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Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

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18. April 2018 11:05
Hallo Fernglasgemeinde!

In meinem Fernglassortiment klaffte noch eine gewisse Lücke (tut sie das nicht immer und bei jedem?) zwischen den vorhandenen 6x32, 8x42, 12x50 und 17-160x71. Also war klar, es musste ein 10-fach Glas her. Leider erholen sich meine Finanzmittel nur langsam von der letzten Anschaffung und die schnell identifizierten Kandidaten für ein ordentliches 10x50 benötigen doch eher einen vierstelligen Eurobetrag.

Also schaute ich mal am anderen Ende des Spektrums nach dem geringsten Übel: Nikon Action Extreme oder Olympus DPS1 sind dort gern genannte und leidlich positiv besprochene Kandidaten. Allerdings lief mir dann eine Anzeige zum in der Überschrift genannten Glas über den Weg. Da ich zu diesem Gerät fast überhaupt nichts im Internet finden konnte und ich im Zweifel immer eher für die exotischeren Lösungen zu haben bin, habe ich beim Vixen für einen mittleren zweistelligen Betrag zugeschlagen. Der Plan war, das unbekannte Glas durch einen kleinen Test einer etwas breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Übrigens, bitte nicht verwechseln mit dem extremen und ambivalenten Vixen Ascot Super Wide 10x50, das ist eine ganz andere Hausnummer...

Zuerst zum Äußeren: Positiv fallen beim Erstkontakt neben der kleidsamen Kunstledertasche (quaderförmig mit cognacbraunem Zierstriefen und geprägtem Vixen-Logo) gleich mal moderate Größe und geringes Gewicht des Kandidaten auf. Das Fernglas ist doch deutlich kleiner als z.B. das Dodecarem 12x50 und wiegt mit ca. 840g ohne Gurt und Kappen auch ziemlich wenig für ein 10x50 aus Metall. Die Gründe dafür liegen sicher auch in der sparsamen Gummiarmierung, die für Okulare, Prismenkörper und Objektivtuben separat ausgeführt ist. Druckwasserdicht ist diese Version des Ascot ZR wohl nicht.

Das Fernglas wird in sehr ähnlicher Form heute noch neu angeboten. Da umschließt dann die Gummiarmierung den gesamten Fernglaskörper und das Gewicht beträgt auch knapp über 1kg. Die sonstigen Eckdaten klingen gleich, was aber nicht heißt, dass es inzwischen nicht auch optische Veränderungen gegeben haben kann.

Schön an der älteren Version ist nicht nur das geringe Gewicht und die gleichmäßige, wenn auch tendenziell schwergängige Fokussierung (die wohl bei einigen neueren Modellen unter der Wasserdichtigkeit leidet), sondern auch die farbenfrohe und ausführliche Beschriftung: “Vixen, ZR TYPE, WIDE, FULLY MULTI, B4, 10x50, FIELD 6.5°, 113M AT 1000M” lautet der Text nur auf der Okularseite. Hübsch ist auch das alte, gezeichnete Vixen-Logo und die folkloristische Aufkleberbestückung. In diesem Falle ist ein echtes Highlight vorhanden: “Inspected – Japan Telescope Inspection Institute” verkündet dieser. Da fühlt man sich gleich sicher, wenn dieses offenbar renommierte Institut seine Segen gegeben hat! “Made in Japan” verkündet ein anderer, ausgeführt als klassisches Gold-Oval. Sonst müssen bei mir alle Aufkleber auf technischen Geräten sofort weichen, aber hier wäre das geradezu frevelhaft.

Gut, fangen wir mit dem Einblick an. Das Fernglas hat klassische Stülp-Augenmuscheln. Als Nicht-Brillenträger komme ich mit den ausgeklappten Augenmuscheln klar, allerdings ist es tendenziell eng. Um eine scharfe Feldblende zu sehen, muss ich die Augenmuscheln ordentlich in meine Augenhöhlen einsetzen. Nichts unangenehmes, aber viel Spielraum bleibt da nicht. Ich würde den Augenabstand jedenfalls auf vielleicht 12-15mm schätzen, nicht wie für das aktuelle Modell angegeben 18mm (wie gesagt: es ist vorstellbar, dass das aktuelle Modell andere Okulare hat).

