Hallo Herr Königsfeld,
rechne ich die Preisdifferenz prozentual, fällt der Unterschied der beiden Geräte kaum ins Gewicht. Wenn Sie von vorneherein fotografieren wollen, ist das VC200L anzuraten, da es für diesen Zweck konzipiert wurde. Wenn Sie ein Pfennigfuchser sind, mag der Unterschied eine Anzahlung für die Canon darstellen.
Aber vielleicht sollten wir Ihr Anliegen einmal detaillierter betrachten, als pauschale Aussagen in den Astroforen.
Sie müssen wissen, daß der Wiedereintritt in die fotografische Astrosphäre nach zehn Jahren für mich fast schon wie ein Kulturschock anmutet. Was heute mit Amateurmitteln möglich ist, ist phantastisch und kein Vergleich mit den Möglichkeiten, die wir in den Neunzigern umgeben von High-Tech hatten, die für den Amateur praktisch unerschwinglich war. Ich gehöre zu denjenigen, die die Pionierzeit der CCD Technik aktiv mitgestaltet haben und jede Menge Erfahrung gesammelt haben. Für moderne CCD Kameras wie die EOS ist jedes Teleskop besser geeignet, das Sterne scharf und frei von optischen Fehlern bis in die Ecken abbildet. Was die Canon EOS angeht, bin ich auch hier angenehm überrascht worden. Ich habe noch das Erscheinen der Kodak CCDs am Sternenhimmel miterlebt und was solch eine CCD-Kamera mit reduziertem Aufwand an Kühlung plötzlich leisten konnte. Was moderne Kameras, wie die EOS 400D leisten bildet aus meiner Sicht einen weiteren Meilenstein. Solche Kameras vertragen plötzlich Belichtungszeiten ohne Zusatzkühlung bis zu 10 Minuten und mehr.
Man sollte beachten, daß die modernen Kameras überdurchschnittlich kleine Pixel besitzen. Das hat Vor- und Nachteile. Die landläufige Meinung unterstellt diesen Pixelriesen mehr Rauschen. Die 400D zeigt, daß bei Verkleinerung der Pixel (und ein Mehr an Auflösung) das Gegenteil möglich ist. Es ist der Lauf der Dinge, daß seit dem Erscheinen dieser astrotauglichen Kameras manches Teleskop nun als nettes Beiwerk aber kaum geeignet erscheint. Bei solchen Kameras (wie auch bei traditionellen Spezialkameras für die Astrophotografen) sind die Pixelgrößen inzwischen deutlich unter 10 Mikrometer gesunken. Sie zeichnen daher seit den Neunzigern jeden Abbildungsfehler gnadenlos auf. Für die Optiker bedeutet das übrigens, daß Teleskopoptiken neuerdings anders gerechnet werden müssen. Man muss nämlich die Glasplatten vor dem CCD und evtl. zusätzliche Filter mit in das optische Design einbeziehen, damit die Glasplatten im optischen Weg keine Bildfehler produzieren. Ein Umstand der den meisten Herstellern nicht bewußt sein dürfte, die Ihre Massenware für den Hausgebrauch konzipieren.
Tendenziell und unter Einsatz moderner CCD Systeme, gleich ob eine Fotokamera oder eine Spezialkamera, muss man daher zu einem fotografisch optimierten Gerät raten. Alles andere ist Unsinn. Daher würde ich in dieser Kombination unbedingt zum VC200L raten. Das war ein entscheidender Grund für meine Vorauswahl.
Und ja, ich kann die EOS 400D empfehlen.
Ob das Gesamtequipment das Budgets eines Einsteiger übersteigt ist eine andere Frage. Allerdings haben Teleskope die Angewohnheit einen eine sehr lange Zeit im Leben zu begleiten. Da wäre es ärgerlich, wenn man mit Einschränkungen leben muss, weil man 200 Euro an der falschen Stelle gespart hat.
Läge der Fall anders und sie suchen eine größere Optik, bietet Vixen leider nur die VMCs in größeren Dimensionen an.
Größere Optiken bieten übrigens nur denjenigen etwas, die auf der Jagd nach Grenzgrößen bei Sternen sind. Bei flächenhaften Deep-Sky Objekten, ist nur das Öffnungsverhältnis (die photografische Blende) entscheidend.
Unter durchschnittlichen Seeingverhältnissen in mitteleuropa ist Stern und "Fläche" jedoch (leider) fast dasselbe. Es verwundert daher nicht, daß einige Amateure Aufnahmen vom Andromedanebel präsentieren können, die durchaus mit alten Plattenaufnahmen des 5m Palmonar Spiegels mithalten können. 20 Größe mit einem 4 Zoll Gerät, hat mich bei meiner Recherche zunächst umgehauen, ich habe kurz nachgerechnet, es solte jedoch möglich sein. Wir sind inzwischen in Dimensionen angelangt, in denen ein ESO 3,5m NTT nur bei adaptiver Optik von Vorteil ist. So kurios das zunächst klingen mag. Für die Astroszene bedeutet das, daß man in Größenordnungen vorstoßen wird, denen lediglich Interferometer und das Hubble Teleskop etwas entgegen setzen können. Das mag kurios klingen, aber man kann es mal spaßeshalber nachrechnen. Der einzige Vorteil größerer Optiken besteht schließlich nur noch darin, daß man bei gleicher Belichtungszeiten mehr Details auflösen wird. Solange, bis man am Limit dessen angelangt ist, was Seeing und Auflösung definieren.
Darunter wird es für mich als alten Speckle Interferometriker allerdings wieder interessant zu Großoptiken zu greifen.
Jetzt dürfen Sie nachrechnen, welche Auflösung das VC200L bei 1800mm Brennweite hat, wenn man mit der EOS unter 10 Mikrometer Pixel hat. Richtig: Es liegt über dem durchschnittlich zu erwartenden Seeing. Ende der Fahnenstange? Naja, klingt als wäre es das ideale Gerät, oder? Bingo, Sie haben prinzipiell eine gute Wahl getroffen. Besser kann man es kaum haben. Ob Vixen das wußte? Darüber mag ich nur Mutmaßungen anstellen. Aber es ist ein Idealtyp Fernrohr nach mitteleuropäischen Maßstäben.
Nicht ganz, ein paar Register kann man noch ziehen, um größere Optiken auch auszulasten. Aber geben Sie mir Zeit. ;-)
Gruß
Thilo Bauer
10-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.08.07 21:02.