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09. Mai 2006 14:42
Wie Sie sicher wissen, besteht weißes (Sonnen-)Licht aus einer Mischung von Licht aller Regenbogenfarben in einer sehr gleichmäßigen Verteilung: annähernd ein Kontinuum ohne nennenswerte Lücken und Spitzen (abgesehen von den für den Farbeindruck nicht ins Gewicht fallenden Fraunhoferschen Linien) und ferner mit annähernd konstanter Strahlungsleistung über das gesamte sichtbare Spektrum von ca. 380 nm (Violett) bis 750 nm (Purpurrot).

1. Zu Transmission und Farbwiedergabe

Das menschliche Auge ist aber sowohl beim Tagessehen (mit den farbempfindlichen Zapfen der Netzhaut) als auch beim Nachtsehen (monochromatisches „Hell-dunkel-Sehen“ mit den Stäbchen der Netzhaut, die keine Farben unterscheiden können) NICHT für alle Wellenlängen gleich empfindlich. Vielmehr hat das Helligkeitsempfinden bei Tag ein ausgeprägtes Maximum bei ca. 550 nm (Gelbgrün) und bei Nacht bei ca. 507 nm (bläuliches Grün). Wenn man die Hellempfindlichkeit als Kurve in einem Diagramm über der Wellenlänge von links 380 nm bis rechts 750 nm aufzeichnet, so haben die beiden Kurven für Tag und Nacht nahezu dieselbe Glockenform und sind gegeneinander verschoben*). Meistens werden die Kurven so gezeichnet, daß man die Maximalempfindlichkeit bei 550 nm bzw. 507 nm gleich 1 oder 100% setzt, so daß beide Kurven gleich hoch aussehen. [Tatsächlich aber müßte die Empfindlichkeitkurve fürs Nachtsehen so sehr viel höher gezeichnet werden, daß sie beim üblichen Zeichenmaßstab gar nicht mehr aufs gleicher Blatt Papier paßt, denn die Stäbchen sind nach vollständiger Dunkeladaption um mehrere Zehnerpotenzen empfindlicher als die Zapfen.]

Um die Transmission eines Fernglases so zu beurteilen, wie es dem subjektiven Hellempfinden entspricht, und sie in einer einzigen Zahl (z.B. 88,6%) statt einer welligen Kurve angeben zu können, darf man die Transmissionswerte im Bereich von 380 nm bis 750 nm nicht einfach mitteln, sondern muß sie gemäß den genannten beiden Kurven gewichten:

a) Soll das Fernglas zur TAGBEOBACHTUNG „helligkeitsoptimiert“ werden, muß man also dafür sorgen, daß seine Transmission vor allem im Bereich um 550 nm nahe an 100% kommt. Bei Ferngläsern mit ihren vielen Linsen und Prismen kommt man aber derzeit maximal auf knapp über 90%. Bereits bei der Wellenlänge 507 nm (bläuliches Grün), bei der das Maximum der Hellempfindlichkeit beim Nachtsehen liegt, empfinden die Zapfen nur noch ca. 50% der tatsächlichen Helligkeit, und ebenso ist es bei ca. 610 nm (Orangerot) auf der anderen Seite des Maximums. Auf gar nur noch 10% abgesunken ist die Kurve fürs Tagsehen links bei ca. 473 nm (Blau) und rechts bei ca. 650 nm (Rot).

b) Soll das Fernglas zur NACHTBEOBACHTUNG optimiert werden, muß die bestmögliche Transmission im Bereich um 507 nm (Grün) liegen. Die Empfindlichkeitskurve nimmt hier auf 50% links bei ca. 455 nm (Violettblau) und rechts bei ca. 548 nm (Gelbgrün) ab, und sie sinkt weiter auf nur noch 10% links bei ca. 420 nm (bläuliches Violett) und rechts bei ca. 583 nm (Geldgelb) ab.

Wenn ein Fernglas nun einen Gelbstich zeigt, so ist das häufig und wohl auch bei Ihrem Fernglas eine Folge reduzierter Transmission im Violett um und unter 400 nm: Fehlendes oder reduziertes Violett erzeugt den komplementären Farbeindruck, also Gelbstich. Das Farbempfinden des menschlichen Auges ist dafür (= für die Farbbalance) erstaunlicherweise extrem sensibel, insbesondere bei Betrachtung strukturarmer neutralgrauer Motive wie z.B. einer Betonwand, obwohl das Hellempfinden bei 400 nm im Tagessehen nur noch 0,04% beträgt! Dies erklärt, daß sogar bei einem sehr deutlichen Gelbstich, wie ihn viele russische Militätferngläser zeigen, die heute als zivile Versionen käuflich sind, die „Bildhelligkeit“ (= nach der Tages-Hellempfindlichkeitskurve gewichtete Transmission) oft nur wenig beeinträchtigt ist.

