eine Rastposition bieten – was es freilich am Markt nicht gibt. Also, liebe kurzsichtige Brillenträger, stellt euch schon mal auf fröhliches Fummeln mit den Augenmuscheln eures neuen Swarovision, SLC HD, Nikon EDG, usw. ein. Noch dümmer steht man da, wenn man wie ich lieber ohne Brille beobachtet, dann reicht der Auszug der Augenmuscheln meist nicht aus, um Abschattungen ganz zu verhindern. Wat gez? Nach einer Mail an Swarovski habe ich kostenlos längere Augenmuscheln zugeschickt bekommen, welche den Auszug um 4,5 mm verlängern (*). Ich kann mit diesen Muscheln noch immer das Sehfeld überblicken und Abschattungen sind kein Thema mehr. Allerdings ist die Verlängerung konstant, d.h. die langen Augenmuscheln lassen sich nicht ganz in die Tuben Eindrehen, sondern stehen ca. 5 mm ab den Linsen des Okulars ab, was dazu führt, dass das Sehfeld mit (meiner) Brille leicht eingeschränkt ist. Zusammenfassend also eine sehr kulante Lösung von Swarovski, aber keine, die bei wechselnder Nutzung mit und ohne Brille nachhaltig hilft, denn wer möchte schon die originalen und die langen Muscheln ständig tauschen?

Im Norwegen-Urlaub hieß es dann für mein neues SLC „Butter bei die Fische“. Oder auch Basstölpel auf Runde. Oder Moschusochsen im Dovrefjell. Was soll ich sagen; das Swaro hat meinem etatmäßigen Wanderglas Zeiss 8x32 FL ganz schön Einsatzzeiten abgefrühstückt. Auf eine mehrtägige Bergwanderung würde ich kein 42er Glas mitnehmen, aber bei ein paar Stunden bin ich bereit die etwa 250 g Mehrgewicht gegenüber dem 8x32 im wörtlichen Sinne zu Schultern, in dem ich das SLC, den Gurt des Fernglases über den breiten Trageriemen des Tages- oder Fotorucksacks geführt, durch die Landschaft trage. Die 10-fache Vergrößerung macht sich beim Suchen der Moschusochsen im Fjell bezahlt, die Detailerkennbarkeit ist hoch. Das SLC bietet jede Menge Kontrast, ein helles Bild und eine (gefühlte) Mittenschärfe, welche der des knackscharfen Sumoringers Zeiss 10x56 FL in nichts nachsteht. Ebenso auf dem Niveau des großen Victory angekommen sind die schwachen Farbsäume des SLC HD, die sich bei der Beobachtung von Flora und Fauna kaum provozieren lassen. Erst an Häuserkanten oder Dachantennen zeigen sich am Rand des Sehfeldes schmale Farbsäume und die mäßige kissenförmige Verzeichnung ist ebenfalls zu erkennen (die senkrechte Antenne am seitlichen Rand und der waagerechte Dachfirst unten biegen sich nach innen zur Bildmitte).

Die Naheinstellgrenze des SLC HD liegt bei knapp unter 2 Metern; es macht großen Spaß, auf Blüten- oder Insektenpirsch zu gehen. Hier hat das 42er Glas eine Vorteil gegenüber dem 56er Victory (3 m kürzeste Entfernung). Dafür punktet Letzteres mit etwas mehr Plastizität im Bereich bis etwa 30 oder 40 Metern. Nach meinem Eindruck ist dies ein Mosaiksteinchen, das zum oft beschriebenen Wow-Effekt beim 10x56 FL beiträgt. Der weiter oben angesprochene Versatz der optischen Achsen vom Okular zum Objektiv beträgt beim großen Zeiss immerhin 13 mm (3 mm beim SLC 10x42 HD; 0 mm bei den 50er Leica Ultravid). Die Fans großer Porros werden jetzt freilich nur mitleidig Schmunzeln, denn dort wird die Erweiterung der „optischen Stereobasis“ wohl eher in Zentimetern als in Millimetern gemessen.

