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23. April 2009 10:40
Da mir ein nagelneues Swift Audubon ED 8,5x44 mit der Seriennummer 07B060xxx nicht nur zum Messung des scheinbaren Sehwinkels, sondern darüber hinaus ausreichend lang zum Testen zur Verfügung stand, kann ich heute den schon angekündigten ausführlichen Erfahrungsbericht schreiben. Erschrecken Sie bitte nicht wegen der Länge des Textes; ich habe mir diesmal besonders viel Zeit genommen und Mühe gegeben, um einen sehr präzisen und möglichst umfassenden Erfahrungsbereicht schreiben zu können.

Die meisten Teilnehmer dieses Forums interessieren sich zwar für die relativ teuren Ferngläser der Spitzenklasse (über 1000 Euro, teilweise sogar über 2000 Euro), aber es gibt genügend Fernglasfreunde, die nicht soviel Geld für ein Fernglas ausgeben können oder wollen und dennoch ein möglichst gutes Produkt suchen. Das Porrofernglas Swift Audubon 8,5x44 hat in der ED-Version in den USA einen guten Ruf unter den Vogelbeobachtern und auch in Deutschland schon Freunde gefunden. Dies und sein Preis unter 500 Euro sowie sein sehr großer Sehwinkel machen neugierig.

Im folgenden Text orientiere ich mich im Aufbau an meinen früheren Erfahrungsberichten und benutze möglichst gleiche Begriffe für gleiche Eigenschaften. Das sichert gute Vergleichbarkeit. Auch diesmal bitte ich ausdrücklich um Kommentare von Besitzern dieses Fernglases, unabhängig davon, ob sie meinen Feststellungen und Beurteilung zustimmen oder widersprechen.


Swift Audubon ED 8,5x44 (Modell Nr. 820), Preisklasse ca. 450 bis 500 Euro:

1. Aussehen, Verarbeitung, erster Eindruck von Haptik und Ergonomie
Das Fernglas wird in einer harten quaderförmigen, etwas altmodisch wirkenden Schutztasche mit nach echtem Leder riechendem Kunstlederbezug geliefert (darum herum natürlich mit einem schützenden, bunt bedruckten und beschrifteten Karton). Der asymmetrisch angeordnete messingfarbene Metallverschluß ist beim Öffnen und vor allem beim Schließen sehr laut (für Jäger und andere Tierbeobachter ungeeignet). Das Fernglas selbst macht zunächst einen guten und soliden Eindruck. Es hat eine stark verrundete Form, wirkt schlicht und etwas „bullig“. Negativ fallen allerdings gleich die primitiven Plastikdeckelchen für Okulare und Objektive auf, die keine praxisgerechten Schutzdeckel darstellen. Die Drehaugenmuscheln sind etwas zu leicht verstellbar, haben einen sehr großen Außendurchmesser und sind am Rand nicht verrundet, was bei Nichtbrillenträgern zu unangenehmen Druckstellen führen kann. Die breite Fokussierwalze in der Mitte der Knickbrücke statt am okularseitigen Ende ist ungewohnt und nicht optimal erreichbar, wenn man nicht sehr große Hände hat. Die Fokussierung erfolgt durch Okularverschiebung über eine von der Fokussierwalze axial verschobene Spindel. Der große maximale Hub von 10,6 mm läßt Zweifel an der versprochenen Wasserdichtheit aufkommen (Näheres siehe unter Punkt 13). Positiv zu beurteilen sind die versenkten Trageriemenösen, vor allem, weil die Fokussierhand wegen des sehr breiten Porro-Gehäuses genau an der verrundeten Gehäusekante aufliegt und die dort versenkte Öse nicht drücken kann. Solange man nicht fokussiert, liegt das Fernglas angenehm in der Hand. Zum Fokussieren allerdings muß man das breite Gehäuse mit der Fokussierhand weit umgreifen, weshalb der betreffende Arm nicht wie beim Halten eines Dachkantglases annähern vertikal, sondern schon fast horizontal gehalten oder am Handgelenk stark abgeknickt werden muß. Bei längerer ununterbrochener Beobachtungsdauer dürfte das stärker als nötig ermüden. Die sehr fein strukturierte Gummiarmierung fühlt sich trotz Fehlens von Rippen oder Noppen in der Oberfläche griffig an. Das Material zeigt trotz des Neuzustandes nur einen sehr schwachen Gummigeruch, und Staub bleibt daran nicht „kleben“.