Sitzt das Glas dann vor den Augen, ist der Einblick in Ordnung. Abschattungen (sogenanntes ‘kidney beaning’) gibt es nicht. Es zeigt sich ein scharfes, kontrastreiches Bild ohne störende Farbfehler selbst an harten Kontrastkanten. Das gilt jetzt für die Mitte. Und am Rand, fragt das ungeduldige Publikum? Hm, ich würde gerne darüber berichten, aber meine Augen sind in den Augenmuscheln gefangen und lassen sich nur sehr schwer drehen. Durch die Nähe zur Okularlinse bewirkt das Verschieben der Pupille zudem eine Positionsänderung ebendieser und sie landet dann am Rand der Linse. Ich kann quasi nicht zum Rand schauen und auch das Glas nicht einfach entsprechend versetzen, da die Okulare in den Augenhöhlen stecken. Probiere ich es trotzdem, bekomme ich Abschattungen und Farbfehler ins Bild.

Herzlichen Glückwunsch zum Erwerb eines Geradeausfernglases! Na gut, es klingt jetzt schlimmer als es ist. Die Augenmuscheln lassen sicht umstülpen oder ich opfere die Schärfe der Feldblende und nehme das Glas etwas zurück. Mit versetztem Einblick kann ich dann auch direkt zum Rand hin schauen. Die Schärfe lässt schon ziemlich bald nach, bei etwa 50 oder 60% des Radiusses (sagt man so?). Moment, jetzt ist es wieder scharf am Rand! Aha, das Auge fokussiert nach. Man kann das äußere Feld natürlich auch am Fokussierer scharfstellen. Ich würde sagen, dass bis ca. 90% der Strecke vom Zentrum zum Rand die Unschärfe auf das Konto der Bildfeldwölbung geht. Danach wird es tatsächlich unscharf.

Jetzt fehlt mir aus oben genannten Gründen das Alpha- (oder Beta-) Vergleichsglas mit identischen Eckdaten. Und noch ein zweites Billigglas zu kaufen, finde ich unkomfortabel, weil ich ja schlussendlich eines wieder verkaufen müsste. Also wird im Folgenden munter mit den benachbarten Vergrößerungen verglichen.

Sowohl im Leica Ultravid 8x42 als auch im Carl-Zeiss-Jena Dodecarem 12x50 ist der bildfeldwölbungsbedingte Schärfeabfall sanfter und setzt später ein. Zudem lässt er sich bis zum Rand wegfokussieren. Dennoch, in der Mitte hält das Ascot ZR gut mit und liefert ein nicht unterscheidbar scharfes, kontraststarkes Bild mit natürlichen Farben. Bezüglich Kontrasten liegt es nur einen Hauch hinter dem Ultravid und doch etwas deutlicher vor dem Dodecarem. Die Vergütung scheint erstklassig und dem Jenaer Glas überlegen. Es hat die gleiche ganz leicht wärmere Einfärbung der anderen beiden Gläser, was die Erkennbarkeit feiner Farbabstufungen aber m.M.n. nicht behindert.

Der Umgang mit Streulicht ist OK. Das Dodecarem lässt sich schon mal von Lichtquellen ausserhalb des Gesichtsfeldes aus der Fasson bringen und legt dann Schleier über das Bild. Das Ascot ZR zeigt sich da weniger beeindruckt und schickt stattdessen nur sehr vereinzelte und schwache Reflexe und Spiegelungen ins Rennen. Einmal tauchte die Spiegelung einer eigentlich außerhalb des Sichtfelds befindlichen Laterne verdreht im Sichtfeld auf… Das Ultravid zeigt völlig langweilig nur das, was im Sehfeld auch zu sehen sein soll.

