Lieber Herr Bauer,
mit Ihrer oben gezeigten Aufnahme bringen Sie die Sache auf den Punkt: Die Reichweite eines Großteleskops ohne adaptive Optik wird dadurch begrenzt, dass das Licht des abzubildenden Sterns aufgrund einer mit der Durchtrittsfläche des Teleskops zunehmenden Anzahl von Wellenfront-Defekten auf eine relativ große Bildfläche verteilt und auf diese Weise in seiner lokalen Helligkeit gegenüber dem ungestörten Beugungsbild entsprechend
"verdünnt" wird.
Bei kleineren Teleskopen - d.h. im Amateurbereich - besteht aufgrund des begrenzten Einfangquerschnitts immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit, zumindest
"blickweise" ungestörte Wellenfronten einzufangen und auf diese Weise Beugungsfiguren mit nur geringfügig eingeschränkter Helligkeit abbilden zu können. Solange man sich im Bereich dieser Gegebenheiten bewegt, sollten das Verhältnis der Spitzenhelligkeit im Beugungsbild zur Helligkeit des Himmelshintergrunds und damit die Reichweite des Teleskops bei vorgebenem Öffnungsverhältnis tatsächlich mit dem Quadrat des Objektivdurchmessers ansteigen. Denn die Hintergrundhelligkeit bleibt bei konstantem Öffnungsverhältnis bzw. gleichbleibender Blendenzahl unverändert, während im Beugungsbild bei gleichbeibender Größe eine mit dem Quadrat der Eintrittsöffnung zunehmende Lichtmenge konzentriert wird.
In diesem
Beitrag findet sich zum Vergleich mit dem von Ihnen gezeigten Bild des Doppelsterns Epsilon Bootis (Helligkeit 2m4) aus dem 1m-Teleskop vom Hohen List ein Bild des Doppelsterns Epsilon Arietis (4m6) mit einer Winkeldistanz von 1,44 arcsec - also rund die Hälfte der Distanz von Epsilon Bootis - aufgenommen mit meinem 0,254m-Spiegel. Unterhalb der ersten Abbildung befindet sich dort ein Ausscnitt aus dem Aufnahmevideo, welches zum überwiegenden Teil ähnliche Specklebilder aufweist wie das von Ihnen gezeigte, worin aber gelegentlich auch weitgehend ungestörte Beugungsbilder in Erscheinung treten, aus denen durch Stacken eine
"saubere" Abbildung gewonnen werden konnte. So etwas ist bei Großteleskopen nur mit adaptiver Optik zu realisieren, weil ohne diese praktisch überhaupt keine ungestörten Beugungsbilder zustandekommen.
Gruß, Jan Fremerey