Leider liegen Ihren Ãœberlegungen gleich zwei falsche Annahmen zugunde, weshalb das so nicht funktioniert.
1. Ein Fernglas oder Fernrohr gilt „im Prinzip“ als afokal, und ist es dann, wenn der auf unendlich fokussierende Beobachter nicht fehlsichtig ist, leider nur annähernd, aber nicht exakt. Denn der Beobachter wird normalersweise für entspanntes Sehen nicht so fokussieren, daß das virtuelle Bild des unendlich fernen Gegenstandes (z.B. eines Sterns) ebenfalls im Unendlichen liegt (nur dann wäre das System afokal), sondern er wird das virtuelle Bild irgendwo zwischen etwa 1 m und 2 m Entfernung positionieren. Die entspannte Augeneinstellung ist nämlich nicht die auf unendlich, sondern auf die genannte Naheinstellung. Die Strahlen des Gegenstandspunktes verlassen das Okular somit nicht parallel, sondern divergierend. Das ist die erste Erschwernis bei der Sache, aber es kommt schlimmer:
2. Sie hatten – ich nehme an, einfach so nach Gefühl, also intuitiv – angenommen, daß dann, wenn das Fernglas so eingestellt ist, daß von einem Gegenstandpunkt auf der opt. Achse in der Entfernung x vor dem Fernglas kommendes Licht das Okular parallel verläßt, dann umgekehrt von einem Gegenstandpunkt (Leuchtpunkt) aus der Entfernung y = x/v (mit v = Vergrößerungsfaktor des Fernglases) hinter dem Okular in umgekehrter Richtung durchs Fernglas fallendes Licht das Objektiv auch wieder parallel verläßt. Das ist leider falsch. Ich habe eben Bleistift und Papier zur Hand genommen und mit der bekannten einfachen Abbildungsgleichung 1/f = 1/g + 1/b (f = Brennweite, g = Gegenstandsweite, b = Bildweite, alle Größen nur als Absolutbetrag, also der Einfachheit halber ohne die korrekte Vorzeichenkonvention) ausgerechnet, in welchem Abstand y hinter dem Okular der Leuchtpunkt tatsächlich liegen müßte. Nach einigen Umformungen ist folgende Formel herausgekommen:
y = (x + (v - 1)·f)/vˆ2
Sie ersehen aus dieser Formel, daß erstens die Brennweite des Objektivs auch eine Rolle spielt und daß zweitens dann, wenn diese Brennweite sehr klein (also um mehrere Zehnerpotenzen kleiner als die Entfernung x) ist, die Formel zu
y = ca. x/vˆ2
vereinfacht werden kann. Es muß dann also die Entfernung x nicht durch die Vergrößerung, sondern durch deren Quadrat dividiert werden. Bei den wirklich praktikablen endlichen Entfernungen ist aber diese Näherungslösung schon zu falsch, um angewandt werden zu können. Dazu ein Beispiel:
Wenn man gemäß Ihrem Vorschlag x = 2 m = 2000 mm einsetzt und, weil die Brennweite f in der Formel vorkommt, als Brennweite des Fernglasobjektivs einen realistischen Wert von ca. 150 mm und als Vergrößerungsfaktor 10 annimmt, kommt heraus:
y = (2000 + (10 - 1)·150)/10ˆ2 = (2000 + 9·150)/100 = (2000 + 1350)/100 = 3350/100 = 33,5 [mm]
Solche Werte sind zu klein, um halbwegs genau eingehalten zu werden, denn die 33,5 mm sind nicht ab Okular-Hinterlinse, sondern ab der bildseitigen Hauptebene H2 des Okulars zu messen, und wo innerhalb des Okulars das ist, weiß der Teufel (und der Optikkonstrukteur des Fernglases).