2. Größe und Gewicht
Das Fernglas ist recht voluminös. Seine Länge von 140 mm bei Unendlichfokussierung (im Nahbereich bis 150,6 mm) ist fast identisch mit der eines Leica Ultravids 8x42 (142 mm), die Breite aber porrotypisch um mehr als 50% größer. Das Gewicht von 853 g liegt etwas über dem Durchschnitt dieser Größenklasse; allerdings liegt auch der Öffnungsdurchmesser (von mir gemessen: 43,7 mm) ein bißchen über dem üblichen Maß 42 mm, so daß man das Gewicht als angemessen betrachten kann. Für mich wäre es an der Obergrenze dessen, was ich einen ganzen Tag lang auf einer Wanderung mitzuschleppen bereit wäre. Die wie eine Sanitäter-Box wirkende harte Tasche bliebe bei mir auf jeden Fall zu Hause; für den Notfall (Regen, Schnee) nähme ich lieber eine klein zusammenlegbare und federleichte Plastiktüte in der Hosentasche zum Schutz des Fernglases mit.

3. Einblickverhalten
Der große Außendurchmesser von 43 mm der am Rand nicht verrundeten Gummiaugenmuscheln bereitet keine Probleme, solange die Augenweite nicht unter 60 mm liegt. Wer enger stehende Augen hat, findet dazwischen nur sehr wenig Platz für die Nase. Die Knickbrücke sollte sich laut Skala zwischen 54 mm und 71 mm verstellen lassen; tatsächlich beträgt der Bereich 55 mm bis 70 mm. Das könnte manchem „Dickschädel” nicht reichen. Die Friktion der Knickbrücke zum Einstellen auf die Augenweite des Beobachters ist gut gewählt, nicht zu schwergängig und nicht zu leicht, um sich von selbst zu verstellen. Nichtbrillenträger können bei herausgedrehten Augenmuscheln das volle Sehfeld bequem überblicken. Kurzsichtige Brillenträger können bei ganz eingedrehter Augenmuschel ebenfalls das volle Sehfeld überblicken, wenn die Brille nicht zu groß ist und das Fernglas fest gegen die Brillengläser gedrückt wird (knapper AP-Längsabstand von 12,8 mm ab Kontaktfläche). Weitsichtige, die mit Brille beobachten, haben je nach Dioptrienzahl und Brillengröße leichte bis stärkere Sehfeldeinschränkungen.

4. Dioptrienkorrektur und Überhub
Der Überhub für Kurzsichtige ist sehr großzügig bemessen, er reicht bis annährend -10 dpt (ich kann mit ca. -5 dpt ohne Brille auf unendlich fokussieren und habe dabei erst etwa die Hälfte des Spielraums genutzt). Der geriffelte Dioptrienkorrekturring am rechten Okular ist leider nicht verriegelbar und dafür zu leichtgängig, so daß er sich ungewollt verdreht, wenn die rechte Augenmuschel über einen der beiden Endanschläge hinaus weiterdreht wird (auch wenn man nur sehr wenig Kraft aufwendet). Das ist eine sehr ärgerliche Fehlkonstruktion. Die Beschriftung besteht nur aus einer Null, beiderseits je einem kurzen Pfeil und links einem Plus- und rechts einem Minus-Zeichen. Zahlenwerte, Teilstriche oder Raststufen gibt es nicht. Das erschwert das Wiederfinden der optimalen Einstellung, wenn das Fernglas von mehreren Personen benutzt wird, die verschiedene Einstellungen benötigen. Bei dem von mir getesteten Exemplar kommt hinzu, daß die Neutralstellung (= identische Fokussierung links und rechts) nicht in der Einstellposition auf 0, sondern bis zu etwa 15 mm weiter links, noch außerhalb des Plus-Zeichens, liegt. Das zeugt von mangelhafter Justage und Endkontrolle. Erheblich verschlimmert wird das alles durch eine ungleiche Okularverschiebung beim Fokussieren (Näheres siehe unter Punkt 6), die das von mir getestete Exemplar so gut wie unbrauchbar macht.

