Ich hoffe es ist von allgemeinem Interesse für die Astrophotografen hier in diesem Forum.
T. Bauer, 2008. "The RAW Image File Format Problem - Applications of Digital SLR Cameras in Astronomy and Science", in: ITCS - Information Technology & Computer Science, BA-University of Cooperative Education, Hans Weghorn ed., pp. 27
Der Artikel betrachtet einige Aspekte und Fragen, inwieweit RAW Files in der Astrofotografie als proprietär zu betrachten sind, inwieweit diese Dateiformate astrofotografische Aufnahmen so wiedergeben, wie man es von einem Rohbild einer digitalen Spiegelreflexkamera erwarten würde und wie man die Linearität und digitale Wiedergabetreue der aufgezeichneten Fotos anhand von Rauschanalysen verifizieren kann. Es ist gewissermaßen ein Nachtrag zu dem hier bereits verfassten Testbericht.
Einige der erhaltenen Aussagen der Untersuchung sind wahrscheinlich die Tatsache, dass man entgegen der landläufigen Meinung einiger Internetforen keine undokumentierten (=proprietären) Datenformate vor sich hat, sondern (etwa im Falle der Canon Kameras) ein gut dokumentiertes TIFF Derivat. Die Wiedergabe der erhaltenen Aufnahmen ist trotz JPEG Kompression in den Daten linear und ohne Informationsverlust. Grund: auch die JPEG Spezifikation definiert verlustlose Kompression seit 1992. JPEG ist seit 1992 ein dokumentierter Kompressor innerhalb der originalen TIFF Spezifikation. "RAW" TIFF Dateien, die solche Features der Spezifikation nutzen sind wohl allerdings auch der Grund, warum diese RAW Dateien meist unterschiedliche Dateiendungen aufweisen, denn nicht alle Features der originalen TIFF/EXIF Spezifikation werden von allen Bildbearbeitungsprogrammen unterstützt.
Die Tatsache, daß viele der kommerzielen und frei verfügbaren Bildbearbeitungsprogramme nicht alle Features solcher Dateiformate unterstützen, wird wohl fälschlicherweise dem Datenformat an sich oder den Kameraherstellern angelastet. Hier sollte man u.a. vorsichtig bei der Wahl von Bildbearbeitungssoftware sein, wenn man photometrische Auswertungen betreibt. So konnte nachgewiesen werden, daß selbst die mitgelieferte, originale Software von Canon aus den RAW Dateien nicht verwertbare 16 Bit TIFF Standarddateien produziert. U.a. erhöht sie beispielsweise (offensichtlich durch weitere Nachverarbeitung) sogar das Rauschen in den Bilddaten fast um den Faktor 10 und verändert den Offset der RGB Werte. Somit verfälscht die Software Linearität und Wiedergabetreue der tatsächlich vom Chip aufgezeichneten Daten dramatisch. Damit ist solche Software wohl nicht einmal für die konventionelle Bildnachbearbeitung zu empfehlen.
Im allgemeinen empfehle ich übrigens bei astrophotografischen Aufnahmen grundsätzlich die Verwendung von RAW Dateiformaten. Die Tatsache, daß RAW Dateien intern eine JPEG Kompression verwendet, ist nicht zu verwechseln mit der Option, die Canon Kameras auch anbieten, nämlich die Bilder im klassischen JPEG-Format abzuspeichern. Im eigentlichen JPEG Format geht nämlich sowohl die dynamische Auflösung verloren, als auch Details der Bilder durch eine (hier verlustbehaftete) Kompression des JPEG Dateiformats. JPEG Bilder haben nur 8 Bit Auflösung, während die RAW Bilder je nach Modell 12 (z.B. EOS 300 bis 400D) oder gar echte 14 Bit (z.B. EOS 40D oder die neue 450D) anbieten. Im übrigen sollte man bei digitalen SLR Kameras alle internen Vorverarbeitungsschritte abschalten: Rauschunterdrückung, Gamma- und Farbkorrektur, etc. Sinnvoll ist die Wahl von sRGB als Farbraum, welcher die Farbwiedergabe (und somit die RGB Werte) nicht beeinflusst. Die RAW Dateien werden bei Canon übrigens mit der Endung *.CR2 abgelegt. Die Bezeichnung Canon RAW Format Version 2 ist wohl eher irreführend, wenn man die im Artikel zitierten Originalspezifikationen nachliest.
Nachzulesen unter folgendem Link: www.ba-stuttgart.de/3043.0.html
Direktlink zum zitierfähigen PDF Dokument des Tagungsbandes:
www.ba-stuttgart.de/fileadmin/ba/Technik/MT/Day4IT/ITCS2008.pdf
Beste Grüße
Thilo Bauer
10-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.04.08 20:08.
