Hallo Dominique,
Ihre Ausführungen zeigen sehr schön, dass die Vorhersage der Intensitäten der Spikes nicht eben einfach ist.
Ich möchte anmerken, dass hierbei nicht die Fläche der Fangspiegel Halterungen oder des Sekundärspiegels die Hauptrolle spielt. Denn das Ausblenden einer Fläche erzeugt nicht im gleichen Umfang seiner Fläche Streulicht, da das Licht ja ausgeblendet wurde. Daher spiegelt die Intensität der Beugungsbilder sicherlich nicht das Flächenverhältnis zwischen freier Öffnung und Abschattung wieder. Hier liegt sicherlich ein Irrtum, denn die Verhältnisse sind erheblich komplizierter. Vielmehr hängt es davon ab, wie das Licht um die Halterungen herum oder an Staub auf der Optik gestreut wird. Das Beugungsbild ist schließlich ein Ergebnis des gebeugten Lichtweges an Kanten im Strahlengang, in dessen Verlauf sich positive Verstärkung oder negative Reduktion der Bildintensität durch Interferenz der Wellen ergibt.
Besonders störend fallen diese Effekte übrigens in extremen Langbelichtungen auf, bei denen man durch Addition vieler Bilder und Belichtungen im Stundenbereich bereits für Sterne mit Magnituden um V=11 und darunter noch Beugungslicht als "Spikes" finden wird.
Experimentell wurde das bereits frĂĽher auf photografischem Wege untersucht. Hierzu ist ein Blick in diese Arbeit zu empfehlen:
Everhart, E.; Kantorski, J. W., 1959. Diffraction patterns produced by obstructions in reflecting telescopes of modest size, Astronomical Journal, Vol. 64, p. 455
Leider ist die Online Version des Artikels beim Nasa ADS unvollständig eingescannt worden. Es gibt hier auch eine Abbildung der Streulichtverhältnisse, die man damals (1959) schon für so eine abenteuerliche Konstruktion wie dem Vixen VMC110L nachgewiesen hat. Kein sehr schönes Beugungsbild mit einer runden Spinne.
Die einzige genaue, theoretische Vorhersage der Beugungsfiguren und ihrer Intensitäten, welche man im Bild finden wird, ist über die Fourier Transformation der (modellierten) Pupillenfunktion möglich. Allerdings wird man mit dem realen Teleskop noch allerlei "Schmutzeffekte" finden, da kleinere Fehler in der Optik hier noch einen Phasenversatz einer Lichtwelle hervorrufen. Dies bedeutet andere Gewichtungen in den Beugungsfiguren, welche Aberrationen von den theoretischen Beugungsfiguren eines idealen Spiegels hervorrufen. Man kann diese Fehler auch gut mit dem Auge sehen und daher versuchen, die Optiken dementsprechend zu justieren, bis die Fehler minimal werden. Solche Fehler bestehen beispielsweise in der optischen Oberflächengüte der Spiegel (Welligkeit der Oberfläche ausgedrückt als Mittelwert in Bruchteilen der Lichtwellenlänge vom Ideal) oder Einflüssen der Erdatmosphäre.
Die Helligkeit der Spikes hängt daher nicht von dem Flächenverhältnis der abgeschattenen Fläche und der freien Öffnung ab, sondern von der Form und Dicke der Halterungen.
Hier scheiden sich die Geister nun. Denn es ist kaum bekannt, dass richtig fette Abschattungen von der Dicke des Fangspiegels selbst wesentlich weniger Spikes liefern, was photometrisch eigentlich eher wünschenswert wäre. Während gerade die dünnen Spiegelhalterungen für die hellen flächigen Spikes verantwortlich sind, welche bei der Vermessung von Helligkeiten erheblich mehr stören werden, weil sie nur noch schwer in den Griff zu bekommen sind.
Mit anderen Worten: Man kann versuchen die Fangspiegelhalterungen immer dünner werden zu lassen, um durch eine flächige Verteilung des Beugungslichts deren Helligkeit zu reduzieren. Denn mit der Reduktion der Dicke der Fangspiegelstreben, werden deren Beugungsfiguren breiter ausfallen. Das Licht verteilt sich dabei allmählich in der zunehmenden Fläche, über die es verteilt wird. Völlig verschwinden werden die Beugungseffekte jedoch nicht durch dünnere Fangspiegelstreben. Eher werden die Einflüsse verschwinden durch dickere Fangspiegelhalterungen, da ihre Ausdehnung bald in der Größenordnung der Beugungsfigur der Apertur selbst liegen wird. In diesem Fall fallen die zusätzlichen Beugungseffekte bald unter die Grenze der Seeingdisk und fallen nicht mehr auf.
Den experimentellen Beweis dieser scheinbar "absurden" Theorie sollte freilich jeder fĂĽr sich ausprobieren.
Viele GrĂĽĂźe
Thilo Bauer
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.10.12 10:27.