Hallo,
da die Empfindlichkeit von Ferngläsern auf Streulicht in der letzten Zeit wiederholt in verschiedenen threads diskutiert wurde, habe ich zu diesem Thema einen eigenen aufgemacht und möchte dazu gleich einen Praxistest liefern.
Der im Folgenden beschriebene Test umfasst keineswegs alle Situationen, sondern nur eine ganz bestimmte:
Die Sonne stand ca. 40 Grad über dem Horizont und scheint durch dünne, sehr helle Wolkenschleier und Dunst. Beobachtet wird mit und ohne Brille in einer Höhe von ca. 10 bis 20 Grad über dem Horizont, und dann in einem Bereich bis von 0 Grad (also genau unterhalb der Sonne) bis 40 bis 50 Grad links und rechts der Sonne. Beobachtungsobjekt: Waldrand.
Folgende Ferngläser wurden verglichen:
Canon 10x42 L IS
EL 8.5x42 (Version von 2013)
SLC 10x56 (neueste Version)
SF 10x42 (grau)
UV 7x42 HD+
Im Wesentlichen zeigten sich 2 Effekte, die den Kontrast reduzierten bzw das Bild in Bereichen störten:
- Ein allgemeiner Schleier, der sich über das ganze Bildfeld legt und den Kontrast reduziert. Um die Intensität des Schleiers zu prüfen, habe ich zum Vergleich eine große, mattschwarze Pappe so positioniert, dass die Sonne bzw der helle Himmel nicht mehr die Objektive direkt beleuchten konnten.
- Im unteren Teil des Blickfeldes eine mehr oder weniger (oft sichelförmige) große, sehr helle Störung, die in diesem Bereich keine vernünftige Beobachtung mehr erlaubt, es sei denn, der Beobachter optimiert/verändert die Lage der EP bezüglich der AP.
So schnitten die Kandidaten ab:
1. Schleier: das Canon zeigt nur einen sehr geringen Schleier, der sich auch mit dem Vergleich mit/ohne Pappe kaum verifizieren lässt. Alle anderen Ferngläser zeigen einen deutlichen Schleier. Große Unterschiede sind dabei kaum auszumachen.
2. Störung im unteren Teil des Bildfeldes. Das Canon zeigte diese nicht, egal wohin ich meine EP platzierte. Alle anderen Gläser können diese Störung mehr oder weniger stark (ausgedehnt) zeigen.
Soweit ich das beobachten konnte, kann diese bei allen Kandidaten – außer dem Canon - durch den unteren (bzw unteren linken oder unteren rechten, je nach Lage der Sonne) Rand der AP, der in der Testsituation hell beleuchtet war, verursacht werden. Das heißt, wenn ich die EP etwas zu weit unten positionierte und diesen hellen Rand erwischte, zeigte sich die Störung sofort. Durch gezieltes höheres Positionieren der EP konnte man in fast jeder Situation die Störung zumindest bis auf einen vernachlässigbaren Bereich („Sichel“) reduzieren. Dies war mit Brille einfacher als ohne.
Die meisten Forumsteilnehmer werden diese oder ähnliche Erfahrungen schon längst gemacht haben.
Aber ich fand es überraschend, wie gut das Canon in diesem Vergleich abschnitt. Und kein anderes Glas konnte in diesem Vergleich einen eindeutigen zweiten Platz für sich verbuchen.
Allerdings: ein Beobachten unter diesen Bedingungen ist auch mit dem Canon kein Vergnügen – ich versuche es z.B. beim birding zu vermeiden.
Der Vergleich hat natürlich nur eine ganz bestimmte Situation erfasst. Aber da dies ein Tagesbeobachtungsforum ist, habe ich nächtliche Tests bei hellem Mond oder hellen Straßenlaternen bewusst nicht gemacht. Bei manchen Gläsern tritt dann je nach Lage/Größe der Nebenpupillen des Fernglases und Größe der EPs sicher Überraschendes zutage.
Viele Grüße von Andreas