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Bonner Montierung mit 500er Aeppli

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Eduard Hoffmann
17. April 2001 09:50
Zu Ostern wünsche ich alles Gute.
Nach mehreren Etappen ist der versprochene Erfahrungsbericht endlich fertig geworden.

Astronomie ist auch eine Standortfrage.
Dies kann ich nach meinem Umzug von Rottweil nach Südfrankreich bestätigen. Ich besitze eine kleine, private Sternwarte in den Seealpen. Ich wohne etwa 30 Kilometer nördlich von Menton, 970 Meter hoch. Meine Kunden wohnen in Norditalien und in Südfrankreich, da paßt Menton sehr gut.
Astronomisch sind die Bedingungen deutlich besser als in Deutschland. Bei unseren Koordinaten von 43° 50' nördlicher Breite und 7° 15' östl. Länge hat man noch Ende Mai einige Stunden lang dunklen Nachthimmel, ungefähr soviel wie in Rottweil Ende April.
Dadurch ist der Gewinn an astronomisch brauchbaren Nächten enorm. Außerdem ist es im Winter geringfügig wärmer. Wir haben etwa 850 mm Niederschlag, ähnlich viel wie in Rottweil, glücklicherweise aber konzentriert auf wenige Monate. Nach meinen Aufzeichnungen könnte ich an etwa 100 Tagen beobachten. Von diesen läßt der Beruf etwa 60 Tage übrig. Diese verbringen wir häufig in der Sternwarte.

Die Sternwarte liegt am hinteren Teil unseres Grundstückes, fast 150 Meter von unserem Haus entfernt. Die schwach befahrene Landstraße ist über 200 Meter entfernt, außerdem liegt sie viel tiefer. Man kann den Schein der Autolichter auf der Straße sehen, muß aber nicht hinschauen und wird dann auch nicht gestört. Die Sternwarte besteht aus einem isolierten Fundament für die Montierung, umschlossen von einem ebenerdigen Gebäude von 12 x 6 Metern. Der größte Raum von 5 x 6 Metern ist der eigentliche Beobachtungsraum. Hier haben wir einen Fußboden aus massiven Balken und darüberliegenden 30 mm starken Bohlen. Ein kleines
Fotolabor sowie ein weiterer Raum mit einigen Werkzeugmaschinen und diversen Utensilien belegt den restlichen Platz. Das Dach ist eine Eigenkonstruktion aus Holz, beschichtet mit 0,5 mm Blech, beklebt mit 3 Lagen Teerpappe. Zur Wärmeisolation wurden 150 mm Glaswolle verarbeitet, eine unangenehme Arbeit, die aber nützlich war.
Das komplette Dach läßt sich mit einem Elektroantrieb um 5 Meter verschieben, so entsteht eine große Öffnung, die sich schnell temperiert. Dies ist besser und preiswerter als eine Kuppel. Notwendigerweise ist die Eingangstür mittlerweile mit einem Eisenriegel und Vorhängeschloß gesichert. Um die Sternwarte herum haben wir als Sichtschutz Büsche gepflanzt. So sieht es von weitem eher wie ein Stall
oder ein Schuppen aus. Das Gebäude ist in Eigenleistung entstanden. Die Baugenehmigung bestand in einem kurzen Prüfen unserer Baupläne und einem zustimmenden Nicken. Man denkt in Frankreich nicht so formal.