5. Sehfeldgröße
Weil dieses Fernglas in verschiedenen Vogelbeobachter-Foren speziell wegen seines großen Sehwinkels häufig gelobt wird, war ich auf meine Meßergebnisse sehr gespannt. Der Hersteller gibt auf dem Fernglas und in den technischen Daten 144 m auf 1000 m an, was schon für 8fache Vergrößerung viel und erst recht für 8,5fache sehr viel wäre und einem tatsächlichen Sehwinkel von 8,24° entspräche. Ich habe jedoch auf 7 m Fokussierabstand einen tatsächlichen Sehwinkel von nur 7,67° gemessen. Da sich bei Fokussierung durch Okularverschiebung im Gegensatz zur Innenfokussierung der tatsächliche Sehwinkel (und dazu annähernd umgekehrt proportional die Vergrößerung) mit dem Fokussierabstand ändert, muß man für unendlich umrechnen*, was in diesem Falle 7,84° ergibt und einem Sehfeld von 137 m auf 1000 m entspricht. Der Hersteller, der eigentlich schon auf diesen Wert stolz sein könnte, schlägt aber nochmals werbewirksame, aber unehrliche 5% drauf und verspricht so deutlich zuviel! Um sicher zu sein, daß mir trotz mehrfachen Nachmessens und Nachrechnens kein Fehler unterlaufen ist, habe ich in der Landschaft auf sehr große Entfernungen mit dem in der Vergrößerung gleichen und ebenfalls sehr weitwinkeligen Swarovski EL 8,5x42 verglichen: Beide Ferngläser waren auf einem sehr stabilen Stativ übereinander montiert und so ausgerichtet, daß ein und dieselbe Kante eines 150 m weit entfernten Kamins (mit dem Swarovski Laser Guide gemessen) exakt am rechten Sehfeldrand positioniert war. Am linken Sehfeldrand zeigte dann das Swift Audubon ED 8,5x44 nur geringfügig mehr als das Swarovski EL 8,5x42. Swarovski gibt für dieses EL 7,4° bzw. 130 m auf 1000 m an, was durch meine eigene Messung (7,398° ±0,03°, also zwischen 7,37° und 7,43°) sehr gut bestätigt wird. Den von Swift nicht angegebenen scheinbaren Sehwinkel des Audubons ED 8,5x44 ermittelte ich mit ca. 63,2°, wie bereits in meiner SSW-Tabelle veröffentlicht. Trotz meiner Kritik an der ziemlich saftigen „Aufrundung“ durch den Hersteller muß ich dem Audubon ED 8,5x44 attestieren, daß es ein sehr weitwinkeliges Fernglas ist.

* Diese Umrechnung ist relativ einfach: Man muß bei der Berechnung des Halbwinkels mittels der Arcus-Tangens-Funktion statt der tatsächlichen Entfernung ab objektseitiger Objektiv-Hauptebene die um die Objektivbrennweite verminderte Entfernung zugrundelegen.

