Ich hatte die Gelegenheit, ein Leica APO Televid 77 mit einem Kite SP ED 80 zu vergleichen. Dieser Vergleich ist vielleicht auch deshalb von Interesse, weil Leica neue Spektive angekündigt hat, die auf die Preise der guten Vorgänger drücken. Ich habe zusammen mit dem 20-60 Vario vor ein paar Jahren 1650 Euro bezahlt, das Kite kostete vor einigen Tagen 1330 Euro, ebenfalls mit dem Vario.
Mein Eindruck am Himmel.
Mir imponiert immer wieder, wie gut das Leica mit kritischen Kontrasten klar kommt. Die Mondsichel sieht bei 60facher Vergrößerung weißgrau aus, die Kraterränder stechen sauber in tiefem Schwarz hervor. Die immer wieder geäußerten Sorgen über mangelnden Kontrast durch die Variookulare kann ich nicht bestätigen und auch das Sehfeld ist spätestens ab 40facher Vergrößerung einwandfrei. Ein Farbsaum am schwarzen Kraterrand ist nicht zu sehen, dito zeigt sich der Mondrand zum schwarzen Hintergrund des Weltraums wie ausgestanzt.
Die allseits bekannten Plejaden zeigen die berühmten feinen Sternpunkte auf schwarzem Hintergrund, Umschärfen durch Bildfeldwölbung sind erst weit aus der Mitte zu erkennen.
M81-M82 sind noch in Reichweite.
Rigel wird als sauberer Punkt abgebildet, sehr hell, nicht verfärbt.
Dafür, daß man den namen Kite nicht kennt, hat das Spektiv einen mutigen Preis. Es wird mit 3 mm mehr Öffnung geliefert und neben dem Leica wirkt es angenehm leicht und regelrecht zierlich. In dieser Disziplin wirkt das Leica hoffnungslos überholt.
Es mußte zur gleichen Zeit am gleichen Ort die selben Himmelsobjekte zeigen. Wie schneidet es ab?
Erste positive Überraschung, die Mondsichel sieht aus wie im Leica, fast jedenfalls, denn im direkten Vergleich gibt es einen kleinen Unterschied, der Mond wirkt sogar noch grauer, zeigt auf der Fläche noch weniger Verfärbung als im APO Televid. Das hat uns dann doch beeindruckt und dieser positive Eindruck wird auch bei näherem Hinschauen nicht getrübt. Der Begriff Kalkweiß trifft auf das Kite zu, die Farbwiedergabe ist überzeugend.
Es gibt allerdings einen kleinen Farbsaum, der die schwarzen Kraterränder blauviolett überzieht. Ich wette, er wird den meisten Beobachtern nicht auffallen, so gering ist er.
Wer sucht, wird aber in der Z-Achse um den Mond herum eine ganz kleine Aufhellung finden, die von einem Reflex an der Innenseite der Taukappe herkommt. Verlängert man nämlich die ausgezogene Taukappe mit einem simplen schwarzen Pappkarton um 5-6 Zentimeter, dann verschwindet diese Aufhellung sofort. Es ist auch nicht viel, man sieht es nur im Vergleich zur Referenz.
Die Plejaden werden nicht mehr ganz so gut abgebildet und auch Rigel macht keine sonderlich beeindruckende Figur, weil man nicht in der Lage ist, einen echten Sternpunkt einzustellen. Der optimal eingestellte Rigel wird von einem feinen horizontalen Strich begleitet, der sofort verschwindet, wenn Rigel zum Bildrand driftet.
M81-M82 sind dagegen tadellos, kein Unterschied zum Leica.
Das Kite hinterläßt bei uns einen überwiegend positiven Eindruck. Die Probleme mit der Sternpunktabbildung können vom Variookular kommen, da müßte man ein weiteres Exemplar ausprobieren. Die kleinen Aufhellungsprobleme kann man mit einer Verlängerung der Taukappe beseitigen. Überzeugend ist das günstige Gewicht.
Überzeugend ist auch die Ausstattung mit der Armierung, hier bekommt man eine Menge geboten. Etwas nachlässig erscheint mir bei dem Testexemplar die Justage der Fokussierung, diese hat Spiel, wie man beim Sternscharfstellen feststellen konnte. Der Nahbereich ist besser als beim Leica, der Überhub ist für meinen Geschmack ausreichend, wer wirklich kurzsichtig ist, der sollte lieber vorher testen.
Das Kite ist als ein leichtes Reiseteleskop geeignet, es ist robust und leistungsstark.
Klaus Dieter Uhl