Zu unseren Instrumenten.
Wir haben eine "Bonner Montierung", ich glaube sogar, wir waren der 3. Käufer überhaupt. Dabei handelt es sich um eine deutsche Montierung, ausgeführt als Knicksäulenmontierung. Auf der Suche nach einer größeren Montierung habe ich Herrn Knapp, dem Fachmann bei Franckh-Kosmos um
seinen Rat gefragt. Er nannte eine Reihe von Namen: Wachter, Rupp, Siederis, Lichtenknecker, Alt sowie die o.g. Bonner Montierung, von der damals ein Exemplar im Ausstellungsraum in Stuttgart stand. Nach intensiver Besichtigung habe ich dann eine solche Montierung in Bonn erworben. Dies habe ich bis heute nicht bereut.
Da es sich um eine Kleinstserie handelt, konnten meine Wünsche wie Farbe, Knicksäule, Grundplatte, Höhe, berücksichtigt werden. Nach einem guten Jahr Wartezeit wurde sie dann auf dem vorbereiteten Fundament befestigt. Meine erste Optik war der 12,5" Newton von Meade, den ich bei Kosmos erworben hatte.
Mit diesem Tubus wurde die Montierung solange gescheinert, bis meine Ansprüche erfüllt waren.
Bei den üblichen Montierungen ist dies eine kraftraubende Geschichte, denn es werden ja einige Kilogramm bewegt. Bei meiner Montierung geschieht dies durch leichtes Drehen an einem Rändelrad. Die Kraft wird dann hydraulisch übertragen, was eine ungewohnte Präzision und leichtgängigkeit ergibt. Diese Leichtigkeit sorgt für eine sehr gute Ausrichtung, denn es macht keine Mühe, auch kleinste Korrekturen durchzuführen. Es versteht sich, daß die Klemmung der Polhöhe vom tragenden Bolzen entkoppelt ist.
Bemerkenswert war auch der Aufwand, der in den Antrieb investiert wurde. Damals wie heute, haben die anderen Anbieter bei den Antrieben simple
2-Phasen-Schrittmotoren mit mäßiger Dynamik und geringer Auflösung im Einsatz. Entsprechend kostenbewußt wurden auch Lager, Schnecken und
Schneckenräder ausgewählt.
Die von Jülich gewählte Lösung war um ein mehrfaches teurer, funktionierte dafür aber auch famos. Um das Lagerspiel zu minimieren wurden in dieser Montierung Schrägkugellager, sogenannte Hochgenauigkeitslager eingesetzt. Diese kan man mit ein wenig Sorgfalt sehr genau einstellen. Das war mir den heftigen Mehrpreis gegenüber normalen Kegelrollenlagern wert. Die verwendeten Berger-Lahr Motoren waren in der Auflösung 5 mal besser, in der Dynamik, das heißt der Spanne zwischen minimaler und maximaler Geschwindigkeit sogar 20 mal. Dies hat mich als mit Technik vertrauten Menschen überzeugt. Man konnte hoch Auflösen und trotzdem sehr schnell positionieren. Nach dem Eintippen der Koordinaten in einen PC wird das gesuchte Objekt zuverlässig und sekundenschnell in die Bildmitte meines
K125-Suchers positioniert.
Ich habe damals vorsichtshalber einen Freund, Ingenieur bei der Renk AG, hinzugezogen. Dort wurden damals die Antriebe für die großen Zeiss-Geräte produziert. Er hat sich wirklich bemüht, Haare in der Suppe zu finden, hatte auch ein paar Dinge, die geändert werden sollten und war zum Schluß ebenfalls überzeugt, so sollte eine moderne @#$%&Montierung ausgestattet werden.

Jetzt fehlte noch die Optik. In kluger Voraussicht hatte ich das Säulenfundament refraktorhoch geplant. Käme dann doch ein Newton,
müßte man sich halt einen verstellbaren Boden oder ein Podest einfallen lassen.
Mein erstes Instrument war ein Zeiss AS 200/3000. Ein Händler in Zürich hatte ein gebrauchtes Gerät als Occasion inseriert. Die Adaption neben dem Meade auf meiner Aufnahmeplatte war schnell gemacht. Dieses Instrument habe ich immer noch. Es wurde so montiert, daß es auch als Leitrohr dienen kann.
Ein befreundeter Astronom aus dem Observatorium Haute Provence war mehrmals zu Gast und versprach, einmal Zubehör mitzubringen, wenn ich einen geeigneten Newton hätte. Über Herrn Jülich ergab sich dann ein Kontakt zu Herrn Aeppli, einem schweizer Busunternehmer, der im Nebenberuf Spiegeloptiken herstellte.
Dieser hatte noch einen 500 mm Spiegel, ein Muster für die ETH, der nur neu belegt werden müßte. Dies erledigte dann die Balzers AG mit einen neuartigen Belag von 92,5 % Refelexionsvermögen.
Fangspiegel, Komakorrektor für 6 x 6 Bildfeld waren ebenfalls vorhanden. Er versprach auch Spiegelzelle, Fangspiegelhalterung und Gittertubus zu liefern. Es dauerte wieder ein Jahr, bis wir unser Instrument auf dem Berg hatten. Bei der ersten Beobachtung entdeckte mein fachkundiger Freund einen Fehler, der durch den Fangspiegel verursacht wurde. Dieser Fangspiegel wurde innerhalb weniger Monate getauscht. Das zweite Exemplar ist einwandfrei und wird regelmäßig benutzt.