6. Fokussierung
Die Fokussierwalze liegt für mein Empfinden nicht ideal; wer sehr große Hände hat oder nicht von guten Dachkantferngläsern verwöhnt ist, mag damit zufrieden sein. Ich wünschte mir eine Position näher an den Okularen (wie z.B. bei den Nikon-SE-Ferngläsern). Der Durchmesser ist gut bemessen, die Gummiriffelung fühlt sich angenehm und selbst bei großer Kälte nicht eisig an und ist sehr griffig, auch bei Bedienung mit nassen Händen oder Handschuhen. Die Drehrichtung der Fokussierwalze entspricht der der hochwertigen Dachkantgläser, also nach rechts (im Uhrzeigersinn) für weiter und nach links für näher. Die Untersetzung mit knapp über 1,5 Umdrehungen von unendlich bis zur Nahgrenze von 3,08 m ist ein bißchen „langsamer“ als bei den bekannten Top-Ferngläsern, aber noch gut innerhalb des praxisgerechten Bereichs. Man kann sehr genau und dennoch schnell genug scharfstellen. Beim Drehrichtungswechsel ist kein störendes Spiel festzustellen. Allenfalls das gelegentlich zu hörende „Schmatzen“ des offenbar überaus reichlich verwendeten Fetts wirkt etwas irritierend.

Leider mußte ich trotz der bis hierhin weitgehend positiven Beurteilung einen gravierenden und zum K.O.-Kriterium werdenden Fehler der Fokussierung feststellen: Die Brücke zwischen den beiden Okularen, die beim Fokussieren von der Fokussierspindel nach vorn oder hinten verschoben wird, verschiebt sich nicht parallel, sondern verkippt sich beim Fokussieren gegen unendlich so, daß das linke Okular um bis zu 0,4 mm tiefer eintaucht als das rechte, während sie die Brücke bei Fokussieren gegen nah entgegengesetzt verkippt und dann der rechte Okular um bis zu 0,1 mm tiefer eintaucht. Das bedeutet, daß eine Dioptrienkorrektur, die nach einer Auswärtsbewegung der Okulare vorgenommen wurde und zu gleicher Schärfe für das linke und rechte Auge führt, nach einer Einwärtsbewegung der Okulare überhaupt nicht mehr stimmt, weil zwischen beiden Okularen eine Relativverschiebung bis zu 0,5 mm stattgefunden hat. Wenn man also nun für das linke Auge scharfstellt, sieht das rechte ein deutlich unscharfes Bild, das erst nach einer neuen Dioptrienkorrektur um ca. 1,6 dpt wieder scharf wird. Sobald man neu in umgekehrter Drehrichtung fokussiert hat, kehren sich die Verhältnisse wieder um, die letzte Änderung der Dioptrienkorrektur um 1,6 dpt muß wieder rückgängig gemacht werden. Man kann diese Differenz zwischen linkem und rechtem Okularhub auch so anschaulich machen: Der auftretende maximale Fokussierfehler aufgrund der Verkippung der Okularbrücke entspricht z.B. einer Fokussierung des einen Okulars auf 10 m Entfernung mit scharfer Abbildung durch das andere Okular auf knapp 46 m Entfernung. Wer noch jung ist und über eine große Akkommodationsbreite verfügt, wird diese Probleme vielleicht gar nicht bemerken, solange er nicht darauf aufmerksam gemacht wird. Wer aber schon im Lesebrillenalter ist, weil das Akkommodationsvermögen stark nachgelassen hat, kann keine Freude an diesem Fernglas haben; es ist für ihn so wie für mich schlichtweg unbrauchbar.

Da mir ein Teilnehmer dieses Forums nach Ankündigung dieses Erfahrungsberichts unaufgefordert per eMail mitgeteilt hat, daß er an seinem Swift Audubon ED 8,5x44 immer wieder die Dioptrienkorrektur nachjustieren muß und bereits am Leistungsvermögen seiner Augen zweifelt, also mit seinem Fernglas genau das hier beschriebene Problem hat, und auch, weil man in amerikanischen Vogelbeobachter-Foren schon mehrfach Klagen über einen wackeligen Okulartrieb lesen konnte, scheint das kein seltener Einzelfall zu sein. Daher rate ich jedem, der dieses Fernglas kaufen will, zu einer gründlichen Prüfung und beim Kauf zur Vereinbarung eines Rückgaberechts (sofern dieses nicht ohnehin aufgrund eines Versandgeschäfts gesetzlich gewährleistet ist).

