Guten Tag,
ich habe mir vor kurzem ein
Kite Lynx HD 8x30 gekauft und wollte dazu meine Erfahrungen und Eindrücke schildern. Ich würde mich als Laien bezeichnen und hege keine Sammelleidenschaft oder dergleichen - ich will das Ding einfach benutzen. Beim Durchstöbern diverser fachlich sehr versierter Beiträge hier im Forum und auch auf den Seiten einzelner Mitglieder habe ich viel gelernt und möchte mich daher mittels eines kleinen Reviews bedanken. Kommentare zu falschen oder widersprüchlichen Angaben sind mir willkommen. Man lernt ja nie aus.
Zum Vergleich diente mir unter anderem ein etwas älteres Leica Trinovid 10x42 BA und ein Fujifilm Offroad 10.42
1. Auf eine Übersicht der technischen Daten verzichte ich hier und erwähne diese nur sofern ich sie für die Bewertung relevant finde. Auf Tests zur Robustheit und Wasserfestigkeit verzichte ich auch und vertraue mal den Herstellerangaben - außer jemand schickt mir ein zweites Glas zum Testen. Dann gibt es auch einen Absatz zu Fallschäden o.ä..
Haptik, Verarbeitung und Lieferumfang:
An der Verarbeitungsqualität des Glases habe ich überhaupt nichts auszusetzen. Sieht gut aus, fühlt sich gut an und zeigt keine qualitativen Mängel oder Schwächen. Die recht weit hinten liegende Objektivbrücke, die sich fließend mit gutem Widerstand verstellen lässt, ermöglicht auch eine gute Führung des Glases mit einer Hand. Fast wie mit einer offenen Brücke.
Ich finde das Glas sehr schön klein, handlich und leicht für ein 8x30. Es bringt inkl. Riemen sowie Objektiv- und Okularschutz ca. 515g auf die Waage (461g sind für das Glas angegeben). Der leicht elastische Nylon/Neopren-Trageriemen ist sehr bequem.
Die mitgelieferte Nylontasche ist nicht gezielt für das Lynx HD gefertigt. Sie ist an den Flächen gut gepolstert aber nicht übermäßig hochwertig. Außerdem ist sie für so ein kompaktes Glas viel zu groß - das deutlich größere Leica passt auch bequem hinein. Eine fixe Gürtelschlauf und ein einfacher Trageriemen für die Tasche sind vorhanden. Die innenliegenden und losen Objektivdeckel sind, wie die Tasche, nicht mehr als "zweckmäßig".
Sehr praktisch finde ich auch, dass das Lynx standartmäßig über ein Stativgewinde verfügt.
Fokus, Okulare und Einsehverhalten:
Der Mitteltrieb hat genau den richtigen Widerstand und eine gute Übersetzung zum Fokussieren. Er könnte auf der Oberfläche nur strukturierter sein, weil man mit feuchtem Finger schon mal wegrutscht. Die Dioptrienverstellung am rechten Okular passt auch. Leider gibt es hier keine +/- Kennzeichnung. Die Dioptrienverstellung scheint über den gesamten Fokusbereich keine Anpassung zu benötigen.
Die Okulare kennen nur zwei Stufen - Ein- oder Ausgefahren. Sie sind für meine Geschmack etwas zu leichtgängig, bleiben aber auch unter Druck in ausgefahrener Position stehen. Bei der Nutzung ohne Brille kommt es (mit meinen Augen) teilweise zu leichtem Kidneybeaning. Das Einsehverhalten ist aber insgesamt mit und ohne Brille sehr gut. Mit Brille fehlen mir etwa 5% des Seefeldes, was sich aber nicht störend anfühlt, denn...
Sehfeld
Das Sehfeld bekommt einen eigenen Punkt, denn es ist GIGANTISCH! 151m Sehfeld auf 1000m (8,6°) bei einem so leichten und kompakten 8x Dachkantglas waren einer der Hauptgründe für den Kauf und ich wurde nicht enttäuscht. Gezielt zu suchen begann ich dank einem Appell für Weitwinkelgläser auf der Seite von Herrn Merlitz - danke dafür.