Was kann man von einer solchen Optik erwarten ?
Bei einer Brennweite von 2200 mm produziert der Mond ein fokales Bild von ungefähr 20 mm Durchmesser mit einer Auflösung von knapp 0,3", wenn das Seeing mitspielt. Das Seeing spielt so gut eigentlich nie mit. In der Realität erreicht man in den tollsten Nächten für ein paar Minuten vielleicht weniger als 0,7". Durch eine Interferrometeranordnung mit Objektivblende mit 400 mm Abstand kann man aber eine Auflösung der Optik von 0,35 erzielen, allerdings entsteht nur ein Streifenmuster des Sternes, nicht sehr ästhetisch.
Bleibt man bei 0,7" so bedeutet dies bei 2200 mm Brennweite einen Bildpunkt von etwa 13µm. Meine CCD-Kamera hat bei 1640 x 1640 Pixeln eine Pixelgröße von 9x9 µm. Hält man sich an die üblichen Regeln, so sollte das Beugungsbild mindestens 2 Pixel in beiden Achsen bedecken, sonst sind die Ortsangaben zweifelhaft. Hier fängt dann der Konflikt an. Um ein hochauflösendes Vollmondbild abzubilden, sind bei meiner CCD-Kamera mindestens 3,5 Meter Brennweite notwendig. Dann ist aber mein CCD-Chip viel zu klein.
Setzt man einen feinkörnigen Film ein, kann man bei 6 x 6 Format auf 6,5 Meter Brennweite gehen. Dann wird aber wegen der notwendigen Belichtungszeit das Seeing zum begrenzenden Faktor.
Ich habe in der ganzen Zeit mit dem Newton kein wirklich perfektes Mondbild auf Film gewinnen können. So gut ist dieser Aufstellungsort leider doch nicht.

Bei länger belichteten Bildern entscheidet die Nachführgenauigkeit der Montierung, wie groß der verschmierte Beugungspunkt wird. Da es Tage gibt, wo die Gesamtgenauigkeit unter einer Bogensekunde bleibt, kann ich mit der Montierung zufrieden sein. Man sollte sich überlegen, daß die Nachführgenauigkeit auch die Belichtungszeit beeinflußt.
Häufig benutzen wir die normale Rollei. Damit erhält man eindrucksvolle Bilder von 4 fach ausgedehnteren Himmelsregionen, die mit meiner CCD so nicht möglich sind.
Die Bilder entwickeln wir selber. Farbaufnahmen entstehen immer erst im Labor als Kombination von drei gefilterten s/w Aufnahmen.
Zur visuellen Beobachtung haben wir die Möglichkeit den Komakorrektor durch einen Okularauszug System 67 zu ersetzen. Dies erlaubt den Einsatz von handelsüblichen Komponenten, vor allen Dingen von guten Schott-Filtern. Dies macht sich bei der Planetenbeobachtung bemerkbar. Mit diesen Filtern und einer Vergößerung von über 500 fach ergeben sich immer wieder kurze Momente, bei denen das Seeing für einen Blick perfekt ist. Das Bild ist immer noch hell genug und man sieht auch sehr feine
Details.
Die Stärke unseres Newton liegt jedoch im Bereich entfernter, kleiner Galaxien. CCD-Aufnahmen aus dem Comahaufen zeigen Galaxien bis hinauf zur 20,5. Größe.
Auf chemischem Weg gewonnene Bilder kommen immer noch auf knapp 18 Magnituden.
Die Qualität des Gesamtsystems sieht man nach einem Abzug auf 30 x 30 cm Papier. Wenn wir ordentlich gearbeitet haben, sind die Vordergrundsterne am Rand kaum merklich größer als in Bildmitte. Lediglich der Helligkeitsabfall um 0,5 Magnituden am Rand zeigt eine geringe Vignettierung. Dies kommt auch bei Sternwarteninstrumenten vor und sollte auch Perfektionisten wie mich nicht weiter sorgen.
Visuell ist ein solcher Spiegel ebenfalls eindrucksvoll.
Ausgestattet mit aktuellen und "historischen" Nachschlagewerken lohnt die Jagd auch auf schwierige Objekte. Unsere Versuche mit verschiedenen Okularen haben dann erstaunlicherweise gezeigt, daß Vergrößerungen unter 75 fach keine weiteren Vorteile bringen. So kommen die langen Okulare
von Lichtenknecker oder die populären 2" Boliden aus amerikanischer Entwicklung hier nicht zum Einsatz. Wir benutzen einige Okulare von Zeiss sowie ein empfehlenswertes Mikroskopokular von Leica. Bei kurzen Brennweiten kommen LV-Okulare von Vixen, manchmal kombiniert mit der Barlowlinse von Lichtenknecker zum Einsatz. Wir benutzen am Newton kein Binokular.

