Die Behauptung, daß „unsere Wahrnehmung die Objekte ... näherungsweise winkeltreu abbildet“, ist schon allein deshalb falsch, weil sich je nach Entfernung zu einem Gegenstand die Winkel ändern, man also z.B. ein seitlich der Blickrichtung (= Richtung der opt. Achse) befindliches Fenster eines Gebäudes auch ohne Fernglas bei z.B. 50 m Entfernung vom Gebäude unter einem an deren Winkel sieht als bei 10 m Entfernung. Es wäre daher falsch, von einem Fernglas zu erwarten oder zu fordern, daß es die Sehwinkel für Mitte und Randbereich des Sehfeldes proportional vergrößert, da es doch einen näheren Standort simulieren soll. Und es stimmt ebenfalls nicht, daß das Bild „eines Fernglases ohne kissenförmige Verzeichnung ... zum Rand hin gestaucht“ ist.
Man kann sich von der Unrichtigkeit einer solchen Behauptungen wie folgt überzeugen: Man betrachte mit je einem Fernglas ohne und mit kissenförmiger Verzeichnung eine Hausfassade mit vielen Fenstern oder anderweitigen vertikalen und horizontalen Strukturen in rechtem Winkel zur Fassadenfläche aus solcher Entfernung, daß die Fassade das Sehfeld annähernd vollständig ausfüllt. Da ist beim Fernglas ohne (oder mit nur unwesentlicher) kissenförmige Verzeichnung absolut nicht am Rand gestaucht, sondern vielmehr beim Fernglas mit kissenförmiger Verzeichnung am Rand alles verbogen und auseinandergezogen, also tatsächlich „aufgebläht“!
Probleme in der Wahrnehmung ergeben sich beim Fernglas ohne kissenförmige Verzeichnung ausschließlich aufgrund anderer als der vom scheinbaren (= vermeintlich näher gelegenen) Standort aus zu erwartenden Winkel
geschwindigkeiten im Randbereich beim Schwenken des Fernglases, und das auch nur bei etwa der Hälfte der Beobachter, nämlich denen, die für den sog. Globuseffekt empfindlich sind bzw. auf ihn negativ reagieren. Bei nicht geschwenktem Fernglas zeigt das nicht verzeichnende Fernglas absolut nichts verfälscht, wenn man von der prinzipbedingten, bei keinem Fernglastyp vermeidbaren und nur vom Vergrößerungsfaktor und der Stereobasis abhängigen Stauchung in axialer Richtung (= Bildverflachung) absieht.
Ich reagiere auf diese falsche Behauptung erst heute, weil ich damals, als ich sie erstmals las, keine Zeit hatte und sie dann vergessen habe, jetzt aber beim Einstellen meiner neuen SSW-Liste wieder daran erinnert wurde.
Walter E. Schön