7. Stativbefestigung
Bei Porroferngläsern ist es nicht selten, daß sie vorn in der Knickbrückenwelle ein (meistens durch eine abschraubbare Platte abgedecktes) Gewinde für einen Stativadapter haben. Auch das Swift Audubon ED 8,5x44 hat so ein Gewinde. Es ist jedoch nicht durch eine abschraubbare Platte abgedeckt, sondern wird raffinierter vor Verschmutzung geschützt: Ein von innen her nach außen gedrücktes goldschimmerndes Kügelchen verschließt die Öffnung. Wenn man die Schraube des Stativadapters dagegen drückt, gibt die Feder hinter dem Kügelchen nach, und die Schraube kann durch Drehen ins Muttergewinde versenkt werden. Man erkennt, daß die Kugel nicht herausfallen kann, weil sie von der Feder gegen einen mechanischen Anschlag gedrückt wird - und sofort fragt sich der technisch versierte Prüfer, wie das denn sein kann, da das Gewinde doch nicht vorn enger als weiter hinten sein kann? Die Lösung ist einfach (wie viele sehr schlaue Lösungen). Das Innengewinde hat normalerweise scharfkantige, im Querschnitt keilförmige Gewindespitzen. Wenn man von innen her zylindrisch um nur wenige Zehntelmillimeter aufbohrt, also die im Querschnitt keilförmigen Spitzen geringfügig kappt, aber unmittelbar vor dem allerletzten Gewindegang aufhört, paßt das goldschimmernde Kügelchen noch durch die aufgebohrte Strecke, bleibt aber am letzten Gewindegang hängen, weil dieser nicht aufgebohrt wurde und daher eine zu kleine lichte Weite hat. Da hatte ein Konstrukteur eine nette Idee, die sich durch Vergoldung des Kügelchens auch als Design-Gag nutzen ließ und wirklich praktisch in der Anwendung ist, weil man keine Abdeckplatte braucht, die nach dem Abschrauben als loses Teil leicht verlorengehen kann.

8. Transmission und Farbtreue
Die Transmission ist nicht nur für die Preisklasse dieses Fernglases, sondern auch absolut gesehen recht gut. Das Bild ist also hell und fast farbneutral mit nur minimal warm-gelblicher Tönung, so daß es diesbezüglich auch kritische Vogelbeobachter zufriedenstellen kann. Allerdings ist es bei Porrogläsern und Verzicht auf Innenfokussierung leichter, eine hohe Transmission zu erzielen, weil alle Prismenflächen Totalreflexion ermöglichen, keine Prismenverspiegelung erforderlich ist (Aluminiumverspieglung schluckt gut 10%, Silberverspiegelung etwa 2% und erst dielektrische Vielschicht-Verspiegelung weniger als 1%) und es keine Fokussierlinsen mit je mindestens zwei weiteren Glas-Luft-Grenzflächen gibt. Ich vermute, daß die zur Spitzenklasse noch fehlende Differenz von wenigen Prozent vor allem auf eine mangelhafte Vergütung der Prismen-Ein- und -Austrittsflächen zurückzuführen ist. Man kann beim Blick von vorn durch die Objektive gut erkennen, daß die an den ebenen Prismenflächen entstehenden Reflexe von Lichtquellen sehr hell und nahezu weiß sind. Die Porroprismen sind sicher nicht mehrschicht-, vermutlich sogar nicht einmal einschichtvergütet. Eine sehr geringe Vignettierung an einer Prismenkante, die man beim Blick von vorn ins Objektiv jeweils in Richtung unterhalb der Knickbrückenachse erkennen kann, und eine zweite, noch geringere Vignettierung durch das in den Strahlengang vor dem ersten Prisma minimal hineinragende zweite Prisma, ebenfalls zur Mitte hin, aber knapp überhalb der Knickbrückenachse, haben auf das Bild so gut wie keine Auswirkungen. Auch in der Austrittspupille ist diese Vignettierung als geradlinie Beschneidung der Kreisfläche kaum wahrzunehmen.