Schärfe und Verzeichnung:
Das Bild ist sehr scharf und detailiert. Da merkt man erstmal, wie schlecht beispielsweise meine Fujifilm Offroad ist und auch das hochwertige Leica empfand ich als minimal schwächer. Die Schärfe lässt ab ca. 50% des Sehfeldes kaum merklich nach und ab ca. 85% dann etwas mehr. Beim Leica ist dieser Verlauf vergleichbar. Die Randschärfe fand ich trotzdem sehr gut und man sollte immer die 8,6° im Hinterkopf behalten. Das HD im Namen hat es sich verdient.
Eine Verzeichnung, einen Globuseffekt beim Schwenken oder Ähnliches konnte ich nicht feststellen.
Helligkeit und Vignettierung:
Der Papiertest, den ich von Herrn Schön gefunden habe, zeigte ein unwesentlich dunkleres Bild durch das Glas. Die angegebene Transmission (89%) passt sicherlich. Das bisschen, was ich an Unterschied feststellen konnte, war grau, vielleicht mit einem kaum merklichen Grünton.
Eine Vignettierung konnte ich nicht feststellen.
Farbe und Chromatische Aberration:
Wie der Papiertest schon zeigte, gibt es beim Lynx kein Verfälschen der Farben. Der Kontrast und auch die Farbsättigung sind gut und etwas höher, als mit bloßem Auge. CA konnte ich nicht feststellen, so sehr ich sie auch gesucht habe. Selbst bei Kontrastkanten von scheinbar schwarzen Zweigen und Bäumen gegen Schneeflächen wollten sie sich nicht zeigen. Dem bereits genannten Fujifilm offenbarte sie sich direkt.
Streulicht und Reflexionen:
Die einzige wirkliche Schwäche, die ich finden konnte. Bei normaler Tagesbeobachtung und auch bei Gegenlicht durch die Sonne in Kombination mit Schneeflächen konnte ich kaum etwas feststellen, aber sobald das Licht diffuser wurde oder ich bei Dämmerung / Dunkelheit eine Lichtquelle leicht außerhalb des Sehfeldes hatte, gab es recht stärkere Blendflecke und Reflexionen im Linsensystem. Kein anderes der Gläser im Vergleich (Leica, Fujifilm und ein Minox MD7x42C) zeigten dies ähnlich stark. Auch der Einsatz der Hände als Streulichtfilter half nicht viel. Vielleicht kann mir ja jemand einen heißen Tipp geben, woran das liegen könnte.
Naheinstellgrenze:
Noch eine Stärke des Lynx HD. Der Nahbereich ist mit 1,3m angegeben, was das Glas auch erreicht. Ich war überrascht, wie angenehm und plastisch der Blick auch auf die kurze Distanz durch beide Okulare ist. Das Fujifilm schafft 1m, aber alles und 2m tut in den Augen weh.
Fazit:
Genau das was ich gesucht hatte. Klein, leicht, robust (hoffentlich), riesiges und scharfes Bild, bei einer ordentlichen Vergrößerung und noch ganz passablen Dämmerungsleistung; mein Glas zum Immerdabeihaben. Das Preis-/Leistungsverhältnis passt für mich auf alle Fälle.
Fast alle Bewertungspunkte sind natürlich vollkommen subjektiv und spiegeln meine persönlichen Eindrücke wieder. Ein anderer Nutzer kann zu durchaus anderen Schlüssen kommen. Sollte ich irgendetwas unbeantwortet gelassen haben, dann bitte ich um Nachfragen.
1 - Das Leica kostet gebraucht zum Teil fast das Doppelte und das Fujifilm ein Viertel des Kite Lynx HD. Das ist ein wenig, als würde man ein Fahrrad, einen Golf und eine S-Klasse miteinander vergleichen. Das scheint aber hier nicht unüblich zu sein und ich muss nehmen, was ich kriegen konnte. Besonders die zwei, drei Bezüge zum Leica sind aber hoffentlich einer qualitativen Relation eher förderlich.