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Erfahrungen mit 150 mm Kutter + 300 mm Newton

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W. Schmidt
27. Dezember 2000 13:32

Mein erstes kleines Fernrohr war ein Meade 80/1200 Fraunhofer auf einer unterdimensionierten parallaktischen Montierung.
Nach diesen ersten Schritten wollte ich etwas mehr. Wir wohnen im eigenen Haus etwas außerhalb von Rheinbach und werden wohl nicht mehr umziehen. So lohnte die Investition in eine Beobachtungshütte. Die Hütte besteht aus Holz, mitten im Holzfußboden ist ein Ausschnitt für die Säule, die auf einem selbstbetonierten Fundamentklotz ruht. So erreiche ich eine gewisse Entkoppelung gegen Trittschall. Das Dach läuft auf Gummirollen in einem U-Profil und kann von einer Person leicht verschoben werden.
Als Montierung benutze ich ein modifiziertes Modell von S. Rupp, das ich, leicht beschädigt, sehr günstig erworben und überholt
habe. Wie bei allen größeren Montierungen merkt man auch der Rupp an, daß die Erbauer mehr Kenntnisse in Mechanik haben und mit der Antriebstechnik etwas nachhinken. Ich habe daher nach Rücksprache mit Herrn Jülich und Herrn Licht von der GMD die vorhandenen bipolaren Schrittmotore durch hochdynamische 5-Phasen-Motoren von Berger Lahr ersetzt. Diese zeichnen sich durch eine höhere Auflösung von 1000 Schritten/360° und eine viel höhere Dynamik von bis zu 120 Khz aus. Allerdings benötigt man eine aufwendige elektronische Steuerung.
Die Steuerung habe ich selber in Turbo Pascal geschrieben. Dies war einerseits notwenig, um die reine Industriesteuerung an die
Bedürfnisse des Astroamateurs anzupassen, andererseits ein tolle Herausforderung. Es versteht sich, daß dieses Programm ständig Verbesserungen erfährt.
In ersten Version gab es lediglich eine Nachführgeschwindigkeit und Vielfache davon.
Dann konnten Objektkoordinaten eingegeben werden.
Gleichzeitg gab es eine vernünftige Initialisierung.
Dann wurde der Schneckenfehler minimiert.
Dann wurde eine automatische Nachführung entwickelt und aufgebaut.
Also CCD-Array, Elektronik, Kodierung der Soll/Ist-Abweichung in binäre Werte, Übermittlung der Werte in mein Programm.
Dann habe ich schnell erkannt, daß die Regelung so schnell ist, daß man auf eine separate Schneckenfehlerkorrektur verzichten
kann.
Es brauchte allerdings Monate, bis man einer hochdynamische Regelung die Hysterie abgewöhnt hat. Jetzt ist die Regelung in der
Lage, massive Kräfte, die auf die Nachführung einwirken, bereits nach der ersten Halbwelle unschädlich zu machen. So sind auch längere Belichtungszeiten möglich.

Wer soweit ist, erlebt, daß die Steuerung vom Seeing beeinflußt wird. Ich habe also eine Möglichkeit gesucht, das Seeing möglichst
reproduzierbar zu bewerten.
Ich habe dann folgende, preiswerte Lösung gefunden:
Ich lasse das fokussierte Sternlicht durch einen 150x25µm Spalt auf einen Fototransistor fallen. Der Spalt ist in Bewegungsrichtung des Teleskopes ausgerichtet. Die Spannung des Fototransistors werte ich alle 0,1 Sekunden aus. Sinkt die Spannung auf unter 1/3 des maximalen Wertes, erhalte ich eine Null, sonst eine Eins. Diesen Wert habe ich empirisch gefunden.
Meßwerte während notwendiger Korrekturen in DEC werden nicht berücksichtigt. Alle 30 Sekunden gibt das Programm den aktuellen
Seeingwert aus.

Dann gilt für meinen Standort und meine Optiken:
Planeten- und Mondfotografie auf chemischer Basis ist ab einem Wert von 0,7 gut möglich . Digital geht es schon ab 0,6. Hier setze ich dann meinen Kutter mit 150 mm Öffnung ein.
Visuell reicht für den Kutter 0,5, für den Newton benötige ich aber immerhin 0,7.
Sinkt dieser Wert oder sind keine attraktiven Planeten zu sehen, benutze ich eher meinen 1:4,8 Newton mit 300 mm Öffnung.

