Bei astronomischem Einsatz in der Nacht (nicht bei Sonnenbeobachtung, die ja strenggenommen auch einen astronomischen Einsatz darstellt) werden die meisten Objekte nach ausreichender Dunkeladaption nur mit den nicht Farben unterscheidenden Stäbchen gesehen und als mehr oder weniger weiß oder grau empfunden. Lediglich die sehr hellen Objekte (Mond, Planeten, die hellsten Fixsterne) sind hell genug, um mit den Zapfen farbig gesehen werden zu können. Nebel und Galaxien sind dafür nicht hell genug; man kann sie also nur auf Fotos mit langer Belichtungszeit farbig sehen. Das gilt selbst dann, wenn die Pupillen des Beobachters auf den Maximaldurchmesser von ca. 7 mm geöffnet sind und das Fernglas eine mindestens ebenso große Austrittspupille bietet. Da Sterne jedoch selbst bei höchsten Vergrößerungen unter einem so engen Winkel gesehen werden, daß ihr Abbild auf der Netzhaut so gut wie punktförmig bleibt (lediglich durch Aberrationen und Beugung minimal vergrößert, aber bei einem guten Fernglas noch immer klein genug, um jeweils nur ein Stäbchen oder einen Stäbchenverbund zu treffen), werden es mit zunehmender Vergrößerung und Öffnung des Fernglases immer mehr Sterne, die farbig erscheinen, z.B. bei einem astronomischen Großfernglas 25fache Vergrößerung und 125 mm Öffnungsdurchmesser mit daraus resultierenden AP von 5 mm.
Hinsichtlich der Farbwiedergabe kann man den Gelbstich daher vergessen. Ob er zu einem erkennbaren Helligkeitsverlust führt, hängt davon ab, bis zu welcher Wellenlänge (unter 400 nm, unter 410 nm, untern 420 nm oder bis zu einer noch höheren Genze) die den Gelbstich hervorrufende reduzierte Transmission wirksam ist. Sind auch Wellenlängen um 430 nm (Violettblau) betroffen, so könnte das schon die Bildhelligkeit dann sichtbar reduzieren, wenn das betreffende Himmelsobjekt (Stern, Galaxie, Nebel) in diesem Bereich viel Licht aussendet. Denn beim Nachsehen liegt die Hellempfindlichkeit für 430 nm immerhin noch bei 20% (Tagsehen: nur ca. 1%), und das ist eventuell schon nicht mehr zu vernachlässigen. Aber es kommt eben auch darauf an, wie die Energieverteilung in dem vom beobachteten Himmelsobjekt ausgestrahlten Licht ist. Man kann daher kein pauschales Urteil fällen, sondern muß im Einzelfall mehrere Parameter beachten.
Gelbfilter sind bei der astronomischen Beobachtung nur selten hilfreich (es sei denn, das Fernglas produzierte kräftige violette Farbsäume, die man unterdrücken möchte); die meisten hierbei eingesetzten Filter sind solche, die eine sehr zackig verlaufende Transmissionskuve aufweisen und diejenigen Wellenlängen, in denen z.B. Quecksilber- und Natriumdapflampen der Straßen- oder einer Stadionbeleuchtung sehr viel Leistung abgeben, stark unterdrücken, während sie möglichst alles andere Licht kaum geschwächt durchlassen. Damit erreicht man einen deutlich dunkleren Himmelshintergrund, der wiederum dazu führt. daß man auch sehr schwache Sterne noch sieht, die sonst im aufgehellten Himmelshintergrund verschwinden. Sie kennen das von der Dämmerung: Sie sehen zuerst nur Jupiter, Venus, Saturn und Mars (sofern sie über dem Horizont liegen), etwas später, wenn der Himmel weiter abgedunkelt ist, schon die hellsten Sterne wie Wega, Sirius, Beteigeuze, Aldebaran usw., und nach und nach kommen mit schwärzer werdendem Himmel immer mehr Sterne zum Vorschein.
Die atmosphärische Trübung spielt deswegen keine Rolle, weil kein Hobbyastronom bei dunstiger Atmosphäre den Himmel beobachten wird. Das wäre so, als würden Sie zum Musikhören mit Ihrem CD- oder MP3-Spieler in ein Walz- oder Hammerwerk mit hoher Geräuschkulisse gehen.
Walter E. Schön