Da Sie über das Einblickverhalten Ihres Trinovids 8x32 BN keine Worte verlieren, nehme ich an, daß Sie damit gut zurechtkommen. Leica gibt für dieses Modell einen Austrittspupillen-Längsabstand (bei Leica als „AP-Lage“ bezeichnet) von 14,6 mm an. Dieser Wert scheint also für Sie passend zu sein.
Grundsätzlich gilt (entgegen weitverbreiteter Ansicht) keineswegs, daß das Einblickverhalten für Brillenträger besonders gut wäre, wenn der AP-Längsabstand besonders groß ist. Vielmehr ist der optimale AP-Längsabstand eine sehr individuelle Sache. Er hängt bei Brillenträgern erstens vom Korrekturwert und zweitens vom sog. Hornhautscheitelabstand (Abkürzung: HSA) der Brille ab. Der HSA ist der Abstand der augenseitigen Brillenglasfläche am Durchstoßpunkt der optischen Achse vom Hornhautscheitel, also vom Durchstoßpunkt der optischen Achse durch die vordere Hornhautfläche Ihres Auges. Ein durchschnittlicher HSA-Wert wäre ca. 13 mm, bei einer sehr großen Brille und einem hohen Nasenrücken kann er um 16 mm oder noch etwas mehr betragen, bei einer sehr kleinen Brille und einem flachen Nasenrücken nur ca. 9 mm oder noch etwas weniger. Weitsichtige benötigen einen erheblich größeren AP-Längsabstand als Kurzsichtige (gleichen HSA vorausgesetzt), und mit zunehmender Weitsichtigkeit verlängert sich der AP-Längsabstand schnell, während er sich umgekehrt für Kurzsichtige mit zunehmender Kurzsichtigkeit verkleinert, allerdings dort nur geringfügig. Die Sache ist also viel komplizierter als allgemein angenommen.
Der Korrekturwert liegt in Ihrem Falle bei ca. -3 dpt. Sie sind also mäßig bis eher schwach kurzsichtig. Wenn der HSA Ihrer Brille etwa beim Durchschnittswert von 13 mm liegt, ergibt sich dann nach meinen Berechnungen (die ich für ein Diagramm in meinem Fernglasbuch durchführte) ein idealer AP-Längsabstand von ca. 13,2 mm ab Hinterkante der Augenmuschel. Wenn Ihnen der AP-Längsabstand von 14,6 mm Ihres Trinovids 8x32 gut paßt und der Scheitel der letzten Okularlinse ca. 1,5 mm vertieft liegt (was der freien Abstand ab Augenmuschelkante auf 13,1 mm verkürzt), ergibt sich also fast perfekte Übereinstimmung.
Leica gibt den AP-Längsabstand des Ultravids 10x50 mit 15 mm an, also nur 0,4 mm größer als für Ihr Trinovid. Ein so geringer Unterschied ist problemlos, und deshalb kommen Sie mit dem Ultravid 10x50 auch gut zurecht. Für das Ultravid 10x42 dagegen gibt Leica 16 mm an, und das weicht schon um 1,4 mm (oder ca. 3,5mal so stark) vom AP-Längsabstand Ihres Trinovids ab, und darum haben Sie damit auch schon ein bißchen Schwierigkeiten. Beachten Sie bitte: Der AP-Längsabstand sollte weder zu kurz noch zu lang sein. In Ihrem Falle ist er offenbar beim Ultravid 10x42 schon geringfügig zu lang.
Aber das Problem eines zu langen AP-Längsabstandes ist einfacher lösbar als das eines zu kurzen! Sie können doch die Drehaugenmuscheln des Ultravids herausdrehen. Drehen Sie sie doch einmal nur um ca. 1,5 mm heraus (achten Sie den beim Herausschrauben auf den entstehenden Zwischenraum zwischen dem Augenmuschelrand und dem Gehäuse). Jetzt müßte der AP-Längsabstand eigentlich für Sie passend sein! Leider hat diese Position der Drehaugenmuschel an dieser Stelle keine Raststufe. Aber Sie können mal versuchsweise einen kleinen Gummiring zu einer 8 verdrehen und dann zu einem Doppelring zusammenlegen (als wären es zwei halb so große Ringe übereinander), dann über die Drehaugenmuschel ziehen und in den Zwischenraum zwischen Drehaugenmuschelrand und Gehäuse schieben. Er wirkt dann als Abstandshalter, so daß sich nun die Augenmuscheln nur soweit hineindrehen lassen, wie es für Sie optimal sein sollte. Bitte probieren Sie das aus und schreiben Sie dann, ob es so funktioniert.
Nun noch zur Richtigstellung einiger von Ihnen falsch benutzter Begriffe:
FOV ist die Abkürzung für „field of view" und bezeichnet im Englischen die Sehfeldgröße (z.B. 120 m auf 1000 m Abstand).
Was Sie meinten, ist aber weder FOV noch der „Abstand der Augenlinse zur Netzhaut" (der liegt immer INNERHALB des Auges!), sondern der „Austrittspupillen-Längsabstand“, von Leica in den technischen Daten als „AP-Lage“ und sonst häufig auch nur einfach als „Augenabstand“ und im Englischen nicht als FOV, sondern als „eye relief" oder kurz nur als "relief" oder manchmal nicht korrekt als "eye point“ bezeichnet. Diese letztgenannte deutsche Bezeichnung „Augenabstand“ sollte aber nicht benutzt werden, weil sie mißverständlich ist: sie wird auch für den Abstand zwischen den Pupillenmitten beider Augen beim Geradeaussehen auf unendliche Entfernung benutzt, der korrekt „Augenweite" heißt und auf den der Okularachsenabstand durch Knicken des Fernglasgehäuses (an der Knickbrücke) einzustellen ist.
Walter E. Schön