Guten Tag Herr Brücker -
ihre Aussage, die höchste Vergrösserung nur 5x im Jahr zu nutzen, bedeutet ja nicht, dass sie nur 5x im Jahr nutzbar sei. Es kommt schon auf die Umstände bzw. Intention der Beobachtung an. Wer z.B. 'gerne' mal Ringe abliest, der hat schon ein gesteigertes Interesse an Höchstvergrößerungen. Wobei a) die Luftunruhe dies selten hergibt sowie b) dann 75x bei Zeiss (resp. 77x Kowa) immer noch zuwenig sein kann.
Dies ergaben eigene Versuche mit 80mm-Astrorefraktor und Amici-Prisma. Für meinen Geschmack ist der (Wahrnehmungs-)Schritt von 60x zu 75x genau so groß wie die Prozentrechnung es ausdrückt: sichtbar, aber m.E. auch nicht das, was eine 85mm-Apooptik hergeben kann (vgl. (echte) apocromatische 80mm-Astrorefraktoren sind 'rattenscharf' bis AP=0,5mm also V=160x - das Bild wird dann zwar schon dunkel, aber die Biddefinition nicht 'matschig').
Nun ist natürlich für Tagbeobachtungen das Bildfeld dann derart klein, dass man nix mehr findet, sollte das Ziel aus dem Blickfeld wandern und die Tages-Atmosphäre steht der Hochvergrößerungsnutzung eh konträr gegenüber; jedoch soll dies Beispiel nur zeigen, dass es nicht unbedingt 'leere Vergrößerungen' sein müssen, wenn die AP < 1mm beträgt. Die Detailwahrnehmung kann unter (besonderen) Umständen schon noch zunehmen - und V=75x ist da bei einer hochwertigen 85mm Objektivlinse noch locker im grünen Bereich.
Die Konstruktion eines Variookulars für einen solchen Vergrößerungsbereich incl. eines akzeptablen Gesichtsfeldes ist natürlich sicher eine große Kunst - das muss man Zeiss schon lassen. Allerdings sind für mich als potentiellen Spektivkäufer Berichte noch interessanter, welche belegen, dass der Kontrast des 20-75x-Varios gerade im Bereich um 60x noch (wahrnehmbar) über der Kontrastleistung des 20-60x-Varios liegen soll. Das wäre dann schon ein Entscheidungsargument, lässt man das Mehr an Gewicht und das geringfügig kleinere Sehfeld bei niedrigen Vergrößerung mal außer Acht. (Der Mehrpreis spielt in diesen Größenordnungen wohl keine Rolle mehr.)
Also gilt jedoch auch hier: Versuch macht kluch - soll heißen: zum vorfürbereiten Händler gehen und selber nach den Unterschieden fahnden, dann aber auch bei diesem kaufen.
Zur Nutzung der Höchstvergrößerung fällt mir noch der Kommentar eines schon länger zurückliegenden Tests von 4"- Linsenfernrohren der Takahashi- und Zeiss-Klasse ein. Allesamt tolle Fotomaschinen, jedoch auch visuell den Dobson-Lichteimern nicht unbedingt hoffnungslos unterlegen, wenn die Bedingungen stimmen.
Sinngemäß hiess es: es gibt immer nur wenige Nächte im Jahr, in denen sich die 'outstanding-quality' bemerkbar macht - aber (gerade) dann lohne es sich, dafür gerüstet zu sein...
Dies kann man auch auf die Situation der Tagbeobachtung adaptieren.
Nochmal an Frau K. :
vielleicht schauen sie sich mal das kleine Zeiss 65mm an (oder ein kleineres Swarovski), die sind leicht und auch der gerne vernachlässigte Unterbau - also Stativ und Neiger - müssen nicht ganz so massiv sein wie bei den größeren Modellen. Jedoch kann man hierbei auch leicht die paar-hundert-Gramm wieder 'verbraten', welche man beim gezielten Kauf der Optik sparen will. Jedoch besteht hier ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Stabilität und hohen Vergrößerungen. Sie sehen, wie so oft ist es recht komplex, das System aus Spektiv, Neiger und Stativ in einer, den persönlichen Präferenzen geigneten Form zu erlangen.
Mit geeigneten Vorgaben ihrerseits könnte das Forum jedoch schon einige Entscheidungshilfen geben.
weitsichtige Grüße
Manfred Gunia