Nachts ist das gewölbte Feld nicht auszumachen. Die Sterne sehen bis zum unscharfen äußeren Rand sehr gut aus. Die Sternabbildung unterscheidet sich nicht wirklich vom 12x50 Dodecarem, leichte Unterschiede in der Aufhellung des Himmelshintergrundes gehen auf das Konto der unterschiedlichen APs. Das Ultravid ist auch hier vielleicht noch ein klein wenig kontrastreicher. Aber generell ist der Eindruck sehr gut, das Glas lässt sich gut greifen und auch mal etwas länger ruhig halten. Schnell wird mir aber wieder klar, warum ich mir für Astronomie ein Fernglas mit abgewinkeltem Einblick zugelegt habe. Nach oben schauen ist mit einem geradsichtigen Fernglas sehr schnell anstrengend.

Trotzdem noch ein kleiner Test vom Balkon: Erstmal die breite Brust vom Herkules finden (gar nicht so leicht bei der bescheidenen Transparenz der feuchten Frühlingsluft) und dann zwischen seinen Schultern suchen… ja, da ist er: M13, der Herkuleshaufen kommt als schwacher, unscharfer Fleck ins Bild. Wenn man ihn nicht gesucht hätte, könnte man ihn am aufgehellten Stadthimmel leicht übersehen, aber mit etwas Konzentration ist er eindeutig direkt zu sehen.

Alles in allem ist dieses Fernglas nicht schlecht. Die Feld- und Randunschärfe stören tagsüber nicht, das entspricht dem natürlichen Schärfeverlauf im Blickfeld mit einigen Reserven. Nachts habe ich die Unschärfe im Feld noch nicht bemerkt, vielleicht sieht das unter einem dunklen, transparenten Landhimmel anders aus. Das Sehfeld ist groß genug, um keinen Tunneleindruck aufkommen zu lassen, das lässt den unscharfen Rand verschmerzen. Man kann am Rand Dinge bemerken und das Glas dann darauf ausrichten. Was man dann ansieht ist scharf, kontrastreich und letztlich sehr lebendig und immersiv. Die Scharfstellung ist eher langsam übersetzt und die Kontraste ändern sich kaum durch die Fokussierung. Daher springt die Schärfe nicht, sondern man muss manchmal über den Schärfepunkt hinaus fahren und wieder zurück, um das Optimum zu treffen.

Wirkliches Highlight ist das geringe Gewicht in Verbindung mit der griffigen Porro-Bauform. Ich kann das Glas besser und bequemer halten als das belederte 8x42 Ultravid, welches mit 710g nominell leichter ist. Daher lässt sich der Detailgewinn von 8-fach zu 10-fach auch wirklich gewinnbringend umsetzen. Das 12er Glas lässt sich zwar wegen der voluminöseren Prismenkörper noch besser greifen, das höhere Gewicht führt aber nach kürzerer Zeit zu Wackeleien. Da liegt im leichten 10x50 ein gutes lokales Optimum der Benutzbarkeit.

Also viele Grüße an die (inzwischen vielleicht verrenteten) Kollegen bei Vixen in Japan: ein schönes Glas habt Ihr da gebaut! Und danke an jeden, der es durch den langen Text geschafft hat!

Sayonara,
Sebastian
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Bergmann Schaefer 2367 18. April 2018 11:05

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Holger Merlitz 885 19. April 2018 07:52

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Kowaist 903 19. April 2018 08:46

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre) Anhänge

Bergmann Schaefer 921 19. April 2018 09:36

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Mick 795 19. April 2018 12:41

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Elmer Fudd 849 19. April 2018 15:37

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Dominique 793 19. April 2018 18:41

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Elmer Fudd 816 20. April 2018 10:21

Kataloge

Dominique 889 20. April 2018 15:22

Re: Vorstellung: Vixen Ascot ZR Wide 10x50 (frühe 1990er Jahre)

Bergmann Schaefer 889 24. April 2018 08:44



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