9. Schärfe und Kontrast
Wenn das Swift Audubon ED 8,5x44 nicht das fatale Fokussierproblem aufgrund der sich mal nach links und mal nach rechts verkippenden Okularbrücke hätte, könnte man auch mit der Schärfe sehr zufrieden sein. Im zentralen Bereich bis fast 70% Radius ist die Schärfe untadelig, was sich auch bei Kontrolle mit dem 3fach vergrößernden Zeiss Mono 3x12 als Booster bestätigt. Darüber hinaus nimmt die Schärfe immer stärker ab, also schon deutlich früher als bei den Top-Ferngläsern, jedoch (auch unter Berücksichtigung des etwas größeren scheinbaren Sehwinkels) nicht sehr viel stärker als bei Leica und Zeiss (nur das Swarovski EL ist hier merklich überlegen). Allerdings bleibt der Kontrast erkennbar unter dem, den die Top-Ferngläser bieten. Man kann also oftmals mit dem Swift Audubon ED 8,5x44 fast ebenso feine Details wie z.B. mit einem Leica Ultravid erkennen, aber wenn man zuerst durchs Leica schaut, dann meint man, daß im Swift ein schwacher Schleier über dem Bild liegt, als schaute man durch eine leicht verstaubte Fensterscheibe. Und wenn man umgekehrt erst durchs Swift schaut und von der Schärfe durchaus angetan ist (zumindest monokular oder nach erneuter Dioptrienkorrektur), dann stellt sich anschließend beim Leica der berühmte „Wow-Effekt“ ein (hier quasi ein Fensterputzer-Effekt), weil das Bild merklich brillanter geworden ist. Dennoch, zum Preis von unter 500 Euro ist die Schärfe gut und der Kontrast zumindest bei Abwesenheit von starkem Gegenlicht akzeptabel.

10. Streulicht und Reflexe
Der Blick von vorn durch die Objektive ins Gehäuseinnere zeigt, daß die Innenflächen zwar schwarz, aber glatt sind. Eine große Abschattblende („baffle“) vor dem Prismenstuhl dürfte zwar einen großen Teil des davor von der Innenfläche reflektierten Falschlichts fernhalten, aber hinter der Abschattblende ist das (in Richtung des Strahlendurchsatzes gesehen) zweite Prisma völlig frei zu sehen. Eine Kante ragt sogar etwa einen Millimeter weit in den Strahlenkegel hinein (wie schon unter Punkt 8 erwähnt). Die dem Strahlenkegel zugewandte, optisch nicht aktive Seitenfläche dieses Prismas ist mattiert (wie von Schmirgelpapier zerkratzt), aber offenbar nicht geschwärzt; das läßt sich ohne Demontage leider nicht sicher beurteilen, weil bei streifendem Lichteinfall auch eine glatte geschwärzte Fläche deutliche Spiegelung erzeugt. Hier wird eine Menge Falschlicht erzeugt. Noch viel mehr Falschlicht wird im zweiten Prisma des Prismensystem erzeugt, wenn vom Rand des Sehfeldes und von knapp außerhalb helles Licht einfällt, z.B. vom hellen Himmel oder von Sonnenlichtreflexen auf Glas-, Lack-, Metall- oder Wasserflächen. Man sieht einen ganz kräftigen großflächigen Lichtfleck, als würde jemand mit einer sehr hellen Taschenlampe hineinleuchten, im Bild des rechten Rohres, wenn die blendende Lichtquelle knapp links unterhalb oder knapp rechts oberhalb des Sehfeldes liegt. Beim linken Rohr ist es spiegelverkehrt, also bei einer blendenden Lichtquelle knapp rechts unterhalb oder knapp links oberhalb des Sehfeldes. Dieses für Porrosysteme typische Problem läßt sich reduzieren oder vermeiden, wenn das betreffende Prisma etwas größer dimensioniert und die große Ein- und Austrittsfläche zwischen den beiden Bereichen ein paar Millimeter tief geschlitzt wird, um den Lichtweg einer unerwünschten zusätzlichen Totalreflexion an dieser Stelle zu unterbrechen. Diese beiden Ursache (freie mattierte Seitenfläche am und diese zusätzliche Totalrefexion im zweiten Prisma) sind ganz offensichtlich für den nicht überzeugenden Kontrast (wie unter Punkt 9 beschrieben) verantwortlich.