Fazit: ein gelbstichiges Fernglas vermindert zwar mitunter deutlich bis zur Unbrauchbarkeit (z.B. für die Vogelbeobachtung) die Unterscheidbarkeit bestimmter Farbnuancen und verfälscht Farben, aber es muß deswegen keineswegs eine schlechte Bildhelligkeit aufweisen. Es kann, wenn der Gelbstich nicht sehr stark ist, durchaus bis auf 1% oder 2% an die Transmission der „hellsten“ Ferngläser herankommen, z.B. etwa auf 88%, was ein sehr guter Wert ist. Allerdings gibt es auch gelbstichige Ferngläser schlechter Transmission bis unter 50%. Gelbstich und schlechte Transmission sind also nicht zwangsläufig miteinander verknüpft. Allerdings kann ein Gelbstich dann, wenn er auf einen Transmissionsabfall schon bei ca. 420 nm zurückzuführen ist, die subjektiv empfundene Bildhelligkeit beim Nachtsehen ein wenig beeinträchtigen, denn bei dieser Wellenlänge beträgt die Hellempfindlichkeit der Stäbchen immerhin noch 10% (die der Zapfen fürs Tagesehen nur 0,4%).

2. Zum Kontrast

Der Kontrast des Fernglasbildes wird einerseits durch Eigenschaften des Fernglases, insbesondere durch von ihm an Glas- und Tubusoberflächen erzeugtes Streulicht, beeinträchtigt, andererseits aber auch durch die Eigenschaften der Luftschicht zwischen Beobachter und beobachtetem Gegenstand. Bei Fernsichten über viele Kilometer, kann der Kontrastverlust durch die bläulichgraue Trübung der Atmosphäre sogar schon erheblich größer sein als der Kontrastverlust durch das im Fernglas erzeugte Streulicht, insbesondere bei guten Ferngläsern. Die atmosphärische Trübung entsteht durch in der Luft schwebende Partikel (Staub, Ruß, Wasser- bzw. Nebeltröpfchen), aber auch und – für den Laien vielleicht überraschend – durch die Streuung an den Luftmolekülen selbst. Diese Streuung an den Luftmolekülen wird Rayleigh-Streuung genannt und ist aufgrund physikalischer Gesetze beim kurzwelligen blauen Licht etwa um den Faktor 10 größer als beim langwelligen roten Licht. Das ist der Grund für die bläuliche Farbe des „Dunstes“ und die „blauen Berge“ im fernen Hintergrund. Wenn man nun ein Fernglas mit deutlichem Gelbstich oder ein farbneutrales Fernglas mit einem schwachen Gelbfilter einsetzt, so wird ein großer Teil dieses bläulichen bis blauvioletten Streulichts absorbiert und vom Auge ferngehalten. Die Folge ist eine zwar gelbstichige, aber merklich klarere Fernsicht!

Die ideale Lösung ist ein farbneutrales Fernglas hoher Transmission, das wenig Streulicht erzeugt und alle Farben naturgetreu wiedergibt, so daß z.B. auch der Vogelbeobachter feinste Farbnuancen im Federkleid erkennen kann, aber auch ein Filtergewinde am Objektiv oder Okular, um bei Bedarf für klarere Fernsichten an dunstigen Tagen ein Gelbfilter einschrauben und damit mehr Details erkennen zu können. Dies ist für mich ein Anlaß, wieder einmal an die Hersteller hochwertiger Ferngläser zu appelieren, Ihre Ferngläser mit Filtergewinden auszustatten (selbstverständlich mit gängigen Gewindegrößen wie z.B. M 46x0,75 oder M 52x0,75).

Sollte das Hauptanwendungsgebiet Ihres neuen Fernglases nicht die Vogelbeobachtung sein, brauchen Sie sich wegen des leichten Gelbstichs keine Gedanken zu machen. Freuen Sie sich über die etwas klarere Fernsicht bei Dunst und betrachten Sie die leichte gelbliche Verfärbung als den von Ihnen dafür bezahlten Preis.

Walter E. Schön

*) Beim Übergang von Tagsehen zum Nachsehen während der Dämmerungsphase kommt es NICHT zur Verschiebung der Empfindlichkeitskurve fürs Tagsehen zu kürzeren Wellenlängen hin, um so zur Empfindlichkeitskurve fürs Nachsehen zu werden. Vielmehr kommt es durch Überlagerung beider Kurven (weil innerhalb eines gewissen Helligkeitsbereichs sowohl die Zapfen als auch die Stäbchen aktiv sind) zu einer breiteren „Glocke“ mit einem doppelten Höcker, wobei der anfänglich hohe Höcker bei 550 nm immer flacher und der anfänglich noch unsichtbare Höcker bei 507 nm immer ausgeprägter wird, bis es schließlich bei weit fortgeschrittener Dunkelheit nur noch diesen letztgenannten bei 507 nm gibt.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

7x40 BGA, Gelbstich und Kontrast ?

carsten gaebe 14667 09. Mai 2006 10:12

Re: 7x40 BGA, Gelbstich und Kontrast ?

Gunnar 4476 09. Mai 2006 12:36

Kontrast, Transmission und Farbwiedergabe bei Gelbstich

Walter E. Schön 6999 09. Mai 2006 14:42

Re: Kontrast, Transmission und Farbwiedergabe bei Gelbstich

carsten gaebe 3497 09. Mai 2006 15:55

Auswirkung eines Gelbstichs bei astronomischem Einsatz

Walter E. Schön 3608 09. Mai 2006 18:17

Re: 7x40 BGA, Gelbstich und Kontrast ?

Randolf Schmitt 3349 25. März 2008 18:55

Sie irren, wie Sie in meinen beiden obigen Beiträgen lesen können

Walter E. Schön 3382 25. März 2008 19:25

Was man sagen kann und was nicht ...

Walter E. Schön 3148 26. März 2008 00:05



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