Da bei zenitnahen Beobachtungen der Einblick ungefähr 240 cm über dem Boden ist, haben wir ein solides, fahrbares Podest gebaut.
Diese verfügt über ein Geländer und ist sehr bequem zu nutzen. Man schiebt es in Position, fixiert es durch Herunterklappen einer
Mechanik stabil auf dem Boden und steigt dann 4 Stufen hoch. Die Beobachtung in völliger Finsternis schärft unsere Sinne, ein
wackelndes Podest lenkt dabei ab.

Unsere Freunde können wir in zwei Gruppen einteilen, nämlich jene, die uns besuchen weil wir ein Teleskop haben und jene, die uns besuchen, obwohl wir ein Teleskop haben. Natürlich sind wir wie alle Hobbyisten vom Missionarsbazillus befallen. So haben wir einige Paradeobjekte für beide Gruppen, die wir bei gutem Wetter vorführen.
Dabei ist für den Vorführerfolg bei unseren astronomieresistenten Freunden die Sichtbarkeit von Mond, Saturn oder einem ausreichend hellen Kometen entscheidend. Wir achten sorgfältig darauf, diese Vorführungen nicht zu überziehen.
Die astronomisch Interessierten wollen eher den Unterschied zwischen ihrem C8 und unserem Aeppli sehen. Also die Gasbrücke in M51, den Zentralstern im Ringnebel, oder Pluto.
Da ein junger Mann aus dem Nachbardorf in Paris Physik und Astronomie studiert, ist er häufig am Wochende und in den Ferien bei uns. Wir profitieren von seinem aktuellen Wissen, er hat unser Instrument zur eigenen Verfügung, was in seinem Institut nur selten erlaubt ist.

Sehr schnell bemerkten wir, daß es doch recht viele Nächte gab, bei denen der Newton vom Seeing gebremst wurde. Dies waren die Nächte, in denen der leuchtende Mond unsere Suche nach schwachen Objekten bremste. Der Himmelshintergrund war zu hell.

Ein Blick durch den Zeiss AS zeigte dann den Zusammenhang zwischen Seeing und Objektivdurchmesser. Der Zeiss wurde vom Seeing kaum beeinflußt. Allerdings war trotz höherer Montierung der visuelle Einblick unkomfortabel. Um den Einklick ergonomischer zu gestalten, wurden 2 Varianten diskutiert. Entweder eine Tangentialverstellung um etwa 600 mm oder eine Verkürzung des Tubus durch den Einsatz eines Planspiegels. Wir entschieden uns für die zweite Variante.
Der Tubus wurde gekürzt. Ein Planspiegel der Firma Lichtenknecker wurde in ein stabiles Gehäuse montiert und arbeitet wie ein
großdimensionierter Zenitspiegel. Dadurch wurden etwa 55 Zentimeter gewonnen, ausreichend für ermüdungsfreies Beobachten im Zenit. Normalerweise beobachten wir hier durch ein Zeiss- Binokular, was in Verbindung mit einer leichten Barlow Okularbrennweiten oberhalb von 10 mm erfordert. Durch das beidäugige Sehen erhöht sich die nutzbare Maximalvergrößerung auf etwa 400 fach. Ohne Farbfilter sogar noch höher. Allerdings sind Binokulare nicht für jeden Beobachter geeignet. Einige Augenfehler machen das binokulare Beobachten fast unmöglich.
Das Zeiss AS ist unser Planeteninstrument. Es ist eigentlich immer nutzbar.

Was zu einer Sternwarte gehört ist ein Weitwinkelinstrument zur Aufnahme von Himmelsregionen. Die Flatfieldkameras von Lichtenknecker sind aber nicht für das Mittelformat ausgelegt. So nutzen wir bisher mit viel Erfolg ein modifiziertes Zeiss Distagon an der Rollei. Mit dieser Optik können wir etwas mehr als 6° große Areale aufnehmen. Dabei ist der TP nach etwa 40 Minuten ausbelichtet. Diese Optik ist so gut, daß der Wunsch nach einer astronomischen Weitwinkeloptik zurückgestellt wurde.

Rechnet man die Laborarbeiten mit, verbringen wir etwa 600 Stunden im Jahr in unserer Sternwarte. Dies möchten wir noch viele Jahre tun.

Eduard Hoffmann



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 20.03.07 20:39.
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Bonner Montierung mit 500er Aeppli

Eduard Hoffmann 4064 17. April 2001 09:50



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