Den Laternentest besteht das SLC 10x42 HD mit Auszeichnung: sehr wenig Streulicht, keine Geister, kaum Reflexe, bei punktförmigen Lichtquellen sind Spikes kein Thema. Auch in der Beobachtungspraxis zeigt sich das SLC von Situationen mit Gegen- oder Seitenlicht wenig beeindruckt. Beim Schönschen Papiertest zeigt das SLC eine sehr weiße Kreisscheibe, allenfalls einen kaum wahrnehmbaren Hauch violett meine ich zu erkennen. Die schwach gelb-grüne Farbe des Zeiss 10x56 FL ist (für meine Wahrnehmung) einen Tick intensiver. Auf Papier ist ein Helligkeitsunterschied kaum auszumachen, in der Praxis hat das Zeiss – besonders bei schlechtem Wetter – die Nase mit Betonung auf Spitze vorn. Erst bei fortgeschrittener Dämmerung oder bei Mondlicht sorgt die 5,6 mm AP des großen FL für einen standesgemäßen Vorsprung. Andererseits ist das SLC 10x42 HD ein Fernglas, welches höchsten Kontrast und Bildhelligkeit bei nahezu völliger Farbneutralität bietet. Ein Ultravid 10x50 HD oder ein Canon 10x42L IS zeigen tolle Farben und hohen Kontrast, sind aber nicht so neutral in Farbwiedergabe (Ultravid) oder merklich dunkler (Canon) als das SLC HD. Kommt eine 50er und/oder 56er SLC HD Reihe, könnte es auch für die 56er Victories richtig eng werden, wobei Zeiss in den nächsten Jahren sicher nachlegen wird.

Ich richte meine Ferngläser recht selten aufwärts in den Nachthimmel, aber für meinen wenig geschulten Geschmack zeigt das SLC 10x42 HD sehr feine Sternpunkte über etwa zwei Drittel des Sehfeldes. An meinem Standort im Herzen des Ruhrgebietes macht es mehr Spaß mit 4,2 mm AP zu beobachten, weil das Hintergrundrauschen durch die vielen Lichter nicht so stark ins Gewicht fällt wie bei 5 bis 7 mm AP. Am Nachthimmel in Norwegen habe jedoch manchmal mein zu Hause gebliebenes 10x56 FL vermisst.

Preislich sind die neuen Swarovski SLC HD etwa 10 bis 15 Prozent günstiger als die EL Swarovision. Ein SLC HD kommt mit 10-jähriger Garantie, Field Bag (**), Lift Trageriemen, Snap Shot Adapter und Reinigungstuch; hier ist kein Unterschied zu einem Swarovision auszumachen. Überhaupt scheint man bei Swarovski die Neuauflage der SLC als gleichwertige Alternative, nicht als abgespeckte B-Reihe, zu den EL am Markt platzieren zu wollen. Dies ist mMn gelungen, auch was die optischen Qualitäten angeht. Als ich kürzlich durch das 10x42 Swarovision eines Bekannten geblickt habe, fühlte ich mich in meiner Kaufentscheidung aus dem Bauch bestätigt: das SLC ist richtig gut, anders als das EL, aber nicht schlechter. Meinen Gewohnheiten – ich schwenke das Glas recht oft – kommt die Abstimmung des SLC mehr entgegen. Am Rand des Sehfeldes ist die Bildschärfe des geebneten EL überlegen und die Verzeichnung geringer, mit dem oft beschriebenen Globuseffekt als Nebenwirkung für in dieser Beziehung sensible Beobachter.

Zum Schluss noch eine Bemerkung in eigener Sache: Ich habe in den letzten Jahren sehr von diesem Forum profitiert und mich daher entschlossen, diesen Bericht einzustellen. Aus diversen Gründen möchte ich jedoch passives Mitglied bleiben, daher meine Bitte Fragen per Mail zu stellen. Ich hoffe auf ihr Verständnis.

Gruß
Ulli



(*) Entsprechend steigern sich die oben angegebenen Maße für die Höhe des SLC 10x42 HD um 4,5 mm; das Gewicht nimmt um 6 g zu.

(**) Die Tasche wurde hier [www.juelich-bonn.com] von Dick van den Berg ausführlich Beschrieben. Mir persönlich ist sie eher zu groß, aber dies ist sicherlich eine Geschmacksfrage.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.09.10 02:22.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Erste Erfahrungen mit dem Swarovski SLC 10x42 HD

Labrador 17979 27. September 2010 01:57

Re: Erste Erfahrungen mit dem Swarovski SLC 10x42 HD

jForumAdmin 4213 27. September 2010 10:30

Nachtrag: Das Sehfeld des SLC 10x42 HD beträgt 110m auf 1000m Entfernung.

Labrador 4218 27. September 2010 10:42

Re: Erste Erfahrungen mit dem Swarovski SLC 10x42 HD

Dieter Furler 4102 04. Oktober 2010 09:22



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