11. Farbsäume
Die Farbsäume an tangential verlaufenden Kanten im äußeren Bereich des Bildfeldes sind kaum stärker als bei den Premiumferngläsern zu sehen und fallen bei der Tagbeobachtung kaum auf. Allerdings ist bekannt, daß bei stärkerem Schärfeabfall zum Rand (wo auch die Farbsäume immer am deutlichsten sind) Farbsäume besser kaschiert werden. Dennoch kann man sagen, daß sich der Einsatz von ED-Glas und sein Mehrpreis gelohnt haben.

12. Verzeichnung
Das Swift Audubon ED 8,5x44 verzeichnet merklich kissenförmig, aber (geschätzt etwa um ein Drittel) weniger als die europäischen Top-Ferngläser. Das könnte noch ausreichen, um für den Globuseffekt empfindliche Beobachter zufriedenzustellen. Sicher sagen kann ich das jedoch nicht, da ich zu denen gehöre, die den Globuseffekt beim Schwenken während des Beobachtens nicht als störend empfinden und die deshalb eine geringere kissenförmige Verzeichnung bevorzugen. Die Verzeichnung ist aber stärker als bei vielen anderen Ferngläsern aus Japan, z.B. stärker als bei den Nikon-Ferngläsern der Serien SE und HG-L.

13. Wasserdichtheit
Der Hersteller verspricht Wasserdichtheit. Das wage ich nicht zu überprüfen, weil ich daran erhebliche Zweifel habe und das Fernglas so (ohne Wasser im Inneren) zurückgeben muß, wie ich es erhalten habe: Der große maximale Hub der Okulare von 10,6 mm ergibt in Verbindung mit einem Durchmesser von 33,0 mm der zylindrischen Fassung im Hubbereich ein Hubvolumen von immerhin knapp über 9 ccm pro Rohr! Das müßte bei perfekter Abdichtung zu merklichem Über- bzw. Unterdruck (Luftpumpeneffekt mit erhöhtem Widerstand beim Fokussieren) oder bei nicht perfekter Abdichtung zum Einsaugen bzw. Ausblasen von Luft führen. Auch die Tatsache, daß beim Fokussieren über einen größeren Bereich gelegentlich „schmatzende“ oder „knisternde“ Geräusche zu hören sind, als ob an der Fett-Grenzschicht Luftbläschen austräten und platzten, macht mich sehr skeptisch.

FAZIT
Wären nicht die schwerwiegenden Fehler der Fokussiermechanik und die beim Heraus- und Hineindrehen der Augenmuscheln so leicht ungewollt verstellbare Dioptrienkorrektur, könnte man dem Swift Audubon ED 8,5x44 für weniger als 500 Euro trotz der Kontrastschwäche bei Gegenlicht und einiger kleiner anderer Mängel (primitivste, leicht verlierbare Schutzdeckel, Lage der Fokussierwalze, knapper Platz für die Nase bei Einstellung auf kleine Augenweite, zu eng begrenzter Einstellbereich auf die Augenweite) ein recht gutes Zeugnis ausstellen. Mit diesen gravierenden Fokussierproblemen ist es jedoch so gut wie unbrauchbar. Wer sich dafür interessiert, sollte darum vor dem Kauf speziell diesen Eigenschaften große Aufmerksamkeit schenken und nur dann kaufen, wenn das geprüfte Exemplar diese Fehler nicht oder kaum merklich zeigt.