Interessant sind die Seeingdaten über meine Beobachtungszeit.
2% des Seeings sind besser als 0,7, das bedeutet, nur in diesen Fällen lohnt der Einsatz des Newton am Planeten.
15% des Seeings sind besser als 0,5, reichen also visuell und digital für den Kutter aus.
30% sind besser als 0,4, was beim alten 80er von Meade überhaupt nicht stört, dagegen beim Kutter schon sehr nervt.
Ich bin daher immer skeptisch, wenn Leute mit Ihrem 10Zöller Spaß an der Planetenbeobachtung angeben.

Die Rupp-Montierung könnte sicher auch noch einen etwas größeren Spiegel tragen, doch wäre dies an meinem Standort nicht sehr wirtschaftlich.
Nach intensiven visuellen und photoelektrischen Prüfungen der Hintergrundhelligkeit muß man akzeptieren, daß 40-50% meines Beobachtungshimmels für flächige Objekte nur begrenzt tauglich sind. So liegt im Norden, 35 Kilometer entfernt Köln, im Nordosten die Raffinerien von Wesseling, direkt im Osten Bonn etwa 25 Kilometer entfernt. Die Grenzgröße ist daher in diesen Richtungen bis weit in den Zenit meistens 4,7 Magnituden, bestenfalls 5,2 Magnituden. Dagegen im Süden und Westen mindestens 0,4-0,5 Magnituden höher.

Es geht mir daher wie in der Waschmittelwerbung, meine DeepSky-Fotos leiden häufig unter einem Grauschleier. So habe ich mich
entschieden, mir andere Aufgaben zu stellen. Ich jage photografisch Kleinplaneten, messe Veränderlichenkurven und
fotografiere Nebel wirklich nur an den Tagen, die optimal sind, also 2-3 mal im Jahr.

Für diese Fälle benutze ich eine mechanische F1 von Canon. Vorher muß der Newton aber mit einem Komakorrektor ausgestattet werden, denn ohne ist selbst dieser schöne Newton von Lichtenknecker Optics nicht geeignet, das KB-Format vernünftig auszuleuchten.
Ich kann jedem Amateurastronom empfehlen, ein Schlechtwetterprogramm zu entdecken. Früher war das die
Dunkelkammer, heute bietet sich Basteln und Programmieren an.

Mit meiner Optikausstattung bin ich sehr zufrieden, es lohnt in Lichtenkneckerprodukte zu investieren. Der Kutter zeigt sich,
wärmebedingt, ungesellig, aber die Astronomie ist ja, um Doctore Jülich zu zitieren, eher "ein egoistisches Hobby, es kann immer
nur einer durchsehen". Aber alleine benutzt ist der Kutter ein bezahlbarer Traum.
Der Newton ist, wie ich im Vergleich zu anderen Newton weiß, ein ausgesprochen hochwertiges Produkt.
Die Montierung von Rupp ist eher etwas grob, erfüllt aber jetzt zuverlässig und genau ihre Aufgabe.
Die Canon ist bis hinab auf -10°C zuverlässig, tieferen Temperaturen sollte sie nicht ausgesetzt werden. Die Auswahl der
Sucherlupen und Sucherscheiben ist sehr gut.
Meine Selbstbaukomponenten sind wahrscheinlich total überdimensioniert, der typische Anfängerfehler. Sie arbeiten aber
einwandfrei.

Spannend finde ich, sich bis zu einem eigenen Programm durchzubeißen. Absolut notwendig, viele Dinge selbst zu machen,
weil man dies einfach nicht kaufen kann. Es gibt keine Holzhütte mit ausgeschnittenem Fußboden und fahrbarem Dach. Es gibt auch
keine Auswerteelektronik, denn auch die großen Institute und Sternwarten entwickeln, wie ich von Prof. Geyer vom Hohen List
weiß, diese Komponenten meistens selber.

Jeder wird wissen, wieviel er in welche Optik investieren will, zum Glück haben wir ja einen vollkommen verschiedenen Geschmack. Aber es ist nicht verkehrt, beim Kauf des größeren Instrumentes die kleinere Öffnung zu behalten.

Werner Schmidt

Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Erfahrungen mit 150 mm Kutter + 300 mm Newton

W. Schmidt 4244 27. Dezember 2000 13:32



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