Hallo und guten Morgen ins Forum,
in einem früheren Beitrag habe ich vom Kite Birdwatcher 10x42 berichtet. Ich halte es unter Berücksichtigung des Kaufpreises noch immer für ein gutes Fernglas, auch wenn es natürlich ein Kompromiss ist (Thema Streulichtanfälligkeit).
Nicht kompromissbereit war ich allerdings bei den Mängeln, die ich nur auf die Produktion zurückführen kann.
Zum einen befand sich im rechten Okular ein (wenn auch winziger, aber beim Zählen störender) schwarzer Punkt, der sich beim Drehen am Dioptrinausgleich mitdrehte, zum anderen löste sich nach wenigen Tagen bereits die Gummierung unter dem Birdwatcher-Logo.
Ein weiteres Birdwatcher war nicht im Umtausch verfügbar. Das von mir gewünschte und georderte Porro Vixen Foresta kam nie an.
So stand ich wieder da und wollte es diesmal richtig machen. Mit einem unwiderstehlichen Plädoyer vor meiner Finanzministerin konnte ich die Mittel für ein neues Leica Trinovid freimachen.
Dies nutze ich seit fast drei Wochen täglich und die Ernüchterung bei mir ist doch beträchtlich, um nicht zu sagen, ich bin enttäuscht.
Der dauerbewölkte Himmel im Mittelrheintal brachte die erste Überraschung. Eine Kohlmeise auf einem Ast gegen den (sehr) hellgrauen Himmel sah im ersten Augenblick aus wie eine Blaumeise. Es gibt einen klar und deutlichen blauem Saum am Bildfeldrand, allerdings stört der mich nicht weiter. Ich kann ihn durch starkes Augenverdrehen nach rechts, links, oben und unten reproduzieren. Aber wie erwähnt, der stört mich nicht sonderlich. Der Farbfehler im Zentrum an stärkeren Kontrasten dafür aber sehr wohl. Damit hatte ich nicht gerechnet.
Zur Bildschärfe, als zweitem Punkt. Am Tage fällt bereits die deutliche Randunschärfe ab etwa der halben Strecke von der Bildmitte zum Bildrand hin auf. Aber ehrlich gesagt, stört mich diese nicht sonderlich. Ich sollte sagen "störte". Denn dann nach Wochen gestern die erste klare Nacht (ok, die, in der ich auch wach war). Und dort fiel am Sternenhimmel die Randunschärfe im Feld doch schon sehr viel unangenehmer auf. Aus punktförmigen Sternen in der Bildmitte werden flächige Flecken. Eigentlich das gleiche Problem, wie bei Tage. Jedoch stört es hier.
Aber gut. Das sind Bildfehler, die ich der Preisklasse und meinen Augen zurechne. Ich habe jeweils -5,75 und -6 Dioptrin und auf einem Auge eine leichte Hornhautverkrümmung. Ich beobachte lieber mit Brille, auch wenn der Überhub des Trinovid tatsächlich ganz knapp ausreichend für mich ist.
Bis hierhin berichtete ich lediglich von Schwächen des Glases, die ich hinnehmen kann. Es ist leider wieder nur ein Kompromiss, auch wenn für mich feststeht, dass irgendwann ein Glas folgen muss, das diese Bildfehler nicht aufweist. Mag es auch das Doppelte oder Dreifache des Trinovid kosten.
Nun komme ich aber noch zu einem Punkt, der mich wirklich ärgert und der mir auch den Spaß an meiner Investition verhagelt (nicht sehr viel, aber es reicht): die Fokussierwalze. Ursprünglich nannte ich ihn den
Butterknopf, weil er so soft treibt. Mittlerweile ist das Ding für mich nur noch der
Kaugummiknopf. Ich kann ihn in beide Richtungen um mehrere Millimeter Weg verstellen (ich kann es nicht messen, schätze jedoch um die 5 Millimeter) und das kleine Aas zieht sich wie ein kleiner Gummi wieder in seine ursprüngliche Position zurück. Fokussiere ich jedoch einen Punkt, so wird dieser auch gehalten. Da frage ich mich jedoch, ob ich dies so hinnehmen muss oder ob sich hier ein Versuch lohnt, das Glas nach Portugal zu schicken. Ein Vergleich im Ladengeschäft mit anderen Trinovids, 8x42, 10x32 und noch irgendeins, ergab, dass zwei Gläser einwandfrei fokussieren, das Dritte aber auch diesen Kaugummieffekt aufwies.
Die, auf Exkursionen sehr wichtige, Naheinstellgrenze wird in meinen Augen durch den immensen Fokussieraufwand von "ganz fern" auf "ganz nah" zunicht gemacht. Ich benötige zwei volle Walzenumdrehungen und noch ein wenig mehr. Ich schätze, es sind um die 740° Verstellweg. Schade. Aber auch dieser Kompromiss ist für mich zur Not hinnehmbar. Der Mittelfinger, mit dem ich fokussiere, kann offensichtlich ganz schön lang werden (die Zweideutigkeit in diesem Satz fiel mir erst in der Beitragsvorschau auf. Auch gut).
Den "innovative" Tragegurt finde ich im "Kreuzgurt-Modus" ganz ok. Meinen eigentlichen Kreuzgurt ersetzt er jedoch nicht. Auf dem Weg zur Beobachtungsgebiet empfinde ich den Adventure-Strap als angenehmer. Wenn es dann aber ans Zählen geht, führt kein Weg am Kreuzgurt vorbei. Meiner ist von Birdnet.
Auf einem betagten und gewichtigem Manfrotto (Ganzmetall) tut der Leica-Adapter gute Dienste. Ich war zuerst skeptisch ob des Preises. Aber er leistet gute Dienste, vor allem, weil das Montieren und Abnehmen sehr schnell vonstatten geht. Zumindest sehe ich das so im Vergleich zu den Schraubadaptern der Porros. Und natürlich zeigt ein Zehnfachglas erst auf einem Stativ oder einer sonstigen festen Ablage, was es kann.
Ja, das wär's soweit. Das Glas ist aus meiner Sicht ein Kompromiss. Ein schmerzhafter, wie ich finde, in Anbetracht des Preises.
Meine Frage in's Forum ist, ob ich den Kaugummiknopf, der die Fokussierwalze ist, hinnehmen muss oder ob sich eine Serviceanfrage bei Leica lohnt.
Ein schönes Wochenende
Hansi Fischer