Die Forumsteilnehmer Champollion und „Labrador“ haben mich telefonisch bzw. durch eine eMails darauf aufmerksam gemacht, daß in der Zeitschrift „Interstellarum“ ein Fernglastest erschienen ist, in dem angeblich eine größere AP „gemessen“ wurde, und daß sich dann hier im Forum eine Diskussion darüber entwickelt hat, ob dies richtig ist und ob meine damalige Messung von 2007 möglicherweise fehlerhaft war oder ob Canon stillschweigend nachbessert hat.
Obwohl ich mich Anfang 2010 aus diesem Forum wegen verunglimpfender Beiträge einiger Proleten und der bis heute ausgebliebenen Entschuldigung für den Vorwurf, ich würde Stasi-Methoden anwenden, aus diesem Forum verabschiedet hatte, schreibe ich heute ausnahmsweise diesen einen Beitrag. Grund dafür ist, daß Canon an dem oben von mir wegen viel zu kleiner AP- und Öffnungsggröße kritisierten Fernglas Canon 10x42 L IS WP Änderungen vorgenommen hat, so daß meine oben veröffentlichten Aussagen deshalb für die neue Version nicht mehr zutreffen und somit eine Aktualisierung erforderlich ist.
Ich habe jetzt nicht alle Beiträge der betreffenden Diskussion (Beitrag [
www.juelich-bonn.com] und Folgebeiträge) durchgelesen und sehe auch keinen Veranlassung, zu den dortigen Beiträgen Kommentare abzugeben. Vielmehr möchte ich nur meine Aussage zur AP- und Öffnungsgröße des Fernglases Canon 10x42 L IS WP den neuen Gegebenheiten entsprechend aktualisieren.
Forumsteilnehmer „Labrador“ (siehe [
www.juelich-bonn.com]) hat mir sein vor einem halben Jahr gekauftes Canon 10x42 L IS WP zur Überprüfung und zum Vergleich mit meinem eigenen 2006 gekauften Exemplar gestern zugesandt, und ich habe heute sofort nach Erhalt die Messung der AP vorgenommen und herauszufinden versucht, welche Änderungen Canon vorgenommen hat.
Meine Messungen am neuen und alten Exemplar lieferten folgende Ergebnisse:
• Mein altes Canon 10x42 L IS WP von 2006 (Serien-Nr. 051008xx) hat bei Unendlicheinstellung eine AP von 3,75 mm ±0,03 mm.*
• Das neue Canon 10x42 L IS WP von 2010 (Serien-Nr. 596002xx) hat bei Unendlicheinstellung eine AP von 4,05 mm ±0,03 mm. Wenn man über unendlich hinaus (Überhub) bis zum Anschlag fokussiert, nimmt der AP-Durchmesser auf 4,10 mm ±0,03 mm zu.
Die Zunahme im Überhubbereich sowie die Abnahme im Nahbereich resultiert aus der Fokussierung durch Objektivverschiebung, also Vergrößerung der Bildweite bei konstanter Brennweite. Entgegen vielfach veröffentlichter Meinung, ergibt sich die Vergrößerung eines Fernrohrs oder Fernglases nicht als Quotient aus Objektiv- und Okularbrennweite, sondern als Quotient aus Objektivbildweite und Okulargegenstandsweite. Die Okulargegenstandsweite kann dann der Okularbrennweite gleichgesetzt werden, wenn der Beobachter so fokussiert, daß das virtuelle Bild im Unendlichen liegt (was in der Praxis näherungsweise der Fall ist; die Abweichung ist meistens so gering, daß sie vernachlässigt werden kann). Nur bei Einstellung auf unendlich, was bei astronomischen Fernrohren der Regelfall ist, ist die Objektivbildweite gleich der Objektivbrennweite und dann die Rechnung „Vergrößerung = Objektivbrennweite : Okularbrennweite“ korrekt.
Wenn vom Tester des Interstellarum-Tests ein anderer als der von mir gemessene Wert 4,05 mm ±0,03 mm angegeben wurde (ich habe den Test noch nicht gesehen), dann könnte das erstens an Serienstreuung, zweitens an Meßtoleranzen und drittens daran liegen, daß evtl. statt bei unendlich am Endanschlag des Überhubs gemessen wurde.
Die weitere Untersuchung beider Ferngläser zeigte dann deutlich, wie Canon die Verbesserung erreicht hat: Eine recht tief im Tubus hinter dem Objektiv an vier bandartigen Streben hängender Ring (wahrscheinlich die Fassung des Vari-Angle-Prismas, denn dieser Rings bewegt sich ruckartig ein wenig, wenn man die Bildstabilisierung ein- bzw. ausschaltet) hat eine schätzungsweise zwei bis drei Millimeter größere lichte Weite erhalten, und auch an den bandartigen Streben wurde im vorderen Teil (etwa auf 2/3 der Strebenlänge), wo der konische Lichtkegel weiter wird, innenseitig Material weggenommen und zugleich die zuvor glatte und glänzende Oberfläche mit gewindeähnlichen Rillen versehen, welche die Reflexion und somit das Streulicht reduzieren.
Weil im Tagbeobachtungsforum keine Fotos eingestellt werden können, habe ich im Astronomieforum drei Fotos eingestellt, in denen die Änderungen gut zu erkennen sind und Beschriftungen auf die Details hinweisen.
Der Link zum Beitrag mit diesen drei Fotos ist:
[
www.juelich-bonn.com]
Ich werde zu eventuell auf diesen Beitrag folgende Antworten keine weiteren Beiträge schreiben. Aber Sie können natürlich gern beliebig weiterdiskutieren, was sich aus meinen Meßergebnissen und Fotos für Konsequenzen ergeben.
Walter E. Schön
* Der in meinem Erstbeitrag zu diesem Thema vom 12. März 2007 angegebene Wert 3,7 mm ergab sich, weil ich damals alle drei dort erwähnte Ferngläser zum Test auf eine ca. 14 m entfernte Efeuwand scharfgestellt hatte und ich in dieser Einstellung gemessen hatte. Ich hatte bei dieser spontanen Reaktion noch nicht bedacht, daß beim Canon 10x42 L IS WP aus dessen Fokussierung durch Objektivverschiebung eine Änderung der AP-Größe mit der Entfernungseinstellung resultiert. Die jetzige Messung erfolgte aber genau in Unendlicheinstellung. Ich habe erst vor vier Tagen meine exakt angepaßte neue Brille erhalten, so daß ich garantiert richtig auf unendlich fokussiert habe. Eine Visusbestimmung vor ca. 10 Tagen lieferte den Wert 1,2. Das ist ein für mein Alter überdurchschnittlich hoher Wert. Es besteht also auch diesbezüglich kein Grund, an meinen Meßergebnissen zu zweifeln.