Bleiben Sie also lieber bei meinem vereinfachten Vorschlag, eine kleine LED-Taschenlampe ohne Reflektor oder mit sehr kleinem Reflektor aus mindestens ca. 0,5 m hinter dem Okular achsenparallel ins Okular leuchten zu lassen. Die Divergenz (Winkelfehler gegenüber der idealen Parallelität) beträgt dann bei einer AP des Fernglases von z.B. 5 mm und einer LED-Leuchtfläche von ca. 2 mm Durchmesser (abgenommener Reflektor) nur ± arc tan ((5+2)/2)/500 = ± arc tan (3,5/500) = ± arc tan 0,007 = ± 0,4°, und das ergibt dann bei v-facher Vergrößerung des Fernglases als Divergenz bei Austritt aus dem Objektiv nur noch ± 0,4°/v oder z.B. bei einem 10fach vergrößernden Fernglas nur ± 0,04° oder einen Gesamtfehler von 0,08°. Die Vergrößerung der auf eine Mattscheibe (z.B. Pergamentpapier) vor dem Objektiv projizierten Eintrittspupille vergrößert sich dann aufgrund dieser Divergenz um nur ca. tan 0,08° = ca. 0,0014 des Abstandes der Mattscheibe von der tatsächlichen EP-Ebene. Beim Canon 10x42 L IS WP mit extrem großem Abstand von ca. 6 cm der vignettierenden Vari-Angle-Prismen hinter der Tubusvorderkante am Objektiv wäre dieser Fehler dann 0,0014 · 60 mm = ca. 0,084 mm. Da wir die so gemessene EP noch durch die Vergrößerung, hier also durch 10 dividieren, beträgt dann der Fehler des AP-Durchmessers nur 0,0084 mm, und das sollte wahrlich genau genug für uns sein, zumal ja schon die Messung des EP-Durchmessers mit einem normalen Lineal einen größeren Meßfehler (Ablesefehler) liefert.
Noch ein kleiner Hinweis, da sonst wahrscheinlich als nächster „Verbesserungsvorschlag“ der Einsatz eines Lasers (Laser-Pointers) kommen dürfte: Einen Laser darf man anstelle der von mir vorgeschlagenen LED-Lampe NICHT einsetzten, denn der würde die AP nicht in vollem Querschnitt ausleuchten und somit auch nicht die EP. Denn er liefert zwar sehr parallele Lichstrahlen, hat aber einen zu dünnen Querschnitt seines Bündels. Man müßte also erst einen sog. Beam-Expander voschalten, der den Laserbündel-Querschnitt aufweitet. Ein Beam-Expander ist im Prinzip nichts anderes als auch wieder ein auf unendlich fokussiertes, also afokales Fernrohr. Folglich könnte, wer 1. einen Laser-Pointer und 2. ein zweites Fernglas besitzt, wie folgt verfahren: Mit dem Laser-Pointer achsenparallel ins Okular des zweiten auf unendlich fokussierten (Hilfs-)Fernglases leuchten und damit quasi als Beam-Expander das Laserbündel aufweiten. Falls der Bündelquerschnitt groß genug ist, um die AP des ersten (zu vermessenden) Fernglases voll auszuleuchten, dieses erste Fernglas nun so vor dem zweiten Fernglas anbringen, daß das aus dem zweiten Fernglas austretende erweiterte Laserbündel wiederum achsenparallel ins Okular des ersten Fernglases einfällt. Nun kann mit sehr großer Genauigkeit mit einer Mattscheibe vor dem Tubus des ersten Fernglases der Durchmesser der EP dieses ersten Fernglases gemessen werden. Diese ganze Geschichte funktioniert aber nur, wenn alles peinlich genau achsenparallel ausgerichtet ist, also Laserstrahl-Achse und die Achsen beider Ferngläser miteinander exakt fluchten. Freihändig oder einfach auf einer Tischplatte kann man eine so genau auszurichtende Anordnung kaum aufbauen. Man muß also justierbare Halterungen haben oder basteln.
So, nun haben sie drei Möglichkeiten, die AP ausreichend genau zu messern:
1. Direkte Messung der AP, wie von mir hier beschrieben: [
www.juelich-bonn.com]
2. Indirekte Ermittlung mit Messung der EP und Division durch Vergrößerungsfaktor mit LED-Taschenlampe ohne Reflektor, die achsenparallel aus mindestens 50 cm Abstand ins Okular leuchtet
3. Indirekte Ermittlung mit Messung der EP und Division durch Vergrößerungsfaktor mit Laser-Pointer, wie oben beschrieben.
Viel Spaß allen Bastlern, die es so oder so oder so ausprobieren!
Walter E. Schön