Die Größe der Eintrittspupille zu messen, ist natürlich auch möglich, wenn man es richtig macht. Die für die nutzbare Bildhelligkeit (ohne Berücksichtigung der Transmission, die separat zu ermitteln wäre) maßgebliche Austrittspupille ergibt sich dann, wie Sie richtig sagen, nach Division durch die Vergrößerung. Es ist also bei diesem Verfahren anstelle der direkten Messung der AP erforderlich, auch die exakte Vergrößerung zu kennen, die ja nicht immer gleich dem Nennwert sein muß.
So, wie Sie den EP-Durchmesser gemessen haben, nämlich durch Projektion auf einen Schirm (eine Mattscheibe), hatte ich das bei meinen fast 500 Objektivtests für die Zeitschrift Color Foto in den Jahren zweischen etwa 1978 und 1985 gemacht – allerdings in einem wichtigen Punkt anders: Ich hatte in der Filmebene der Kameras mittig zum Aufnahmeformat eine Punktlichtquelle, realisiert durch eine lichtdichte schwarze Abdeckung des vollen Formats mit einem ca. 1 mm großen Loch in der Mitte, das objektivseitig in der Filmebene mit einer Alufolie abgedeckt war, in die ich mit einer Nähnadel ein ca. 0,1 mm winziges Löchlein gestochen hatte. Dann wurde dieses Löchlein von hinten mit einer Halogenlampe beleuchtet. Dieser so entstandene Lichtpunkt in der Bildebene führte bei auf unendlich fokussiertem Objektiv zu einem vorn aus dem Objektiv austretenden Parallel-Strahlenbündel vom Querschnitt der Objektiv-Eintrittspupille. Mit einer bündig an die vordere Filterfassung des Objektivs gehaltenen Mattscheibe konnte ich also die EP darstellen und bequem ihren Durchmesser feststellen. Die Parallelität des Strahlenbündels machte die Messung unabhängig vom Abstand der Mattscheibe von der tatsächlichen, innerhalb (!) des Objektivs liegenden Eintrittspupille. Mittels ähnlicher Schablonen für die Filrmebene, bei denen das 0,1-mm-Löchlein statt in der Formatmitte z.B. in einer Bildecke lag, konnte ich auf gleiche Weise die vignettierte Eintrittspupille bei offener Blende oder beliebigen anderen Blendenwerten darstellen, aufzeichnen und aus dem Flächenverhältnis zur EP auf der Achse die Vignettierung exakt berechnen. Einmal, nämlich bei einem Test der extrem lichtstarken Normalobjektive 1:1/50 mm (Leica Noctilux) bis 1:1,2/50 mm oder 1,2/55 mm anderer Hersteller, hatte ich die so gewonnenen Bilder der EP auf der Achse und für die Bildecke sogar in der Zeitschrift abgebildet, nämlich in den Heften Color Foto 6/80 auf Seite 58 und 7/80 auf Seite 50.
Nun zurück zu den Ferngläsern. Prinzipiell ist so eine Messung, wie ich schon eingangs sagte, hier ebenfalls möglich. Was Sie allerdings dabei nicht beachtet hatten, ist eine solche Meßanordnung, bei der auch hier das Strahlenbündel vorn aus dem Objektiv PARALLEL austritt.
Da ein Fernglas im Gegensatz zu einem Fotoobjektiv ein sog. afokales System ist, kann man nicht mit einer Punktlichtquelle arbeiten, es sei denn, sie befände sich auf der optischen Achse exakt in der Feldblendeneben (die aber für eine solche Messung nicht zugänglich ist). Also muß man mit einem Parallel-Lichtbündel achsenparallel ins Okular des auf unendlich fokussierten Fernglases hinein leuchten. Ihr Fehler war, eine Taschenlampe zu benutzen, die natürlich kein Parallelbündel erzeugt, sondern aus einer größeren Leuchtfläche in viele Richtungen divergierendes Licht ausstrahlt. Dennoch wäre Ihre Messung korrekt, wenn Sie sie in der Ebene der EP durchführen könnten. Je weiter davor Sie Ihren Projektionsschirm (Mattscheibe) aufbauen, um so mehr weitet sich das i. allg. kreisförmige Projektionsbild auf, so daß Sie eine zu große EP ermitteln. Bei den meisten Ferngläsern wäre dieser Fehler ziemlich klein, da sich die EP fast immer irgendwo in der Objektivfassung befindet, also oft nur wenige bis kaum mehr als ca. 10 mm hinter der Mattscheibe liegt. Da das Fernglas objektivseitig nur einen kleinen Bildwinkel hat, wäre der Meßfehler im ungünstigsten Falle in der Größenordnung von ca. 1 mm, nach Division durch den Vergrößerungsfaktor als der Fehler bei der AP in der Größenordnung von nur 0,1 mm. Man erkennt die Auffächerung übrigens an einem unscharfen Rand des Projektionsbildes.
Beim Canon 10x42 L IS WP verstärkt sich aber das Problem dadurch, daß die Begrenzung des Strahlenbündels nicht durch die Objektivfassung erfolgt, sondern durch die Einfassung des Vari-Angle-Prismas, und das befindet sich ca. 5,5 cm HINTER der Schutzglasvorderseite! Das führt dann eventuell zu einem ganz erheblichen Meßfehler. Um ihn zu verhindern, muß man unbedingt für einen annähernd achsenparallelen Lichteinfall durch die Beleuchtung hinter dem Okular sorgen. Das würde schon halbwegs gut erfüllt, wenn man die Taschenlampe nicht dicht hinters Okular hält (also nicht an den Ort der AP), sondern auf der optischen Achse in größerem Abstand dahinter. Bereits ab einem Abstand von ca. 0,5 m kommt man bei Verwendung einer hellen LED-Leuchte mit kleinem Reflektorquerschnitt zu einem ausreichend genauen Ergebnis.
Für ganz exakte Ergebnisse wäre eine Punkt- oder Spaltlichtquelle mit vorgeschaltetem Kollimator zu verwenden. Im Falle der Spaltlichtquelle darf aber nur der Durchmesser des projizierten Lichtfleckts im 90°Winkel zur Spaltorientierung gemessen werden.
Sie sehen, so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint, ist es gar nicht, wenn die Ergebnisse genau sein sollen. Also ist es letzten Endes doch einfacher, gleich die AP mit einer geeigneten Apparatur zu vermessen, zumal in deren Ergebnis auch die Vergrößerung mit dem tatsächlichen und nicht mit dem manchmal ungenauen Nennwert eingeht. Freilich muß diese Meßanordnung etwa um eine Zehnerpotenz (genauer: um den Vergrößerungsfaktor des Fernglases genauer sein).
Walter E. Schön