Wenn die bei Swift für die Konstruktion Verantwortlichen diesen Erfahrungsbericht lesen und die hier ziemlich genau beschriebenen Schwachstellen beseitigen würden, könnte das Swift Audubon ED 8,5x44 tatsächlich ein sehr empfehlenswertes und erfolgreiches Fernglas seiner Preisklasse sein. In der gegenwärtigen Ausführung aber kann ich es nicht empfehlen.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Erfahrungsbericht „Swift Audubon ED 8,5x44“ (Modell Nr. 820ED)

Walter E. Schön 9159 23. April 2009 10:40

Re: Erfahrungsbericht „Swift Audubon ED 8,5x44“ (Modell Nr. 820ED)

Werner Jülich 2850 23. April 2009 11:40

Vielen Dank für den sorgfältigen Test!

F.L. 2318 23. April 2009 12:58

Kleiner Nachtrag zur Schutztasche des Swift Audubons ED 8,5x44

Walter E. Schön 2202 23. April 2009 13:10

Ein gut geschriebener und sorgfältig begründeter Verriß

Robert Fritzen 2209 23. April 2009 14:19

Ein Ausgleichsgefäß wie bei der Heizung hilft nichts

Walter E. Schön 2792 23. April 2009 15:15

Ausgleichsgefäß im Integrierten Extragehäuse

OhWeh 1863 23. April 2009 15:56

Etwas andere Einschätzung

Manni 2280 23. April 2009 20:11

Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Sebastian Reif 2650 24. April 2009 07:41

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Michael Brücker 2307 24. April 2009 08:57

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Volker Werres 2068 24. April 2009 11:24

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Michael Brücker 2146 24. April 2009 14:58

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Volker Werres 2042 24. April 2009 16:04

Vergleich Swift Audobon, Swaro 8x30W

Michael Brücker 2017 24. April 2009 17:43

Massenpsychose

Rolf Seifert 2445 24. April 2009 09:17

Re: Massenpsychose

Dieter Schneider 2008 24. April 2009 11:14

Abzocke - Massenpsychose -Umgangsformen

OhWeh 1890 24. April 2009 11:34

Die Okularbruecke wurde schon oefter bemaengelt

Holger Merlitz 2536 24. April 2009 10:20

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Manfred Krupp 2034 24. April 2009 10:25

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Dieter Schneider 2141 24. April 2009 11:12

... die anerkannt beste Marke der Welt ...

OhWeh 2079 24. April 2009 11:39

Kritik hilft, die Produkte zu verbessern!

pepe 1893 24. April 2009 11:57

Fakten und Wertungen

konfokal 2004 24. April 2009 13:33

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Horst Büttner 1990 24. April 2009 15:02

Re: Können tausende zufriedene Audubon-Besitzer irren?

Dietmar Spiegel 1826 28. Oktober 2009 16:51

Sind Sie an dem Vorgängermodell interessiert?

Dick van den Berg 1917 24. April 2009 11:45

Ich hatte schon ein Vorgängermodell (siehe SSW-Liste)

Walter E. Schön 2148 24. April 2009 14:23

Werde das Swift Audubon 804 mitnehmen zum Forumstreffen

Dick van den Berg 1824 24. April 2009 14:53

Die gleichen Symptome

Klaus von Salzen 2267 24. April 2009 15:52

Warum so emotional?

Gunnar 2026 24. April 2009 16:55

Re: Warum so emotional?

Sebastian Reif 2259 25. April 2009 08:12

Re: Warum so emotional?

Michael Brücker 1951 25. April 2009 08:47

Ruhig bleiben, tief atmen!

Holger Merlitz 2079 25. April 2009 09:23

Frechheit!

Wiesner 2050 25. April 2009 09:24

So langsam reicht es.

Werner Jülich 2198 25. April 2009 10:15

Unsachliche und beleidigende Beiträge sperren?!

F.L. 2196 25. April 2009 11:22

Re: Erfahrungsbericht „Swift Audubon ED 8,5x44“ (Modell Nr. 820ED)

René 1906 25. April 2009 10:00

Produktpalette SWIFT

pepe 2102 25. April 2009 10:22



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