Da ich knapp eine Woche krank war und dann die letzte Woche ein anstrengendes Seminar gehalten habe, bin ich noch immer in großem Verzug mit meiner Arbeit und kann daher nur kurz antworten:
Sie scheinen unter Dunkelfeld etwas anderes zu verstehen als man normalerweise darunter versteht und scheinen so etwas noch nie gesehen zu haben. Denn Ihre diesbezügliche Aussage ist total falsch (Zitat):
„Die Krätzerchen sind im Durchlicht nämlich transparent, das Kratzertal ist nach wie vor lichtdurchlässig und trägt zu Bildinformationsgebung weiter bei! Nur im Dunkelfeld-Auflicht wird es abgeschattet und damit seine Bildinformation blockiert. Die fehlt dann bei der Kontrastmessung im Dunkelfeld-Auflicht, und mit diesem "Trick", kann man dann großen Kontrastverlust messen.“
Richtig ist vielmehr folgendes:
Die Kratzer sind zwar lichtdurchlässig, doch kommt es je nach Ausmaß der Kratzer zu Lichtablenkung durch Brechung (die Kratzerflanken haben eine völlig andere Neigung als sie die Linsenoberfläche vor Entstehung des Kratzers gehabt hat), Reflexion (die Kratzerflanken reflektieren stärker, weil die unvergütet sind) sowie durch Streuung (die Kratzerflanken können hohe Rauhigkeit aufweisen) und Beugung (die Kratzer sind sehr dünn). Folglich tragen die auf die Kratzer auffallenden Lichtstrahlen keineswegs zur Bildinformation bei, sondern „verschleiern“ diese in Form von Falschlicht. Sogar die Transmission wird etwas (wenn auch nur wenig aufgrund des geringen Anteils an der Gesamtfläche) reduziert, weil nicht alles auf die Kratzer auffallende Licht bis durchs Okular gelangt, sondern aufgrund der Ablenkung durch Brechung, Reflexion, Streuung und Beugung den Soll-Strahlengang verläßt und z.B. an Fassungsteilen absorbiert wird.
Und im Dunkelfeld-Auflicht wird durch die Kratzer nichts abgeschattet, wie Sie behaupten, sondern im Gegenteil leuchten dort die Kratzer hell auf, weil aufgrund von Reflexion, Brechung, Streuung und Beugung ein Teil des auffallenden Lichts (ggf. durch ein Stereomikroskop hindurch) zum betrachtenden Auge abgelenkt wird, während die unbeschädigten, glatten Linsenoberflächen dunkel erscheinen (daher der Name „Dunkelfeld“, vor dem die Hindernisse durch Aufleuchten sichtbar gemacht werden). Im Dunkelfeld gibt es auch nicht die von Ihnen behauptete Blockade der Bildinformation durch die Kratzer. Vielmehr sind eben diese aufleuchtenden Kratzer und anderen Hinternisse (wie ferner auch z.B. Staub auf den Linsen) im Gegenteil sogar die im Dunkelfeld gesuchte Bildinformation.
Man macht im Dunkelfeld (wie es Herr Jülich zum Sichtbar-Machen der Kratzer benutzt) auch keine Messung irgendeines Kontrastverlustes, sondern man erkennt im Aufleuchten der Kratzer die unerwünschte, den Bildkontrast reduzierende Lichtablenkung. Von einem „Trick“, der in Ihrem Text wie ein Vorwurf unlauterer Mittel klingt, kann nicht die Rede sein.
Sie schreiben ferner (Zitat):
„Doch genau dieser Verlust im Dunkfeld-Auflicht ist beim normalen Beobachten im Durchlicht NICHT festzustellen. Die minimalen Aberationen, die durch die flächenmäßig winzig anzusetzenden Kratzerkanten hervorgerufen werden, beeinträchtigen den Durchlichtkontrast nur unbedeutend.“
Auch das ist falsch. Zwar ist der Kontrastverlust bei wenigen Kratzern noch nicht wahrzunehmen, da das Verhältnis von Störlicht (= von den Kratzern durch Brechung, Reflexion, Streuung und Beugung aus der Soll-Richtung abgelenktes Licht) zu Nutzlicht (das dem Soll-Strahlengang folgt) sehr klein ist. Aber mit zunehmender Zahl der Kratzer kommt irgendwann der Punkt, an dem erst in den dunklen Bildpartien und nach weiterem Fortschreiten des Zerkratzens auch an helleren Stellen das so entstehende Falschlicht den Bildkontrast und damit außerdem auch das Auflösungsvermögen merklich herabsetzt.
Sie sollten sich also nicht über die vermeintliche Dummheit anderer, die vor Kratzern warnen, lustig machen, sondern sich mal ansehen, wie eine Mattscheibe einer Kamera wirkt und darüber nachdenken, ob eine von zahlreichen Kratzerchen durchzogene Linsenoberfläche nicht eine ähnliche Wirkung wie eine solche Mattscheibe hat, wenn auch nicht in diesem hohen Ausmaß.
Daß bei Sonne im Rücken selbst ein stärker zerkratztes Fernglasobjektiv noch ein brauchbares Bild zu zeigen vermag, ist möglich. Aber betrachten Sie mit einem solchen Fernglas mal bei Sonne von vorn, evtl. auch noch mit zusätzlichen Reflexen auf einer Wasseroberfläche, ein dunkles Motiv (dunkel, weil nicht aus Blickrichtung beleuchtet), und Sie werden schnell merken, daß Ihre flotten Sprüche sehr voreilig und sehr daneben waren.
Walter E. Schön